Dresden. Eigentlich wollte Hartmut Olbrich mit seinem Grabungsteam vom Landesamt für Archäologie schon Anfang Februar im Zwingerhof anrücken. Doch der starke Wintereinbruch hatte seinen Zeitplan durchkreuzt. Da die Temperaturen wieder steigen, konnten jetzt die Bauzäune aufgestellt werden.
Der promovierte Bauforscher, der Architekt und Archäologe ist, forscht schon seit über 20 Jahren an dem weltberühmten Barockbau. Jetzt soll der Hof an die Reihe kommen, den der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) bis Ende 2023 sanieren will. Das wird schrittweise in jeweils einem Viertel des Zwingerhofes geschehen. Doch vor den Bauleuten kommen die Archäologen. „Wir haben jetzt am Porzellanpavillon mit den Grabungen begonnen“, sagt Grabungsleiter Olbrich. In dieser Woche wurde schon viel geschafft.

2013 und 2014 hatten die Archäologen bereits Vorarbeit geleistet und vier Flächen im Zwingerhof auf Spuren der Gärten und der einstigen Bebauung untersucht. Damals war auch Bodenradar eingesetzt worden, sodass die Archäologen Vorstellungen haben, was sie im Untergrund erwartet.
Jetzt soll der Untergrund auf drei Ebenen freigelegt werden. Bei der ersten davon werden 40 bis 50 Zentimeter der Deckschicht abgetragen, um auf Reste des Zwingergartens zu stoßen. Ab 1709 hatte August der Starke für seine Orangerie den Zwinger im Bereich der Festungsanlagen bauen lassen. Zwischen 1709 und 1718 hatte Hofbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann im Hof den Zwingergarten angelegt und dann zweimal umgestalten lassen. „Allerdings war dieser vor der Hochzeit von Kurfürst Friedrich August im September 1719 zum Festplatz für höfische Turniere und Veranstaltungen umgestaltet worden“, erklärt Olbrich. Bis dahin wurden zudem die Gebäude des Zwingers weitgehend fertiggestellt. Bäume und Sträucher seien damals in den Herzogin Garten gebracht worden, da sie im Wege waren.
Der Archäologe rechnet damit, dass auf der ersten Ebene Teile von Pflanzgruben und von Wegen freigelegt werden können. „Mit den Grabungen haben wir die Möglichkeit, uns ein vollständiges Bild des früheren Zwingergartens zu machen“, sagt Olbrich.

Bei der zweiten Ebene wollen die Archäologen den Untergrund bis in eine Tiefe von 80 bis 100 Zentimetern untersuchen. Vor der Bogengalerie J am Porzellanpavillon werden sie auf die Fundamente der Festbauten aus dem 17. Jahrhundert und der alten Zwingergrotte stoßen. Dort standen das Reit- und das Schießhaus.
Bei der dritten Ebene soll in verschiedenen Bereichen bis zu zwei Meter tief gegraben werden. Dort werden die Archäologen auf Teile der alten Stadtmauer stoßen. Die mittelalterliche Stadtmauer aus dem 12. und 13. Jahrhundert liegt direkt unter dem Porzellanpavillon. Eine Ecke davon war bereits bei den Grabungen 2013 entdeckt worden. Jetzt rechnet Olbrich damit, vor allem auf Mauern aus dem 15. und 16. Jahrhundert zu stoßen.
Der Streifen direkt vor der Bogengalerie J, in dem die Porzellansammlung ist, wurde gleich bis in eine Tiefe von 1,5 Metern ausgehoben. Grabungsarbeiterin Katrin Ruffani ist mit ihrem Kollegen derzeit dabei, vorsichtig die uralten Sandsteine freizulegen. Das sind einerseits Stützmauern, die unter Hofbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann 1718/19 entstanden sind, erläutert Grabungsleiter Olbrich. Außerdem sind bereits Mauern der Festbauten aus dem 17. Jahrhundert freigelegt worden.

„Die Freilegung der Flächen vor dieser Bogengalerie ist für uns am aufwendigsten“, sagt Olbrich. Schließlich waren dort nicht nur das Reit-, das Schießhaus und die alte Zwingergrotte, sondern auch die sehr alten Stadtmauern. Bei den Grabungen wurden jetzt bereits sehr massive Sandsteinblöcke mit 1,8 Meter dicken Wänden entdeckt. „Solche großen Bauteile hatten wir bei Grabungen im Zwinger noch nie gefunden“, erklärt er. Wahrscheinlich seien das Teile des Reithauses oder der alten Zwingergrotte. „Das müssen wir aber noch im Detail untersuchen.“
Wenn die Archäologen ihre Grabungen in Viertel des Zwingerhofs beendet haben, beginnt der SIB dort mit den Bauarbeiten. Die Archäologen untersuchen dann das nächste Stück.
Beim SIB hat der Zwinger höchste Priorität. „Als eines der bedeutendsten barocken Baudenkmäler Europas bedarf der Dresdner Zwinger einer kontinuierlichen Pflege und Restaurierung“, erklärt der Technische Geschäftsführer Volker Kylau. „Mit der Sanierung der Zwingerhofanlage erfüllen wir diesen Anspruch denkmalgerecht und modernisieren zugleich die technische Infrastruktur. Der Dresdner Zwinger wird so auch zukünftig viele Besucher in seiner ganzen barocken Pracht erfreuen.“ Dafür investiert der Freistaat rund zehn Millionen Euro.
Geplant ist, die Leitungen im Untergrund zu erneuern. Dazu zählen auch die Elektronik und das Datennetz. Geschaffen werden dabei Anschlüsse, die bei Veranstaltungen benötigt werden. In einem letzten Schritt wird dann die Oberfläche des jeweiligen Viertels im Zwingerhof wieder hergestellt.

Auf den Hauptwegen wird der derzeit rote Belag gegen Platten aus Postaer Sandstein ausgetauscht. Dieses harte Material aus der Sächsischen Schweiz ist für seine hohe Qualität bekannt. Die Nebenwege sollen eine neue wassergebundene Decke erhalten. Die kleinen, kantigen Steinchen verzahnen sich und bilden eine feste Oberfläche, die aber Regenwasser durchlässt und deutlich weniger staubt als die bisherige Oberfläche. Um die Staubentwicklung zu begrenzen und Feinteile zu binden, wird zudem ein Beregnungssystem für die Wegeflächen installiert. Im Zuge der Hofsanierung werden auch LED-Strahler installiert, die die Fassaden dezent beleuchten. Während der gesamten Bauzeit werden die Zugänge zu den Museen gewährleistet.