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Die einst schönste Brücke Europas

Sie hat die Stadt durch ihre Geschichte begleitet: Vor 110 Jahren wurde die jetzige Augustusbrücke eröffnet.

Von Ralf Hübner
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Die Augustusbrücke als Baustelle um 1908. Die alte Brücke ist gerade abgebrochen. Der Verkehr wird über ein Interimsbauwerk aus Holz geführt.
Die Augustusbrücke als Baustelle um 1908. Die alte Brücke ist gerade abgebrochen. Der Verkehr wird über ein Interimsbauwerk aus Holz geführt. © Sammlung H. Naumann

Dresden. Die Augustusbrücke ist Dresdens wohl ältestes Monument. Zur Zeit August des Starken galt sie als schönste Brücke Europas. Das jetzige Bauwerk stammt allerdings von Wilhelm Kreis, dem Architekten des Hygiene-Museums. Seit 2017 wird die Brücke saniert. Vor 110 Jahren wurde sie am 30. August 1910 feierlich eröffnet.

„Ungezählte Tausende“ füllten die benachbarten Straßen und Plätze, das Elbufer, die Brühlsche Terrasse, berichteten damals die „Dresdner Nachrichten“. „Kopf an Kopf stand die Menge an den Stufen der katholischen Kirche.“ Die Schiffe der Sächsisch-Böhmischen Dampfschifffahrtsgesellschaft waren mit Wimpeln geschmückt.

Punkt elf Uhr trat dann König Friedrich August III. in Begleitung des Generaladjutanten aus dem Portal des Schlosses und schritt zum Königspavillon, wo er die Mitglieder der Königsfamilie, Oberbürgermeister Otto Beutler sowie weitere Honorationen der Stadt begrüßte. Reden wurden gehalten, Musik gespielt. Der Monarch grüßte die Bauleute und ging begleitet vom Oberbürgermeister, dem Architekten und den Ehrengästen zur Neustädter Seite. Schon fünf Minuten nach halb Zwölf wurde das Bauwerk für den Verkehr freigegeben, und zehn Minuten später rollte die erste Straßenbahn hinüber.

Schon um 1070 soll der Meißner Landchronik zufolge an jener Stelle eine Holzbrücke die Elbe überspannt haben, 1119 wurden die ersten Pfeiler aus Stein gesetzt und von 1173 bis 1222 eine erste Brücke komplett aus Stein errichtet. Mit 561 Meter und 24 Pfeilern war sie Experten zufolge die längste hochmittelalterliche Gewölbebrücke Europas.

Doch 1718 war sie baufällig geworden, wie der Ratszimmermeister und Frauenkirchenarchitekt George Bähr feststellte, sie war für den Verkehr zu schmal und zu niedrig. Und so ordnete 1727 August der Starke den Neubau an. Das neue Bauwerk sollte auch dem Repräsentationsbedürfnis des Kurfürsten Rechnung tragen. Oberlandbaumeister und Zwingererbauer Matthäus Daniel Pöppelmann und Ratsmaurermeister Gottfried Fehre enttäuschten nicht.

Das 1731 fertiggestellte Bauwerk galt seinerzeit als schönste Brücke Europas. Zwei Wagen hatten nebeneinander Platz, es gab Bürgersteige, 48 Laternen schmückten den Bau, in halbrunden Austritten standen Sitzbänke. Über dem Hauptpfeiler wurde ein 4,50 Meter hohes und 3 Zentner schweres Kruzifix gerückt, das Augusts Großvater Johann Georg II. 1670 gestiftet hatte. Es wurde 1845 vom Hochwasser mitgerissen, als einige Pfeiler beschädigt wurden, und ist seither verschollen.

1813 gab Napoleon schließlich den Befehl, die Brücke zu sprengen, um zu verhindern, dass Preußen und Russen in die Altstadt gelangten. Der vierte Pfeiler und zwei angrenzende Bögen wurden zerstört.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts genügte Pöppelmanns Bau dem wachsenden Verkehr nicht mehr. Auf ihr war zu wenig Platz für die Pferde- und Straßenbahn. Die eng stehenden Pfeiler behinderten die Schifffahrt, so dass sie 1907 abgebrochen wurde. Der Architekt Wilhelm Kreis führte die neue Brücke in Stahlbeton aus und verkleidete sie mit Sandsteinquadern. Auch wenn Kreis die Komposition der alten Pöppelmann-Brücke mit ihren 18 Bögen und den wie Palisaden wirkenden Strom- und Landpfeilern nicht beibehalten konnte, versuchte er, sich an diese anzulehnen. Die neue neunbogige Brücke hatte eine Länge von 328 Metern und kostete 5,5Millionen Mark. Während des Umbaus wurde der Verkehr über eine hölzerne Interimsbrücke geführt.

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges wurden der dritte und vierte Brückenbogen von der Neustädter Seite aus gesprengt und die Brücke bis 1949 als Georgij-Dimitroff-Brücke wieder hergerichtet. Am 30.September 1990 erhielt sie ihren alten Namen zurück.