Dieser Gastronom serviert jetzt im Dresdner Kulturpalast

Dresden. Man muss nicht wissen, woher man ihn kennt. Es kann von überall her sein. "Letztens dachte ein Gast, ich stalke ihn", sagt René Kuhnt und lacht. Vormittags traf er ihn im Kulturpalast, später auf dem Gelände des Kulturkraftwerkes und gleich darauf in der Sommerwirtschaft des ehemaligen Gasthofes zur Silbertalsperre Rennersdorf.
All diese Orte hat Kuhnt in mehr oder minder kleine Oasen verwandelt. Angefangen vom Mini-Bistro T1, das frühere Pförtnerhaus des Kraftwerkes Mitte, über die Kulturwirtschaft im hinteren Bereich des Areals, auf dem sich heute Staatsoperette, Theater Junge Generation und Puppentheatersammlung befinden, bis hin zum ländlichen Ausflugsidyll am Stausee.
"Ich will nur Gastronomie betreiben, die mit Kultur zusammenhängt", sagt der 53-Jährige. Darin hat er Erfahrung, gab einst den Wirt im Theater in der Fabrik, im Kleinen Haus, im weihnachtlichen Christmas Carol. Noch weit davor hatte der gelernte Maler ein Musikcafé zum Hort der alternativen Hochkultur und Party-Highlight gemacht, war Imbissbudenbetreiber und Bademeister gewesen. Und weil Kultur ein weites Feld und der Wille zum Geldverdienen eine Kuhnt'sche Eigenschaft ist, gründete er gar eine Agentur für Erotik-Shows.
1.500 durstige Gäste und ein Retter in der Not
Nun eilt René Kuhnt durch das weitläufige Foyer des Kulturpalastes, die Treppen hinauf bis in die zweite Etage. Die Bar dort ist noch unbeleuchtet und unbesetzt. Doch ihre Ruhe trügt, sie hat in den vergangenen Wochen schon großen Ansturm erlebt. "Ich bekam einen Anruf vom Betreiber des Kulturpalastes mit der Frage, ob ich kurzfristig 1.500 Gäste versorgen kann", erzählt René Kuhnt.
Der bisherige Chef des Restaurants "Palastecke", der auch die Veranstaltungsgastronomie übernommen hatte, stand nicht mehr zur Verfügung. Er musste coronabedingt schließen und alles Equipment ausbauen, das sein Nachfolger gut hätte gebrauchen können: Kühlschrank, Spülbecken, Zapfanlage. "Zwar gab es zu diesem Zeitpunkt bereits einen neuen Gastro-Partner, aber der konnte noch nicht loslegen. Nun sollte ich einspringen."
Zwar gilt Kuhnt als Unternehmer mit langem Atem, bei diesem Projekt jedoch konnte auch er kurzatmig werden. Dann aber holte er tief Luft und legte los. Am Veranstaltungsabend mit voll besetztem Saal standen Wein und Sekt kalt, Bier floss und Häppchen waren gerichtet.
Nach jenem legendären Wochenende im Mai erreichte die nächste Anfrage den raschen Retter: Können Sie die nächste Woche noch die Versorgung absichern? Und den Monat vielleicht voll machen? Und eventuell den Laden ganz übernehmen?
Mit Glühwein auf dem längsten Balkon Dresdens
Nun schenkt Kuhnt in seinem vierten Lokal, dem Bistro "Tutti", das nichts mit "Frutti" zu tun hat, sondern der Musik entlehnt ist, Wein der rasch kreierten Eigenmarke aus, bietet den Nutzern der Zentralbibliothek, Mitarbeitern und Touristen Snacks und Alkoholfreies an. Noch ist optisch nicht alles so, wie es sein anspruchsvoller Geschmack verlangt. Doch das Vorhaben wächst.
"Künftig werde ich den längsten Balkon der Stadt für meine Gäste öffnen", sagt er und zeigt auf die Front zum Altmarkt hin. "Wenn dort Striezelmarkt ist, steht man bei mir mit Glühwein und sieht das Ganze aus einmaliger Perspektive!"
Und dann wäre da noch die eigentliche Palast-Ecke im Erdgeschoss links, das einstige Restaurant. Dort will René Kuhnt eine Künstlerkneipe mit "kleiner kultivierter Karte" einrichten - Treffpunkt für Künstler und Publikum. Noch weitere Zukunftsmusik sei eine Espresso-Gin-Bar im Eingangsfoyer des Kulturpalastes. Da wo man einst Tickets kaufte. "Es ist die Kunst, die Kunst nicht zu vergessen", schwadroniert René Kuhnt, grinst und geht schon wieder in den Dauerlauf über.