Dresden. Was wäre das für eine Party gewesen! In einer anderen Zeit, an einem anderen Ort. Gerade hat der Franzose Stéphane Peterhansel zum 14. Mal die Rallye Dakar gewonnen, und sein Team-Koch Gerd Kastenmeier durfte nur Saftschorle zum Anstoßen kredenzen.
Seit vergangenem Jahr führt das legendäre Derby durch Saudi-Arabien. Dort ist Alkoholgenuss grundsätzlich verboten. Knallende Korken und Schampus-Fontänen - Fehlanzeige. Ohnehin ist ausgelassenes Feiern unter Corona ein Ding der Unmöglichkeit.
Auch in der fernen Wüste müssen sämtliche Hygieneauflagen zum Schutz vor einer Infektion eingehalten werden. Das war für den Dresdner Gastronom in seinem achten Jahr als Team-Verköstiger eine riesige Herausforderung.

"Ich habe für insgesamt 90 Leute jeden Tag gekocht - früh, mittags und abends. Aber normal einkaufen konnte ich nicht", erzählt der Chef des Dresdner Restaurants "Kastenmeiers". Alle haltbaren Waren orderte er vor der Reise im Großmarkt und ließ sie sich nach Frankfurt zum Flughafen liefern. Von dort flogen sie außer Landes.
Doch ohne frisches Fleisch, Gemüse, Eier, Obst und Milchprodukte kommt ein Koch nicht weit. Über Beziehungen vor Ort kam er an 180 Kilo Fleisch, das reichte fürs Erste. Etappe für Etappe fand Gerd Kastenmeier Lösungen, um seine Bestände aufzufüllen.
Das Problem frisches Brot löste er gleich höchstpersönlich. "Vor meiner Abreise habe ich einen Backkurs bei meinem Freund Tino Gierig vom Dresdner Backhaus gemacht." Denn zum ersten Mal musste er unterwegs ganz allein für zehn bis 15 Kilogramm Brot pro Tag sorgen. Allein auf sich gestellt war Kastenmeier generell. "Ich hatte nur einen Fahrer zur Unterstützung, der mir beim Aufbau geholfen hat."

Kaum ist der rollende Koch mit seinem Mega-Truck, der gleichzeitig als Kühlhaus dient, an einer neuen Station angekommen, musste er die mobile Küche ausfahren und das Dachzelt aufbauen, in dem sich auch seine Schlafkabine befindet. "Geschwindigkeit war alles: Hier zusammenpacken, dort alles in Stellung bringen und die nächste Mahlzeit auftischen." Blechweise Riesenburger oder 30 Kilo Lasagne zum Beispiel.
"Einen Hang zum Abenteuer hatte ich schon immer", sagt Kastenmeier von sich. Das brachte ihm nicht nur jede Menge Erfahrungen ein, um die ihn viele beneiden. Es sichert ihm in Corona-Zeiten auch sein Auskommen. Schließlich ist sein Dresdner Restaurant im Kempinski-Hotel wie alle anderen geschlossen und niemand weiß, wann er dort wieder Gäste empfangen kann.
Zum Rallye-Erlebnis gehören natürlich auch Wetterkapriolen. "Wir haben alles erlebt: Hitze um die 35 Grad, Kälte um den Gefrierpunkt, Sandstürme und Regengüsse mit Schlammlawinen", erzählt er von den Touren durch Wüstenweiten und über Geröllpisten.

Ganz neu war für Gerd Kastenmeier das ganze Thema nicht. Er selbst ist früher die Rallye Breslau gefahren. "Das war aber eine Amateur-Rallye", bemerkt er bescheiden. Spaß habe es trotzdem gemacht. Sogar den zweiten Platz hat er einmal belegt.
Die diesjährige Rallye Dakar mit dem x-Raid-Team von Unternehmer Sven Quandt, der den Koch vor acht Jahren engagiert hatte, wird Gerd Kastenmeier besonders im Gedächtnis behalten. "Nach all der Anstrengung mit nie mehr als fünf Stunden Schlaf am Tag, bin ich nach Südafrika gereist", erzählt er am Telefon.
Dort sei Erholung aber auch schon wieder Job angesagt. Pünktlich zur Weinlese entwickelt der Gastronom zusammen mit einem befreundeten Winzer die Weine, die es später im "Kastenmeiers" geben wird. Körperlich verweilt er zwar rund 9.000 Kilometer Luftlinie von Dresden entfernt - im Geiste aber beschäftigt ihn die Heimat.
"Hier in den Weinbergen ist es herrlich, und es tut auch gut, zur Entspannung Golf zu spielen", gibt er zu. "Aber vor allem nutze ich die Zeit, um Kontakte zu pflegen und Ideen zu spinnen." Jedem, der ihm begegnet, erzähle er von daheim und fühle sich auf touristischer Mission für Sachsen und dessen Landeshauptstadt. "Ich kann es kaum erwarten, in Dresden wieder loszulegen."
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