Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Dresden

Airbnb-Wohnungen in Dresden verbieten?

Nehmen Urlauber, die in Wohnungen unterkommen, den Dresdnern Wohnraum weg? Politiker sind skeptisch, die Stadt plant ein Frühwarnsystem.

Von Julia Vollmer & Sandro Pohl-Rahrisch
 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Hunderte Wohnungen in Dresden werden dauerhaft als Ferienwohnungen genutzt, zeigt eine Studie.
Hunderte Wohnungen in Dresden werden dauerhaft als Ferienwohnungen genutzt, zeigt eine Studie. © dpa

Dresden. Wohnung statt Hotel: Der Urlaub in privaten Unterkünften hat auch in Dresden in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Kritiker fürchten, dass mehr und mehr Wohnungen deshalb nicht mehr für die Dresdner zur Verfügung stehen. Außerdem führt Wohnungsknappheit für gewöhnlich zu schneller steigenden Mieten. Die SPD will diese Entwicklung deshalb nicht widerspruchslos akzeptieren.

Wie viele Ferienwohnung gibt es?

Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass es in Dresden zurzeit rund 1.500 Wohnungen gibt, die für die Vermietung an Ferien- und Urlaubsgäste angeboten werden. Diese Zahlen beruhen auf den Erhebungen des Beratungsinstituts Empirica, die 2020 in der Studie "Zweckentfremdung von Wohnraum in Dresden" veröffentlicht wurden. Danach wurden im Dezember 2019 rund 1.300 Wohnungen auf den Portalen Airbnb und Fewo-direkt angeboten. Unter Berücksichtigung einer Marktabdeckung des Portals von 80 bis 90 Prozent ergibt sich ein Gesamtangebot von schätzungsweise rund 1.500 Ferienwohnungen in Dresden.

Sind es in den vergangenen Jahren mehr geworden?

Im Jahr 2010 gab es in Dresden rund 1.200 Ferienwohnungen. Diese Angabe beruht auf den Daten der Gebäude- und Wohnungszählung aus dem Jahr 2011. Daten über die Zahl der im Jahr 2005 angebotenen Ferienwohnungen liegen nicht vor. Im Dezember 2019 waren 75 Prozent der 1.300 Angebote auf dem Vermietungsportal von Airbnb gelistet, also 975 Angebote. 

Komplett angebotene Wohnungen in Dresden am 27. Januar 2020 (1.287) auf Datengrundlage von AirDNA MarketMinder.
Komplett angebotene Wohnungen in Dresden am 27. Januar 2020 (1.287) auf Datengrundlage von AirDNA MarketMinder. © Empirica

In der von Empirica erstellten Studie wurden die von Airbnb angebotenen Ferienwohnungen auch nach der Angebotsdauer erfasst. Dabei galten die Ferienwohnungen mit einer Angebotsdauer von mindestens 180 Tagen pro Jahr als "hauptsächliche Nutzung als Ferienwohnung". Nach dieser Definition wurden in Dresden im Dezember 2019 rund 800 der auf Airbnb angebotenen Wohnungen "dauerhaft" für die Gästeunterbringung genutzt.

Sorgt das für Wohnungsknappheit?

Insgesamt fallen der Studie zufolge stadtweit gesehen 0,4 Prozent des Wohnungsbestandes weg. Ein Blick in einzelne Stadtteile zeigt aber Unterschiede. So konzentrierten sich die Ferienwohnungen auf die touristischen Hotspots. In der Altstadt würden 3,6 Prozent aller Wohnungen vermietet, in der Äußeren Neustadt 2,1 Prozent und in der Inneren Neustadt 1,6 Prozent. Auch in Loschwitz, Pillnitz und der Leipziger Vorstadt werden überdurchschnittlich viele Wohnungen an Touristen vermietet. Bei den angebotenen Unterkünften handelt es sich zu 70 Prozent um Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen, gut 20 Prozent sind Drei-Raum-Wohnungen, der Rest ist noch größer. 

Belege für nachteilige Folgen fanden die Experten des wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituts Emperica nicht. Das allerdings muss nicht für die Zukunft gelten. Dresden werde als attraktives Reiseziel vom wachsenden Städtetourismus in Europa profitieren, schätzen die Analysten ein. Dazu würden auch die vergleichsweise günstigen Preise in der Stadt beitragen, unter anderem für Übernachtungen. "Wir gehen davon aus, dass sich die Zahl der Ferienwohnungen in Dresden künftig weiter erhöhen wird, da Anbieter auf die steigende Nachfrage und gute Auslastung mit einer Angebotsausweitung reagieren werden", so die Forscher. „Dabei könnte insbesondere in stark nachgefragten und touristisch attraktiven Stadtteilen mit vergleichsweise wenigen Hotelangeboten, wie etwa der Äußeren Neustadt, die Anzahl der Ferienwohnungen stärker ansteigen als im übrigen Stadtgebiet.“

Und wie viele leerstehende Wohnungen gibt es?

Zumindest dort, wo es besonders viele Ferienwohnungen gibt - in der Altstadt - ist auch der Wohnungsleerstand vergleichsweise hoch. Ende Dezember waren dort rund 22 Prozent der Wohnungen nicht belegt, wie aus den Daten der kommunalen Statistikstelle hervorgeht. Allerdings soll es sich in diesem Fall vornehmlich um höherpreisige Neubau-Wohnungen handeln, sodass ein Vergleich zu den mit Feriengästen belegten Wohnungen nur bedingt zulässig ist.

Stadtweit standen Ende vergangenen Jahres 6,6 Prozent der insgesamt 302.857 Wohnungen in Dresden leer. Der Stadtteil mit den meisten leeren Wohnungen war die Innere Altstadt mit 21,8 Prozent. Hier wurde eine Zunahme von 3,4 Prozentpunkten festgestellt, welcher auf fertiggestellte, aber noch nicht bezogenen Wohnungen zurückzuführen ist. Der Altstadt folgen Loschwitz/Wachwitz und die Albertstadt mit einem Leerstand von jeweils 12,3 Prozent sowie Hosterwitz/Pillnitz mit 10,7 Prozent. Die wenigsten Wohnungen stehen dagegen in der südlichen Johannstadt (3,1 Prozent) und der östlichen Seevorstadt (3,4 Prozent) leer.

Was will die SPD nun erreichen?

Um die Entwicklung, wie viele Dresdner Wohnungen dauerhaft als Airbnb-Unterkünfte genutzt werden, im Blick zu behalten, gibt es nun einen Antrag der SPD. "Der Oberbürgermeister wird beauftragt, solange keine gesetzliche Regelung zum Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum durch den Freistaat erlassen ist, ein regelmäßiges Monitoring von zweckentfremdeten Wohnraum durchzuführen", heißt es darin. 

Das bedeutet, es sollen die Wohnungen erfasst werden, die an Gäste vermietet werden, und wie sich die Zahlen entwickeln. SPD-Stadtrat Vincent Drews: "Wir müssen die Entwicklungen bei der Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnung im Blick behalten. Das hat uns auch die Studie der Stadtverwaltung mit auf den Weg gegeben." In Altstadt und Neustadt sei die Zahl der Ferienwohnungen deutlich gestiegen in den vergangenen Jahren und wenn diese Entwicklung anhält, müssten die Stadt und der Stadtrat  reagieren, um Wohnungen zu erhalten, so Drews weiter.

Sollte es ein Zweckentfremdungsverbot geben?

Der Dresdner Mieterverein forderte in der Vergangenheit immer wieder ein Zweckentfremdungsverbot. "Damit fehlen diese Wohnungen, die in manchen Stadtteilen bis zu 3,6 Prozent des Bestands ausmachen, dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt Dresden", so der Mieterverin. Die derzeitige strukturelle Leerstandsquote für die gesamte Stadt betrage nur 1,7 Prozent. "Dieser Zustand ist unhaltbar", sagt Peter Bartels, Vorstandsvorsitzender des Mietervereins Dresden. "Wir fordern die Landeshauptstadt auf, der Staatsregierung diese Zahlen vorzulegen und schnellstmöglich darauf zu drängen, dass die im Koalitionsvertrag versprochene Zweckentfremdungsverordnung beschlossen wird." Laut Bartels gebe es ausreichend Unterkünfte in Hotels, Hostels oder Pensionen in Dresden. Es bestehe kein Grund, zu tolerieren, dass diese Wohnungen dem Wohnungsmarkt entzogen werden.

Was sagt die Stadtverwaltung dazu?

Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) hat sich im Frühjahr für ein Frühwarnsystem ausgesprochen. "Die Stadt wird regelmäßig ein wachsames Auge auf eine mögliche Zweckentfremdung von Wohnraum haben. Sollte immer mehr Wohnraum durch Umwidmung verloren gehen, werden wir mit der Landesregierung über ein Zweckentfremdungsverbot sprechen." Sie verweist noch einmal darauf, dass mangels eines landesweiten Verbotes derzeit keine rechtliche Handhabe bestehe, das selbst zu regeln. Als zweckentfremdet werden Wohnungen angesehen, wenn sie mindestens 90 Tage pro Jahr zur Fremdenbeherbergung vermietet werden. 

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter "Dresden kompakt" und erhalten Sie alle Nachrichten aus der Stadt jeden Abend direkt in Ihr Postfach.

Mehr Nachrichten aus Dresden lesen Sie hier.