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Dresdner Eistanzpaar: "Unser Ziel ist Olympia 2026"

Charise Matthaei und Max Liebers sind auf Kufen und im privaten Leben ein Paar und erzählen wie sie beides schaffen: Gartenbau-Studium und Wettkampfsport.

Von Nadja Laske
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Schwere Jahre liegen hinter Charise Matthaei und Max Liebers. Sie mussten sich sportlich und partnerschaftlich beweisen.
Schwere Jahre liegen hinter Charise Matthaei und Max Liebers. Sie mussten sich sportlich und partnerschaftlich beweisen. © Sven Ellger

Dresden. Ranzen in die Ecke und Füße hoch. Das gab es für Charise Matthaei und Max Liebers nicht. Stattdessen gingen die beiden nach der Schule zum Training und steckten ihre Füße in Schlittschuhe - sie von der ersten Klasse an in einer Berliner Sportschule, er in einer Chemnitzer.

Als Dreijährige stand Charise zum ersten Mal auf den Kufen. Damals konnte sie es sicher noch nicht so erfassen, aber heute sagt sie: "Sich im Tanz nach der Musik ausdrücken zu können, das hat mir immer gefallen." Auch ihre größere Schwester lief Eis, das hat sie bewundert und ebenfalls davon geträumt. Als schließlich die Einschulung nahte und die Aufnahmeprüfung Talent bestätigte, begann ihre Zeit im Leistungssport.

Nahezu zur gleichen Zeit hatte Max als Knirps in der Eissporthalle seiner Heimatstadt an der Bande gestanden und seinen älteren Bruder über die spiegelglatte Fläche kurven sehen. Auch er war fasziniert - und ein paar Jahre später ebenfalls Schüler der Sportschule. "Nach dem Unterricht brauchten wir nur zur nächsten Tür hineingehen und waren im Trainingszentrum", erzählt er. Charise wurde von Betreuern begleitet. Der Alltag in der Sportschule ist doch sehr anders als ihn die meisten Kinder und Jugendlichen kennen.

Charise und Max bei der Deutschen Meisterschaft 2023
Charise und Max bei der Deutschen Meisterschaft 2023 © Giuseppe Bodrone/PR

Für Charise und Max endeten die Wochentage am späten Nachmittag, in der Oberstufe häufig erst um acht am Abend. Und doch vermissten sie nicht, womit Gleichaltrige ihre Zeit jenseits von Lektionen und Klausuren verbringen. "Unsere Freizeit war der Sport und unsere Freunde hatten wir immer um uns herum", sagt Charise. Mit ihnen habe sie erlebt, was andere Teenager auch erleben.

Doch nicht alle ihres Alters stehen Jahre später auf dem Treppchen der Deutschen Meisterschaft im Eistanz. Charise und Max sind gerade Vize-Meister geworden, und das ist in diesem noch jungen Jahr nicht der einzige Erfolg. Erst vor ein paar Tagen kamen sie von der "Egna Dance Trophy" in Südtirol mit Silbermedaille zurück. Auch die Winter World University Games in den USA machen sie stolz. Bei dem internationalen Wettkampf belegte das junge Eistanzpaar den achten Platz, vier Plätze besser als zuvor.

Der Weg dahin war vor allem für Charise steinig. Kaum mit dem Abitur fertig, erlitt sie eine Entzündung an der Hüfte, die dringend operiert werden musste. Ihr bisheriger Tanzpartner setzte seine Karriere ohne sie fort und die heute 22-Jährige kämpfte drei Jahre lang um ihre Genesung und um ihre Fitness im Sport, auch ohne das motivierende Ziel eines Wettkampfes und vor allem ohne Eislaufpartner.

Die große Liebe hatte sie zwar bereits gefunden - zu einem jungen Mann, der auch auf dem Eis für sie prädestiniert sein könnte - doch Max war sportlich bereits verpaart. Während einer Schulung hatten sich die Berlinerin und der Chemnitzer kennengelernt und verliebt. An wunderbare, aber auch fordernde Jahre erinnern sie sich, in denen Charise aufgrund ihrer unfreiwilligen Auszeit sehr um ihr Selbstwertgefühl als Sportlerin ringen musste.

Manches braucht Geduld und den richtigen Zeitpunkt. Der war mit der Saison 2021/22 gekommen. Seitdem trainieren sie zusammen, sehr erfolgreich, und haben große Pläne. Spätestens im Mai werden sie nach Mailand ziehen und sich dort einer Trainerin und einer internationalen Gruppe von Eistanzpaaren anschließen.

Soweit der sportliche Teil ihres Lebens. Es gibt einen weiteren. Charise und Max studieren beide an der Dresdner Hochschule für Technik und Wirtschaft das Fach Gartenbau. "Meine Eltern betreiben eine eigene Gärtnerei, und wir wollen sie später einmal übernehmen", sagt Max. Wettkampfsport und Berufsausbildung miteinander zu verbinden, ist eine echte Herausforderung. Die meistern sie mit Bravour und mit enorm viel Ehrgeiz und Disziplin und der Unterstützung ihrer Hochschule.

Charise und Max konnten sich Silber sichern und sind nun deutsche Vize-Meister.
Charise und Max konnten sich Silber sichern und sind nun deutsche Vize-Meister. © Giuseppe Bodrone/PR

Wer das Paar auf dem Eis eines Wettbewerbes sieht, ahnt, dass nicht allein Zielstrebigkeit ausreicht, um so weit zu kommen. Der Sport kostet Geld. Für ein Paar Schlittschuhe sind etwa 800 Euro fällig, für jede Startgebühr zwischen 100 und 160 Euro pro Eistanzpaar. Dazu Kostüme, Reisekosten, Übernachtungen und das pure Leben als Studenten und Sportler. Weder so noch so haben sie eigenes Einkommen.

"Momentan leben wir von dem, womit unsere Familien uns unterstützen und von Erspartem", sagt Max. Viele Leistungssportler sind bei der Bundeswehr angestellt. Der 23-Jährige war das vorübergehend auch. Ab Mai rechnen die zwei mit einer Förderung durch die Stiftung Deutsche Sporthilfe. Hier und da gebe es Prämien für erfolgreiche Amateure, doch richtig verdienen lasse sich erst nach der Amateur-Laufbahn im Profisport, beispielsweise durch Shows.

Vorerst jedoch sollen Medaillen ihre harte Arbeit entlohnen. Dafür trainieren sie vier Stunden täglich auf dem Eis. Außerdem stehen drei Stunden Kraft- und Ausdauertraining sowie drei Stunden Ballett pro Woche auf dem Plan, ebenso Akrobatik und Unterricht in speziellen Tanzstilen je nach Vorgaben für die Choreografien der anstehenden Wettkämpfe - all das für ihr großes Ziel: "Olympia 2026."