"Vom größten Glück zur tiefsten Trauer"

Dresden. Für Christin musste immer alles bestens durchgeplant sein. Der Umzug in eine größere Wohnung, die Familiengründung, jede Urlaubsreise. Sogar zwischen Verlobung und Hochzeit vergingen drei Jahre, bis Termin, Location und Gästeliste zusammenpassten und die 33-Jährige die Liebe ihres Lebens heiraten konnte.
Doch was nützen alle Planungen, alle Lebensziele und Wünsche, wenn das Schicksal anderes vorhat? Am 11. September 2020 ist die Welt von Christin Förster zusammengebrochen. Völlig überraschend starb ihr Mann Ronny nach einem Krampfanfall in der Nacht, nur fünf Wochen, nachdem er Papa einer kleinen Tochter geworden war.
Während die Oma das Baby im Arm hält, sitzt Christin auf ihrem Sofa in der schönen Wohnung in Gruna, in der auch ihr Mann bis vor wenigen Tagen noch selbstverständlich ein und aus gegangen ist. Um ihren Hals trägt sie Ronnys Ehering als Kette. Sie ist blass, aber ihre Stimme ist fest. Alles hier drin erinnert sie an ihn: die Jacken an der Garderobe im Flur, die Zinnsoldaten in der Vitrine im Wohnzimmer und der Wickeltisch im Kinderzimmer, den er selbst in einen Schrank eingebaut hat. Wie immer auf den Zentimeter genau. "Ich möchte all diese Sachen um mich herum behalten", sagt Christin. "Sonst hätte ich das Gefühl, sein Leben wegzuräumen."

Für sie und die meisten ihrer Freunde hieß Ronny "Ronx", nachdem irgendwann mal jemand seinen Namen falsch ins Handy eingespeichert hatte. Ronx, das gefiel auch Ronny, weil er seinen echten Namen nie so richtig leiden konnte.
Oftmals sagt man das so leicht: Er stand mitten im Leben. Aber wie sollte man es anders nennen? Nach langer Suche hatte Ronx sein berufliches Glück in einem Schweißerbetrieb gefunden, während er privat schon vor 13 Jahren seine Christin fand. Er war der Kumpel des Freundes ihrer Schwester - und schon bei der ersten Begegnung seien Funken geflogen.
"Wir dachten, dafür sei ja später noch genug Zeit"
Wenn Christin von ihrer gemeinsamen Geschichte erzählt, dann lächelt sie, lacht sogar manchmal. Das Hochzeitskleid habe sie schon besorgt, bevor Ronx ihr überhaupt den Antrag machte. 2013 hätte ihnen dann fast noch die Flut die Trauung vermasselt, bevor sie auf Schloss Eckberg märchenhaft feiern durften.
Und wie hatte er sich nun auf sein kleines Töchterchen gefreut, das am 3. August zur Welt kam. Wie stolz hat er Emilia in seinen Armen getragen, sie getröstet und gekuschelt. Nur wenige Bilder zeigen ihn gemeinsam mit seinem Baby. Ein Foto von allen dreien zusammen gibt es nicht. "Wir dachten, dafür sei ja später noch genug Zeit", sagt Christin. Nun rollen ihr doch Tränen über die Wange. "Es ging so schnell", sagt sie, "vom größten Glück zur tiefsten Trauer."

Warum genau Ronx in der Nacht auf den 11. September aus dem Leben gerissen wurde, das konnten die Mediziner bislang noch immer nicht feststellen. Womöglich wird es seine Familie nie erfahren.
In der Nacht sei Christin wachgeworden und habe bemerkt, dass ihr Mann neben ihr im Bett zappelt. "Da war er schon nicht mehr ansprechbar", erinnert sie sich. In ihrer Not rief sie den Rettungsdienst. Nur fünf Minuten später seien die Helfer in der Wohnung gewesen und hätten mit der Reanimation begonnen. Im Krankenhaus wurden die Wiederbelebungsversuche fortgesetzt. Über Stunden. Doch der Kampf ging verloren. 11:58 Uhr wurde Ronx für tot erklärt. Er wurde nur 40 Jahre alt.
Rückblickend ist Christin froh, dass sie nicht selbst entscheiden musste, wann die Maschinen abgeschaltet werden. "Wir haben uns oft ohne Worte verstanden", sagt sie, "und ich bin mir sicher: Ein Leben als Pflegefall hätte er nicht gewollt." Nun könne sie ihn wenigstens als der in Erinnerung behalten, der er für sie war: Ehemann, bester Freund, Seelenverwandter und Fels in der Brandung.
Wie soll die kleine Familie die Lage finanziell stemmen?
Was bleibt, ist viel Leere - aber volle Windeln. Die kleine Emilia ahnt noch nichts vom Schicksal ihres Papas. Sie sehnt sich nach Geborgenheit und findet sie in den Armen ihrer Mama, die den Rest an Kraft, der ihr geblieben ist, ganz selbstverständlich an ihr Baby weitergibt.
Für den 16. Oktober ist die Beisetzung in Tolkewitz geplant. Doch wie soll es dann weitergehen? Neben der schier unendlichen Trauer müssen ganz praktische Dinge geklärt werden. Wie organisiert Christin ihren Job nach der Elternzeit? Wer kümmert sich um den Kleingarten, in den Ronx im vergangenen Jahr so viel Zeit und Mühe gesteckt hat? Und wie soll die kleine Familie die Lage finanziell stemmen, jetzt, wo ein Gehalt fehlt und die Witwenrente kaum ins Gewicht fallen wird?

Schwestern starten Spendensammlung
Nach einigem Überlegen haben sich Christins Schwestern Diana und Elisa für eine Spendensammlung entschieden, die auf ihren Wunsch hin durch das Bestattungsunternehmen Muschter umgesetzt wird. "Für uns ist das mehr als ein Bestattungsfall", sagt Adriana Wolf, die das Unternehmen gemeinsam mit ihrem Mann führt. "Wir wollen die Familie in dieser schweren Zeit auch ein Stück weit begleiten." Deswegen würden sie sich ausnahmsweise auch zu zweit dieser Aufgabe widmen.
In ihrem Aufruf zur Unterstützung schreiben die Schwestern: "Das Leben kann manchmal so ungerecht sein und wir alle sind hier nur zu Gast. Für uns alle war Ronx ein ganz besonderer Mensch, der jederzeit geholfen hat, immer positiv durchs Leben ging und jeden mit seiner lieben und fröhlichen Art begeistert und mitgerissen hat."
Nun sorgen sich die Schwestern vor allem um Christins Zukunft. "Den Schmerz können wir ihr nicht nehmen, aber wir möchten sie gern finanziell unterstützen, damit sie in Ruhe trauern kann. Allein können wir es nicht schaffen."
Spendenkonto: Bestattung Muschter, IBAN: DE31 8504 0000 0408 7755 00, BIC: COBADEFF. Paypal: [email protected], Betreff: Spende für Ronny.