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Durchgeboxt für den Traum vom eigenen Studio

Gegen Widerstände hat die Ballett-Tänzerin Miroslava Borrmann in Dresden ihr eigenes Studio für Fitness und Tanz gegründet. Nun plant sie ein romantisches Mammutprojekt.

Von Nadja Laske
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Kraftvolle Sprünge hat es Miroslava Borrmann gekostet, bis ihr Traum war wurde - mit ihrem Fitness- und Tanzstudio MIRAmoves, das viel Kampf gekostet hat und noch mehr Freude bringt.
Kraftvolle Sprünge hat es Miroslava Borrmann gekostet, bis ihr Traum war wurde - mit ihrem Fitness- und Tanzstudio MIRAmoves, das viel Kampf gekostet hat und noch mehr Freude bringt. © Sven Ellger

Dresden. Schnell ist Miroslava in ihre Turnschuhe geschlüpft und hat die Bündchen der Trainingshose bis zu den Knien gezogen. Sie braucht Bewegungsfreiheit. Eigentlich immer. Denn die Tänzerin und Fitnesstrainerin ist dauernd in Aktion. Jetzt ganz besonders. Im großen Kursraum herrscht gerade kurz Ruhe. Gleich werden Mütter unter Anleitung mit ihren Babys erste Übungen probieren. Bleibt Miroslava Borrmann ein kleines Zeitfenster, um einige Sprünge zu zeigen - und der Fotograf passt sie im Flug ab.

Als die 42-Jährige ein kleines Mädchen war, kannte sie keinen größeren Wunsch, als Balletttänzerin zu werden. So studierte sie in der Slowakei, wo sie geboren und aufgewachsen ist, klassischen Tanz am Konservatorium, war später am Slowakischen Nationaltheater engagiert, ging nach Österreich und wollte immer weiter hinaus in die Welt, für größere Erfahrung und mehr Geld. "Eigentlich nach Barcelona, das war mein Traum, aber dann ergab sich das Vortanzen in Dresden." Die Landesbühnen suchten eine neue Solistin. Bewerbungen auf solche freien Plätze im Ensemble sind in aller Regel dreistellig. Miroslava bekam den Vertrag.

Romeo und Julia treffen Breakdance

"Dort am Theater habe ich meinen Mann kennengelernt, er ist auch Tänzer", erzählt sie. Erst waren die beiden zuweilen Bühnenpartner, heute sind sie ein Team. "Er unterstützt mich sehr in dem, was ich mache." Miroslava ist inzwischen warm gesprungen und leicht außer Atem. Das Foto zeigt alle mitreißende Kraft, Lebensfreude und Zuversicht, die sie dorthin gebracht haben, wo sie nun steht: in ihrem eigenen Studio für Sport, Tanz und Therapie.

Als Miroslava ihre Tanzausbildung beendet hatte und in den Beruf startete, war sie gerade 18 Jahre alt. Dass sie als Balletttänzerin nicht länger als bis Mitte 30 aktiv sein könnte, war ihr klar. Also brauchte sie einen Plan für die nächste Etappe ihres Lebens. "Mein Papa war Sportlehrer, meine Mama unter anderem Pilateslehrerin, da lag die Idee nahe, beruflich in Richtung Sport zu gehen und mit dem Tanz zu verbinden."

Mit 28 Jahren beschloss Miroslava, sich von der Bühne zu verabschieden und etwas Neues zu wagen. Ihr eigenes Sportstudio hatte sie schon bald im Kopf. Doch sie brauchte Geld. Von der Bank. Und die sah das zunächst anders. "Der Berater hat mir gesagt, ich solle doch erst mal Trainerausbildungen absolvieren und ein paar Jahre in Fitnessstudios arbeiten. Da habe ich drei Tage und drei Nächte geheult."

Von der Solistin an großen Theatern auf die Schulbank zum Klinkenputzen geschoben zu werden, das musste sie verkraften. Rückblickend war der Weg nicht falsch. Kann Miroslava Borrmann doch Lizenzen und Zertifikate in den verschiedensten Programmen vorweisen. In zahlreichen Studios und physiotherapeutischen Praxen hat sie Kurse gegeben: Zumba, Pilates, Rückenschule, Bauch-Beine-Po. All das kommt nun ihrer Erfahrung und ihrem Kurskalender zugute.

Vom großen Ziel hat sie sich nämlich nicht abbringen lassen. "Ich wollte unbedingt mein eigenes Studio!" Und wieder nahm sie Anlauf bei der Bank. "Mein Schwiegervater hat mir einen 600-Seitigen Businessplan geschrieben, der jeden Finanzberater erschreckt." Aber er war durchdacht und erfolgversprechend. Der Parcours bis zum Kredit ging trotzdem weiter.

Immerhin habe sie einen Berater dazu gebracht, sich ihren Businessplan zu Gemüte zu führen. Er versprach, zwei Nächte darüber zu schlafen. "Ich habe ihm gesagt: Machen Sie das. Aber wenn sie am Morgen der zweiten Nacht wach werden, wissen Sie, dass es der Tag ist, an dem sie mir die Zusage geben." Und so kam es.

Trainieren, wenn andere ausspannen

Daraus geworden sind 530 Quadratmeter "MIRAmoves" in Striesen. Miroslava hat ihr Studio dort vor acht Jahren mit großem Aufwand eingerichtet und eröffnet: zwei Kursräume, dazu einer für Physiotherapie, Umkleidebereiche, Duschen, Sauna, Büros. Mehr als 500 Mitglieder hat sie inzwischen, davon 250 Kinder. Fünf Jahre habe es gedauert, bis sie wirklich gut und sicher aufgestellt war - da kam Corona. Auch diese harte Probe hat sie bestanden. "Von Anfang an haben wir unsere 60 Kurse pro Woche online gegeben. Es musste ja weitergehen."

Immer muss es für Miroslava weitergehen, nicht nur in Krisen. Deshalb hat sie vor vier Jahren das Tanzstück "Giselle" inszeniert und zusammen mit Laientänzern auf die Bühne gebracht. "Es war ein großer Erfolg, aber während der Lockdowns sind unsere Darsteller zum Teil aus ihren Rollen herausgewachsen. Kinder waren plötzlich Teenager. Das Konzept hat nicht mehr funktioniert." Zeit für ein neues Großprojekt.

An dem arbeitet die Studioleiterin nun schon seit etlichen Monaten. Im Frühjahr nächsten Jahres wird ihr neues Stück "Romeo und Julia" Premiere haben. Zum Ensemble gehören 50 Tänzer ihrer Kurse im Alter von zehn bis über 50 Jahren. "Die Musik kommt zu 80 Prozent von Sergei Prokofjew, die Choreografien zu 100 Prozent von mir und Bühnenbild, Kostüme, Ton- und Lichttechnik alles aus unseren Reihen."

Wenn am 3. Oktober die halbe Stadt den Feiertag genießt, wird Miroslava mit ihren Tänzern hart trainieren, so wie auch an Wochenenden und vielen Wochentagen, in größeren und kleineren Gruppen oder nur mit den Solisten allein. In der Dresdner Reithalle, wo das Stück vor 300 Zuschauern pro Abend dreimal infolge aufgeführt werden wird, gab es bereits Gesamtproben. Es ist schon viel geschafft und noch viel zu tun bis zur Premiere am 24. März 2023.

Wenn dann Breakdance auf Klassik trifft, umwoben von wunderbarer Musik und eingebettet in die schönste Romanze der Welt, wird nicht nur Miroslava wissen, wofür es sich lohnt, zu fest glauben und unbeirrt zu kämpfen.

"Romeo und Julia", 24./25. März 2023, jeweils 19 Uhr, 26. März 2023, 17 Uhr, Reithalle Dresden, Straße E, Werner-Hartmann-Str. 2, www.romeoundjulia2023.de. Tickets gibt es im Studio MIRAmoves, Ludwig-Hartmann-Straße 45 und über Eventim zu 47,57 Euro.