Nach dem Tod ihrer Eltern: Junge Ullersdorfer Schwäne fressen wieder

Dresden. Der Schmerz sitzt tief. Teilnahmslos und gleichgültig starren die sechs jungen Schwäne geradeaus, als sie in ihrem neuen zu Hause in Kaditz ankommen. Das Futter rühren sie nicht an. Eigentlich sollten sie auch gar nicht hier sein, in der Wildvogelauffangstation. Noch vor wenigen Tagen schwammen sie mit ihren Eltern auf dem Teich am Ullersdorfer Golfplatz. Familienidylle. Doch die Geschwister mussten mit ansehen, wie die Eltern von einem frei laufenden Hund totgebissen wurden.
Inzwischen geht es ihnen etwas besser, sagt Ronja Fulsche von der Wildvogelauffangstation. Genau eine Woche befinden sich die Tiere nun ihrer Obhut. Sie fressen wieder und baden, nachdem sie in den ersten Tag apathisch gewesen seien. Vor allem das Bad im Becken sei sehr wichtig für die jungen Schwäne, damit sich das Gefieder richtig entwickeln kann. "Ein See wäre schöner", sagt Fulsche. Aber besser ein Becken als gar kein Wasser.
Größere Voliere, größeres Becken
Die Vögel sind erst um den 1. Juni herum geschlüpft. Die Eltern lebten bis zu ihrem Tod schon drei Jahre lang auf dem Golfplatz. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, ihre Jungen vor wilden Tieren, vor Füchsen zum Beispiel, zu beschützen, bis sie so groß geworden sind, dass sie sich selbst verteidigen können. Doch der elterliche Schutzschirm brach am 28. Juli zusammen, binnen Minuten. Helfer um den Dresdner Schwanen-Experten Thomas Eißer entschieden, die sechs Jungtiere einzufangen und nach Kaditz zu bringen.
Dort werden sie jetzt voraussichtlich bis Oktober bleiben. Der Platz in der Voliere, in der bis vor Kurzem noch Enten aufgepäppelt wurden, dürfte bis dahin eng werden. Daher könnte ein Umzug nötig werden. Ende August soll eine größere Wasservogel-Voliere in der Wildvogelauffangstation entstehen. Dort gebe es dann auch ein größeres Becken.
Dass die jungen Schwäne getrauert haben, davon ist Ronja Fulsche überzeugt. Schwäne seien sehr soziale Tiere, die im Familienverband groß werden. Die Mutter kümmert sich um die Aufzucht, der Vater verteidigt das Revier. Wie verbunden die Tiere miteinander sind, zeige sich auch, wenn ein Schwan stirbt. Meist sterbe daraufhin auch bald sein Partner. Die Leiterin der Auffangstation schätzt aber, dass die sechs Jungtiere den großen Schock mittlerweile überwunden haben.
Wenn sie im Herbst flügge sind, werden sie wahrscheinlich an der Elbe in die Freiheit entlassen. Dann müssen sie selbst entscheiden, wo sie leben wollen.