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Diese Dresdner Discounter haben jetzt auch Brötchen von regionalen Bäckern

In vielen Aldi-Filialen wird die Backwaren-Auslage jetzt von regionalen Bäckern befüllt. Was kosten das Brot, die Brötchen und süßen Teilchen? Lohnt sich das Geschäft für die Bäcker?

Von Kay Haufe & Juliane Just
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Viele Dresdner Aldi-Filialen kooperieren ab sofort mit regionalen Bäckern.
Viele Dresdner Aldi-Filialen kooperieren ab sofort mit regionalen Bäckern. © Sven Ellger (Symbolbild)

Dresden. Optisch gibt es keinen großen Unterschied. In der Backwaren-Auslage der Aldi-Filiale in Gompitz liegt das Industrie-Krustenbrot neben dem handwerklichen Pendant vom Bäcker von nebenan. Der Preis macht den Unterschied: Während das Aldi-Produkt 1,19 Euro für 750 Gramm kostet, ist das Bärenkrustenbrot von Hand für 3,69 Euro in der Auslage zu haben. "Traditionelles Bäckerhandwerk aus deiner Region" ist über den Backwaren zu lesen, die deutlich teurer sind. Daneben ein Schild der Bäckerei "Bärenhecke".

Die Bäckerei aus Glashütte beliefert die Dresdner Filiale der Supermarktkette nun täglich mit eigenen Produkten. Dahinter steht das Projekt "Regionale Bäcker". Dafür kooperiert Aldi Nord mit regionalen Handwerksbäckereien und bringt deren Verkaufsschlager in die Auslage.

"Wir folgen mit dem Projekt dem Wunsch der Kunden nach regionalen Produkten", sagt Heiko Herrmann. Er ist Einkaufsleiter der Aldi-Regionalgesellschaft Wilsdruff. Zwei weitere Bäcker - Schwerdtner mit Stammsitz in Löbau und die Landbäckerei Schmidt aus Königstein - sind die Kooperation eingegangen und beliefern seit einigen Wochen mehrere Dresdner Filialen. Man habe auch Dresdner Bäcker angefragt, sagt Herrmann auf Nachfrage, doch keiner habe sich für das Projekt entschieden.

Die Brötchen vom Bäcker nebenan in der Aldi-Auslage: Roman Seifert und Vater Gerald Seifert von der Bäckerei Bärenhecke haben mit Heiko Herrmann (v.l.), Einkaufsleiter der Aldi-Regionalgesellschaft Wilsdruff, an einer Kooperation getüftelt.
Die Brötchen vom Bäcker nebenan in der Aldi-Auslage: Roman Seifert und Vater Gerald Seifert von der Bäckerei Bärenhecke haben mit Heiko Herrmann (v.l.), Einkaufsleiter der Aldi-Regionalgesellschaft Wilsdruff, an einer Kooperation getüftelt. © René Meinig

Nun kann sich der Kunde vor Ort aussuchen, ob er das Handwerksprodukt für den teureren Preis nimmt oder den Discounterpreis der Aldi-Backwaren. "Wir haben positive Resonanz. Die Kunden nehmen das Angebot gut an", betont Herrmann. "Geiz ist geil" sei längst nicht mehr das Motto bei den Kunden, sondern die Nachfrage nach Produkten "von hier" konstant hoch. Erkennbar sind die Bäckerprodukte stets am Logo des Herstellers, das auch an den Preisschildern angebracht ist.

Zeit sparen ohne zweiten Einkaufsweg

Die Konkurrenz der Supermarkt-Backwaren und denen der Traditionsbäcker ist längst bekannt. Viele Kunden sind im Zeitstress, der Umweg zum Bäcker wird nur selten in Kauf genommen. Nun haben die Kunden mehr Anlaufstellen. Ein Zukunftsmodell für die gebeutelten Bäckereien?

Geht es nach der Bäckerei Bärenhecke, lautet die Antwort "Ja". Der Familienbetrieb mit insgesamt 80 Mitarbeiterin und 15 Filialen belieferte im April sechs Dresdner Aldi-Filialen, im Juni werden es insgesamt 18 sein. "Wir haben die Varianten intensiv geprüft und uns bei einem Leipziger Bäcker angeschaut, wie die Resonanz ist", sagt Roman Seifert. Er ist Vorstandsvorsitzender der Bäckerei Bärenhecke.

"Uns war es wichtig, dass unsere Produkte nicht zum Discounterpreis verkauft werden", sagt Seifert. Den Preis in der Auslage bestimmt letztendlich Aldi. Doch die Supermarkt-Kette orientiere sich am "Marktpreis", wie der Einkaufsleiter Herrmann betont. So wird das Bärenkrustenbrot bei der Bäckerei für 3,70 Euro verkauft, in den Aldi-Filialen wird es auf die handelsüblichen 9er-Cent-Beträge auf 3,69 Euro abgerundet.

Insgesamt neun Produkte der Bäckerei finden sich nun täglich in der Auslage, die insgesamt 30 Produkte enthält. Diese wurden vorher verkostet und mit Aldi abgestimmt, kann aber je nach Kundenverhalten auch verändert werden. Derzeit sind es in der Gompitzer Filiale vier Brotsorten, zwei Brötchensorten und süße Backwaren wie Spritzringe, Amerikaner und Schweinsohren. Damit diese Backwaren pünktlich zur Ladenöffnung um 7 Uhr in der Auslage liegen, musste eine umfassende Logistik ausgeklügelt werden.

Weitere sechs Filialen folgen Mitte Juni

Neben der Filiale in Gompitz haben auch weitere 14 Dresdner Aldi-Märkte die Produkte der genannten Bäckereien im Angebot. Sie sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Konkret sind es die Filialen auf der Glashütter Straße 87, der Antonstraße 2a, der Lommatzscher Straße 1c, der Enderstraße 59, der Bautzner Landstraße 149, der Döbelner Straße 132, der Löwenhainer Straße 2, der Pirnaer Landstraße 196, der Kesselsdorfer Straße 160, der Löbtauer Straße 40, der Chemnitzer Straße 28, der Tharandter Straße 40, der Webergasse 1 sowie der Travemünder Straße 1.

Mitte Juni kommen sechs weitere Filialen dazu, sodass insgesamt 21 Dresdner Aldi-Märkte regionale Backwaren im Sortiment haben. Die weiteren Verkaufsstellen befinden sich auf der Uhlandstraße 5, am Straßburger Platz 1, auf der Wilhelm-Liebknecht-Straße 2, der Bulgakowstraße 7, der Pfotenhauerstraße 7b und der Reicker Straße 97.

Nicht nur in Dresden, sondern im gesamten Aldi-Nord-Gebiet in West-, Nord- und Ostdeutschland ist die Kooperation an den Start gegangen. Über 550 Aldi-Filialen haben bereits Spezialitäten von lokalen Bäckereien in ihr Sortiment aufgenommen.

Bäcker-Innung verweist auf das Image des Handwerks

Beim Landesinnungsverband Saxonia, der die Interessen von 518 sächsischen Bäckern vertritt, wird die Kooperation zurückhaltend betrachtet. Bewerten möchte man diese nicht. "Die Innung kann und wird keinem Innungsbäcker seine betriebswirtschaftlichen Entscheidungen vorgeben oder bewerten", sagt Manuela Lohse als Geschäftsführerin. Ob das Projekt betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, werde die Zukunft zeigen. "Auf alle Fälle sollte dieses Verkaufsmodell nicht das einzige Standbein einer Bäckerei sein", betont sie.

"Jeder Bäcker muss entscheiden, ob das gewinnbringend ist und ob das mit dem Image der Bäckerei vereinbar ist." Lohse verweist darauf, dass die Kunden in den Fachgeschäften im Bäckereihandwerk eine fundamentierte Beratung erhalten. Ausgebildete Fachverkäufer könnten über Allergene und vieles mehr Auskunft geben und die Kunden beraten. "Qualität im Produkt und Kompetenz in der Beratung - das ist das Image vieler Handwerksbäcker", so Manuela Lohse.

Doch die Geschäftsführerin des Landesinnungsverbandes sieht in der Kooperation auch einen Schritt nach vorn: "In der Vergangenheit waren die Backshops in den Discountern mit industriell hergestellten Backwaren gefüllt. Diese Backwaren hatten oftmals eine weite, tiefgekühlte Reise hinter sich. Wenn jetzt die Möglichkeit besteht, als Handwerksbäckerei, im Aldi-Regal bestimmte Backwaren aus der Region anzubieten, dann hat das auch eine positive Seite."