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Stau vor der Dresdner Carolabrücke: Zwei-Tage-Radweg stoppt Autoverkehr

Weil auf der Corolabrücke seit Montagmorgen eine Autospur fehlt, staut es sich vor allem in der Neustadt. Jetzt wird in Dresden über die Gründe dafür gestritten.

Von Dirk Hein & Friederike Ruschke
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Ein Pop-up-Radweg auf der Carolabrücke behindert zwei Tage lang den Verkehr - hilft aber Radfahrern.
Ein Pop-up-Radweg auf der Carolabrücke behindert zwei Tage lang den Verkehr - hilft aber Radfahrern. ©  Rene Meinig

Dresden. Demonstranten haben am Montagmorgen einen sogenannten Pop-up-Radweg auf der Carolabrücke in Richtung Altstadt eingerichtet. Auf diese Art und Weise wollen sie noch bis zum Dienstagabend darauf aufmerksam machen, dass Radfahrer auf der Brücke und vor allem auf den Zufahrten mehr Platz brauchen. Wegen der Demonstration fällt in Richtung Altstadt, jeweils in der Zeit von 7 bis 20 Uhr, eine Fahrspur für Autofahrer weg. Mit Folgen im Berufsverkehr.

Am Montag staute sich der Verkehr auf der Großen Meißner Straße bis zur Marienbrücke.
Am Montag staute sich der Verkehr auf der Großen Meißner Straße bis zur Marienbrücke. © SZ/Dirk Hein
Auf der Albertstraße hätten die Radfahrer gerade in Richtung Brücke fahren können. Der Demo-Radweg soll so auf eine einfache und sichere Radverbindung hinweisen.
Auf der Albertstraße hätten die Radfahrer gerade in Richtung Brücke fahren können. Der Demo-Radweg soll so auf eine einfache und sichere Radverbindung hinweisen. © René Meinig

Inwieweit hat die Demo den Verkehr behindert?

Die Stadtverwaltung hatte es bereits im Vorfeld angekündigt, am Montag kam es dann tatsächlich zu erheblichen Verkehrsbehinderungen im Umfeld der Carolabrücke, vor allem in der Inneren Neustadt. Konkret staute es sich auf der Albertstraße bis in Höhe der Fußgängerampel.

Wesentlich deutlicher waren die Auswirkungen auf der Großen Meißner Straße. Weil die Stadt die Köpckestraße im Bereich des Finanzministeriums von drei auf zwei Fahrspuren reduzierte und so auch das Abbiegen auf die Carolabrücke unterband, kam es zu Rückstaus bis auf die Marienbrücke und in die Hainstraße.

So staute es sich am Morgen in der Dresdner Innenstadt.
So staute es sich am Morgen in der Dresdner Innenstadt. © Screenshot: TomTom/SZ

Doch warum sperrte die Stadt die Zufahrt auf die Carolabrücke überhaupt? In den sozialen Medien ist am Montag munter darüber diskutiert worden, ob das Rathaus mit diesem zusätzlichen Hindernis noch mehr Stau und Ärger bei den Autofahrern provozieren wollte, um so den Plan für den dauerhaften Wegfall einer Autospur auf der Carolabrücke zu torpedieren. Auch aus den Reihen des Stadtrates sind solche Vermutungen zumindest angedeutet worden.

Wie wahrscheinlich ist eine dauerhafte Sperrung?

Tatsächlich hat der Stadtrat im Januar 2022 mit einer Stimme Mehrheit beschlossen, die "verkehrlichen Auswirkungen" prüfen zu lassen, falls auf der Brücke dauerhaft eine Autospur für einen Radweg in Richtung Altstadt wegfallen würde. "Die aktuelle Demo will das unterstützen, das ist grundsätzlich richtig", sagte SPD-Stadtrat Stefan Engel.

Würde der Radweg auf die Carolabrücke verlegt, hätten Radfahrer erstmals eine durchgängige Verbindung vom Albertplatz bis zum Hauptbahnhof. Aktuell müssen an der Carolabrücke zweimal die Gleise überquert werden. Das ist aus Sicht der Radfahrer unbequem und kostet Zeit.

Einige Radfahrer nutzen bereits den Pop-up-Radweg über die Carolabrücke.
Einige Radfahrer nutzen bereits den Pop-up-Radweg über die Carolabrücke. ©  Rene Meinig

Die Demo am Montag ließ bei Gegnern eines solchen Radweges jedoch Zweifel aufkommen. "Wir können uns die Verkehrsuntersuchung sparen, es war ein klassisches Eigentor der Demo-Organisatoren", sagte CDU-Stadtrat Veit Böhm. Der Stau am Montagmorgen habe gezeigt, "was passiert, wenn man unter normalen Bedingungen auf der Brücke eine Spur wegnimmt".

Das während vergangenen der Baumaßnahmen auf der Carolabrücke der Verkehr auf weniger Spuren ordentlich lief, sei mit der coronabedingt geringeren Mobilität begründet. Aus Sicht des CDU-Rates reicht es für den Radverkehr aus, wenn dieser einen sicheren und breiteren Weg am Rand der Brücke erhält und ihn sich mit Fußgängern teilt. "Wir haben an anderen Stellen der Stadt größere Herausforderungen für den Radverkehr."

Wer ist für die Sperrung der Abbiegespur verantwortlich?

Stadträtin Susanne Krause (Grüne) steht einem neuen Radweg auf der Brücke aufgeschlossener gegenüber, kritisiert das Rathaus für Sperrung der Abbiegespur daher deutlich. "Die Demonstranten wollten nicht zeigen, was passiert, wenn Autofahrer nicht mehr auf die Carolabrücke abbiegen können. Das Offenhalten dieser Abbiegespur wäre möglich gewesen. Die Stadt hat das Chaos selbst organisiert."

Tatsächlich weist das Rathaus auf der Köpckestraße erst 50 Meter vor dem Carolaplatz auf die Sperrung der Brücke hin. Um bis dort zu kommen, standen Autofahrer jedoch bereits lange im Stau. "Ich bitte das Rathaus, die Situation vor Ort nicht künstlich komplizierter zu machen", so Frau Krause.

Auch die Radfahrerlobby, der ADFC, spricht davon, dass der Verkehr rund um die Demo auf der Carolabrücke "nicht optimal" gelöst wurde. "Während der Baumaßnahmen auf der Brücke sind dort auch Spuren weggefallen und der Verkehr funktionierte", sagte ADFC-Vorstand Nils Larsen. Bösen Willen unterstellte er der Stadt aber nicht.

Auf Twitter reagierte Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn (Grüne) am Montag auf die Kritik an der Verkehrsführung rund um den als Demo abgemeldeten Pop-up-Radweg: "Zuständig für Versammlungen ist das Ordnungsamt." Er als Bürgermeister sei zudem nicht in die Entscheidungen der weisungsungebundenen Straßenverkehrsbehörde eingebunden gewesen.

Dieser Versuch die Verantwortung hin zu Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) zu schieben, sorgt im Stadtrat für Befremden.

Wie geht es jetzt weiter?

Für Radfahrer verlief die Fahrt über die Brücke den ganzen Tag flüssig: Viele fuhren am Anfang des Tages noch auf dem alten Weg am Rand der Fahrbahn. Jedoch ist auch der "neue" Radweg von einigen genutzt worden, um die Brücke zu überqueren. Am Montagnachmittag kam es hingegen erneut zu langen Staus.

Bis Sommer 2023 hat die Stadt laut Ratsbeschluss Zeit zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Radweg auf der Brücke zulasten einer Autospur möglich ist. Grundlage dafür sind in erster Linie Verkehrsmodellierungen, nicht die aktuelle Demo. Im Anschluss trifft der Rat eine Grundsatzentscheidung über den Verlauf der Radspur und somit den Autoverkehr auf der Brücke.