Dresden: Weiterer Haftbefehl im Raserprozess

Dresden. Überraschung im Prozess um den tödlichen Verkehrsunfall eines sechsjährigen Jungen. Das Gericht hat auch gegen den Mitangeklagten Mohamed A. einen Haftbefehl erlassen. Allerdings bleibt der 24-Jährige nach SZ-Informationen auf freiem Fuß, da er bislang zu allen Sitzungstagen erschienen ist. Er muss sich jedoch wöchentlich bei der Polizei melden.
In dem Prozess am Landgericht Dresden geht es um den Tod des sechsjährigen Ali A., der am 22. August vergangenen Jahres beim Überqueren der Budapester Straße von einem Mercedes erfasst und tödlich verletzt worden war. Am Steuer des Autos saß der 32-jährige Mohammad F. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, sich an jenem Abend mit Mohamed A., der einen BMW gefahren hatte, ein illegales Kfz-Wettrennen geliefert zu haben. Für ihn geht es um fahrlässige Tötung und um "illegales Kfz-Wettrennen mit Todesfolge".
Mit hohem Tempo auf der Budapester unterwegs
Nachdem in der vergangenen Woche ein Unfallgutachter die von ihm errechneten Mindestgeschwindigkeiten der beiden Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Kollision vorgestellt hatte, gab das Gericht den rechtlichen Hinweis, dass nach vorläufiger Einschätzung der Kammer auch der Mitangeklagte A. wegen "illegalen Kfz-Wettrennens mit Todesfolge" verurteilt werden könnte. A.s Verteidiger Michael Sturm hatte daraufhin um eine einwöchige Unterbrechung gebeten.
Inzwischen hat Sturm Gespräche mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht geführt, um auszuloten, ob sein Mandant im Falle eines umfassenden Geständnisses mit einer bewährungsfähigen Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren rechnen könne. Bei Freiheitsstrafen von mehr als zwei Jahren ist eine Bewährungsaussetzung nicht mehr möglich. Das Gericht konnte dem Angeklagten diese Zusage jedoch nicht machen. Der Haftbefehl wurde dem 24-Jährigen anschließend in nicht-öffentlicher Sitzung eröffnet.
Die Männer kamen mit ihren Autos an jenem Sonnabend nach 20.40 Uhr von der Nossener Brücke und befuhren mit hohem Tempo die Budapester Straße stadteinwärts. Dort hatten die beiden Autos zunächst nacheinander von rechts einen Nissan Quashqai überholt, der auf der linken der beiden Richtungsfahrspuren unterwegs war.
Angeklagte sollen der Dresdner Tuningszene angehören
Nach Angaben von Insassen des Nissan seien die beiden dunklen Limousinen zum Unfallzeitpunkt nebeneinander und annähernd gleichauf gefahren. Daraus errechnete der Sachverständige eine Mindestgeschwindigkeit des BMW von 100 Stundenkilometern - und so kam es zu dem rechtlichen Hinweis des Gerichts, dass auch der BMW-Fahrer möglicherweise mehr Schuld auf sich geladen haben könnte.
Die Angeklagten haben bislang zu den Vorwürfen geschwiegen. Zwei weitere Zeugen, Beifahrer im Mercedes und im BMW, hatten bestritten, dass sich die Fahrer ein Rennen geliefert hätten und ausgesagt, die Autos seien hintereinander gefahren. Nach den Aussagen von weiteren Zeugen sollen beide Angeklagte der Dresdner Tuningszene angehören. Der Prozess wird am 15. April fortgesetzt. Mit einem Urteil ist frühestens an dem weiteren Sitzungstag, dem 5. Mai zu rechnen.