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Gefängnisstrafe für Diebstahl aus dem Staatsarchiv in Dresden

Ein Hobbyforscher interessiert sich für seine Vorfahren und stiehlt Bilder, Briefe und Urkunden aus dem Staatsarchiv in Dresden. Dafür wurde er nun zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Von Christoph Springer
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Diese historische Ansicht der Friedrichstadt (ein Ausschnitt) hat Z. aus dem Archiv gestohlen. Ihn interessierte ganz rechts das Gartenhaus von Martin Z.
Diese historische Ansicht der Friedrichstadt (ein Ausschnitt) hat Z. aus dem Archiv gestohlen. Ihn interessierte ganz rechts das Gartenhaus von Martin Z. ©  Repro: SZ

Dresden. Der Wissensdrang von Wolfgang M. Z. hätte den Großröhrsdorfer fast ins Gefängnis gebracht. Und das droht dem 61-Jährigen noch immer. Er wurde zu einer Haftstrafe verurteilt für seine Art der Forschung, sein Hobby. "Ich war etwas zu motiviert", räumte er am Donnerstag vor Gericht ein. Die Quittung dafür war die Gefängnisstrafe, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Von seinem Lieblingshobby, der Ahnenforschung, sollte sich Z. besser verabschieden. Das riet ihm Richter Tobias Schindler. Am bevorzugten Ort für sein Quellenstudium, dem Staatsarchiv in der Dresdner Neustadt, droht ihm ohnehin ein Hausverbot.

Polizei und Staatsanwaltschaft haben Z. überführt, Amtsrichter Spindler hatte keinen Zweifel daran: Z. hat aus dem Archiv historische Akten gestohlen, auch ein Aquarell, das die Friedrichstadt zeigt. Alles, weil er mehr wissen wollte über seine Vorfahren. Da war zum Beispiel Martin Z., ein hoher Finanzbeamter im 17. Jahrhundert, ein sogenannter Rentmeister. Er hatte ein Gartenhaus in der Friedrichstadt und war Adressat eines Briefwechsels mit dem englischen Gesandten William Swan aus Hamburg. Thema war die mögliche Verleihung des Hosenband-Ordens, der höchsten britischen Zivilauszeichnung, an den sächsischen Kurfürsten Johann Georg II. Solch einen Orden trägt zum Beispiel der britische König Charles III.

Der Großröhrsdorfer ließ die Originalbriefe aus dem Staatsarchiv mitgehen, rund 20 Seiten. Stattdessen legte er andere Schriftstücke in die Archivmappe - wohl, damit seine Tat nicht auffiel, meint Staatsanwalt Christopher Sens. Das Friedrichstadt-Aquarell kopierte er, womöglich direkt im Archiv. Es handelte sich um eine "gut gemachte" Kopie, so Sens, auf historisch anmutendem Papier und nicht sofort als Fälschung zu erkennen. Das Original nahm Z. mit nach Hause. Der Grund: Dort ist auch das Gartenhaus von Rentmeister Martin Z. abgebildet.

Angeklagter gesteht zwei Taten

Fünf weitere Taten standen nicht zur Debatte bei der Gerichtsverhandlung. Staatsanwalt Sens und Verteidiger Markus Nitsche hatten sich bei einem Gespräch mit Richter Sens geeinigt: Gesteht Z. den Briefdiebstahl und den des Aquarells wird die Anklage wegen dieser weniger schweren Taten fallen gelassen. Z. musste dafür den Diebstahl dieser zwei Posten gestehen. Das tat der Großröhrsdorfer am Donnerstag. "Das tut mir leid", fügte er hinzu. Er werde wohl keine Gelegenheit bekommen, noch einmal ins Staatsarchiv zu gehen.

Wolfgang M. Z. musste sich im Amtsgericht Dresden für den Urkundendiebstahl verantworten. Seine Ahnenforschung ist damit wohl erledigt.
Wolfgang M. Z. musste sich im Amtsgericht Dresden für den Urkundendiebstahl verantworten. Seine Ahnenforschung ist damit wohl erledigt. © Sven Ellger

Peter Wiegand, der Leiter des Staatsarchivs, war als Zeuge geladen und taxierte das Aquarell und die Briefe auf 5.000 und 2.000 Euro. Ein "hoher Wert", so Richter Spindler. Dazu kamen mehrtägige Recherchen mehrerer Archivmitarbeiter. Weil dort vermerkt war, wer die Dokumente bestellt hatte, kam schnell heraus, dass es Z. war. Bei einer Wohnungsdurchsuchung in Großröhrsdorf gab er das Aquarell freiwillig heraus, dabei wurden auch die Briefe gefunden. Alle Unterlagen hat das Archiv inzwischen zurück.

Diese "Mitwirkung" wertete Richter Spindler zugunsten von Z. Auch die Tatsache, dass der Techniker, der nahe Görlitz in einem Tagebau arbeitet, bisher noch nie strafrechtlich aufgefallen war. Neun Monate Gefängnis drohen ihm nun, sollte er wieder straffällig werden, insbesondere beim Urkundenklau in Archiven. Außerdem muss Z. 2500 Euro Geldstrafe zahlen, je zur Hälfte an die Landesjustizkasse und einen gemeinnützigen Verein.