Dresden
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Das letzte DDR-Hotel

Das Hilton Dresden ist bis heute einer der ersten Hotel-Adressen in der Stadt. Vor 35 Jahren wurde der Grundstein für den damaligen "Dresdner Hof" gelegt, das letzte Dresdner DDR-Hotel.

Von Ralf Hübner
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Eigene Fleischerei, Bäckerei, Wäscherei, Druckerei und Werbeabteilung: Dresdner Hotel "Hilton" zu Beginn der 90er-Jahre.
Eigene Fleischerei, Bäckerei, Wäscherei, Druckerei und Werbeabteilung: Dresdner Hotel "Hilton" zu Beginn der 90er-Jahre. © Agentur

Dresden. Es ist noch immer das erste Haus am Platz. Das Hotel Hilton Dresden wirbt mit seiner exklusiven Lage im Herzen der Altstadt Dresdens, nahe den Sehenswürdigkeiten. Vor 35 Jahren wurde am 9. Oktober 1987 der Grundstein für den Bau des Hotels "Dresdner Hof" gelegt. Damals war der Neumarkt noch eine frei Fläche, die Frauenkirche eine Kriegsruine. Ähnlich wie das zwei Jahre zuvor eröffnete "Bellevue" sollte das neue Haus Touristen aus dem Westen anlocken und der DDR Devisen verschaffen. Doch als es am 1. Februar 1990 eröffnet wurde, lag der Arbeiter-und Bauern-Staat in den letzten Zügen. Und so berieten damals dort unter anderem Helmut Kohl und Kurt Biedenkopf über die Zukunft Sachsens.

Schwedische Erbauer, Westberliner Architekt

Die Bauausführung hatte in den Händen der schwedischen Firma ABV sowie anderer ausländischer Partner und Bauleuten aus der DDR gelegen. Ob das neue Hotel noch der DDR-Postmoderne zugeordnet werden kann, ist umstritten. Denn der Entwurf stammt von dem Westberliner Architekt Walter Lewin, der Bund der Architekten der DDR war allerdings einbezogen. In der DDR hatte in den 1980er-Jahren eine Besinnung auf die deutsche Geschichte eingesetzt, die auch in der Architektur ihren Niederschlag fand. Vorkriegsbebauungen wurden nicht mehr ignoriert, die urbane Geschichte der Orte beachtet. Lewin wieder stand dem Leitbildes der „Kritischen Rekonstruktion“ nahe, das die kritische Annäherung an die historischen Stadt beinhaltete.

Und so nahm der Neubau zahlreiche Elemente traditioneller Dresdner Architekturformen in sich auf. „Mit den für Dresden typischen Dachfenstern (Gauben) der einheitlichen Geschosshöhe, dem roten Mansarddach, den Natursteinverkleidungen sowie den hellen bis ockerfarbenen Tönen knüpft das Hotel an alte Dresdner Architekturtradition an“, schrieb der Architekturführer 1997.

Das Haus sollte so ausgestattet sein, dass es sich versorgen konnte. Deshalb gab es eine eigene Fleischerei, Bäckerei, Wäscherei, Druckerei und Werbeabteilung. Über eine Brücke war es mit der "Sekundogenitur" verbunden, ein 1897 auf der Brühlschen Terrasse errichtetes, herrschaftliches Palais mit Rokokofassade für die zweitgeborenen Prinzen. An der Münzgasse entstanden in Plattenbauweise und in Anlehnung an die frühere Bebauung die Unterkünfte für die Hotelangestellten.

Der Neumarkt war vor dem Krieg wegen der zentralen Lage zu einem bevorzugten Standort für Hotels geworden. Die einst begehrte Adresse für gut gestellte Bürger, Lehrer, Ärzte und Handwerker sowie Beamte des Hofes und vornehme Adligen hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr in ein Geschäftsviertel verwandelt. Die Wohlhabenden waren in die entstehenden Villenvororte weitergezogen. Aus den großen, ehemaligen herrschaftlichen Häuser und Adelspaläste wurden Hotels.

Zu den bekannten Häusern zählte das Hotel "Stadt Rom", das vor der Zerstörung 1945 als beliebtes Fotomotiv auf unzähligen Bildern festgehalten wurde. Zu den prominenten Gästen des Hauses gehörte im Mai 1843 der 25-jährige Karl Marx. In der Nähe befanden sich schon das "Stadt Berlin", das vormalige Privathaus des Bürgermeister Christoph Bormann, in dem unter anderem der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski wohnte, sowie das "Hotel de Saxe". Aus dem ehemaligen Palais des Grafen Beichlingen wurde das "British Hotel".

Zwar wurde beim Bau der "Dresdner Hofes" die früheren Baufluchten an Brühlscher Gasse, Töpferstraße und Münzgasse sowie die Traufhöhen der einstigen Gebäude wieder aufgegriffen. Die Hoffnung der Denkmalpfleger, dass jedoch zumindest die Häuser Töpferstraße 1 und 3 sowie An der Frauenkirche 5 wieder rekonstruiert würden, erfüllte sich nicht. Die gekrümmte Hotelfront an der Töpferstraße wurde optisch in mehr als 20 einzelne „Hausabschnitte“ gegliedert, doch gerieten diese zu groß und zu breit, wie Experten kritisieren. Zudem wurden quadratische statt der für Dresden typischen hochstehenden Fensterformate eingebaut, die Form der Erker entsprach nicht den traditionellen kastenförmigen Dresdner Erkern der Renaissance und des Barock, die Dachgaupen gerieten zu groß.

Das Hotel mit 333 Zimmern und 12 Appartements war von Anfang an ausgebucht, wenn auch wohl nicht immer so, wie es sich die Verantwortlichen ursprünglich dachten. Die Marktwirtschaft hielt Einzug, Unternehmen aus dem Westen kamen in die Stadt. In den ersten beiden Jahren nach der Eröffnung – Büros, Hotels und gute Wohnungen waren knapp – campierten zeitweise mehr als hundert Dauermieter im "Dresdner Hof", so die Dresdner Bank, die in der Suite 5037 und den beiden Nachbarzimmern ihr Büro einrichtete. Zu weiteren Bewohnern gehörten die Vertreter der Holsten Brauerei, von Bertelsmann und Philipp Morris. Manche Gäste seien froh gewesen, nur im Sessel schlafen zu können, wird berichtet. 1992 wurde aus dem "Dresdner Hof" das "Hilton Dresden".