Dresden
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Dresdens verhinderter Hauptbahnhof

Er ist der kleinste der drei Bahnhöfe in der Innenstadt. Dabei hatte der Bahnhof-Mitte einst Chancen, sogar Hauptbahnhof zu werden.

Von Ralf Hübner
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92 Meter lang, 44 Meter breit: Postkarte mit dem Wettiner Bahnhof an der Könneritzstraße um 1910.
92 Meter lang, 44 Meter breit: Postkarte mit dem Wettiner Bahnhof an der Könneritzstraße um 1910. © Sammlung Holger Naumann

Wieder einmal gibt es neue Pläne für den Bahnhof Dresden-Mitte. Doch die Akteure halten sich bedeckt. So liegt noch weitgehend im Dunkeln, wie das Bauwerk künftig aussehen könnte. Nur so viel: Der Bahnhof soll modernisiert werden. Er ist einer der wichtigsten Knotenpunkte des Nahverkehrs in der Stadt. Als Wettiner Bahnhof war er schon am 1. August 1896 provisorisch in Betrieb gegangen. Am 1. Oktober 1897 folgte im Beisein von König Albert vor 125 Jahren die offizielle Eröffnung der Haltestelle Wettiner Straße.

Anfangs war überlegt worden, an dieser Stelle den Dresdner Hauptbahnhof zu errichten, über dessen Standort lange gestritten wurde. Für den Neubau wurde ab 1891 sogar das Flussbett der Weißeritz verlegt. Doch am Ende wurde daraus nichts. Der ehemalige Böhmische Bahnhof an der Prager Straße wurde zum Hauptbahnhof.

Angelehnt an S-Bahnhof Berlin-Alexanderplatz

Dennoch ähneln sich die Konstruktionen der beiden Bahnhöfe. Pate bei der „Haltestelle Wettiner Straße“, wie der Bahnhof zunächst hieß, standen jedoch vor allem die großen Berliner S-Bahnhöfe Alexanderplatz und Friedrichstraße. Obgleich der jetzige Bahnhof Dresden-Mitte dem Architekten Herrmann Klette (1847–1909) zufolge nur eine „neue Haltestelle für Vorortzüge“ sein sollte, wurde bei dem Bau nicht gespart. Neben Schalterräumen und einer Gepäckabfertigung gab es mehrere Wartesäle und ein Restaurant. Bei Weitem nicht alle Bahnhöfe waren so gut ausgestattet. Das zeigt jedoch, wie wichtig die neue Station für den Pendlerverkehr war. Vier Türme verzierten die Eckpfeiler der Halle, große Rundbogenfenster die Längsseiten.

Die Gleise 1 und 4 waren dem Vorortverkehr und die Gleise 2 und 3 dem durchfahrenden Fernverkehr vorbehalten. Die Gleise 5 und 6 schließlich dienten dem Güterverkehr, der in südlicher Richtung sowohl nach Dresden-Friedrichstadt als auch in Richtung Hauptbahnhof geführt werden konnte.

Drei Jahre wurde gebaut. Eine 92 Meter lange und 44 Meter breite Halle überspannte sechs Gleise. Die Nationalsozialisten wollten die Halle später sogar noch erheblich vergrößern. Deren neuer Zentralbahnhof sollte sich auf 300 Meter Länge und 200 Meter Breite ausdehnen. Dazu sollte ein Vorplatz für Aufmärsche und Kundgebungen entstehen. Zwischen Freiberger Straße und Ehrlichstraße dem sogenannten Reichsbahnbogen, war eine ihrem Geist entsprechende Bebauung geplant, die Macht demonstrieren sollte.

Doch der Zweite Weltkrieg kam dazwischen. Bei der Bombardierung wurde die Halle in Mitleidenschaft gezogen. Allerdings fielen die Schäden vergleichsweise gering aus. Das Stahlgerüst der Bahnhofshalle soll reparabel gewesen sein. Dennoch wurde die Konstruktion 1953 abgerissen. An sie erinnert nur noch ein Eckpfeiler. Der Abriss erwies sich jedoch als schwerer Fehler, weil die unter der Halle gelegenen Anlagen nicht für einen Betrieb ohne Hallendach gedacht waren.

Regenwasser drang in Betriebsräume, Verkaufsstellen und Gasträume, die nach und nach schließen mussten. Der Name des Bahnhofs war schon 1946 geändert worden. Aus dem Wettiner Bahnhof wurde der Bahnhof Dresden-Mitte. Pläne von 1990, denen zufolge über den Gleisen eine gläserne Halle mit zwei Stockwerken mit Läden und Büros errichtet werden sollte, wurden wieder fallengelassen. 2001 wurde der Bahnhof saniert.