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Dresdner Musikhochschule: "Was wir seit Langem ersehnten ..."

In der Hochschule für Musik "Carl Maria von Weber" haben viele renommierte Künstler ihre Spuren hinterlassen. Vor 70 Jahren wurde sie gegründet.

Von Ralf Hübner
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„Im ersten Jahr des sozialistischen Aufbaus schon Wirklichkeit“: Unterricht an der Hochschule für Musik 1989. Die Einrichtung bildete eine Reihe später prominenter Absolventen aus, darunter Peter Schreier, Veronika Fischer und René Pape.
„Im ersten Jahr des sozialistischen Aufbaus schon Wirklichkeit“: Unterricht an der Hochschule für Musik 1989. Die Einrichtung bildete eine Reihe später prominenter Absolventen aus, darunter Peter Schreier, Veronika Fischer und René Pape. © Foto: SZ/Gunter Hübner

Die große Feier zum 70. Gründungstag der Hochschule für Musik "Carl Maria von Weber" ist ausgefallen. Der 350. Todestag von Heinrich Schütz, des Vaters der deutschen Musik, wog schwerer. Deshalb plant Rektor Axel Köhler in fünf Jahren zum 75. Jahrestag ein großes Fest.

Derzeit studieren Musiker aus 48 Nationen an der Hochschule. Fast jeder zweite der aktuell rund 850 Studenten kommt aus dem Ausland (43 Prozent). Zu den bekannten Absolventen gehören unter anderen Sänger wie Peter Schreier, Veronika Fischer oder auch René Pape, der Pianist Peter Rösel, der Flötist Eckart Haupt, der Dirigenten Siegfried Kurz oder der Komponist Udo Zimmermann. Am 11. November 1952 wurde die damalige Staatliche Hochschule für Musik gegründet.

Wirklichkeit im Jahr des "sozialistischen Aufbaus"

"Was wir seit Langem erhofften und ersehnten, wurde schon im ersten Jahr des sozialistischen Aufbaus Wirklichkeit: Die Hochschule für Musik", schrieb die "Sächsische Zeitung" 1952. Damit werde der endgültige und stolze Schlussstrich unter eine lange Reihe von Jahrzehnten währender Bestrebungen gezogen.

Als Datum für den Beginn der organisierten Musikausbildung in Dresden gilt jedoch der 1. Februar 1856, als der Kammermusiker der Königlichen Sächsischen Hofkapelle, Friedrich Tröstler, die Lizenz für eine Bildungsanstalt zur Ausbildung von Musikern erhielt.

Zuvor hatte sich schon Francesco Morlacchi, der 1810 als Kapellmeister der italienischen Oper nach Dresden berufen worden war, Gedanken um die Ausbildung junger Musiker in Dresden gemacht, den Nachwuchs für die Hofkapelle, und 1814 ein Konzept für ein Konservatorium entwickelt. Doch die Gründung ließ auf sich warten. Erst nachdem sichin Leipzig und Weimar auf Betreiben von Felix Mendelssohn Bartholdy und Franz Liszt solche Institute etabliert hatten, kam Tröstler zum Zug.

Allerdings war er geschäftlich wenig erfolgreich. Als er nach nur vier Jahren Bankrott ging, übernahm Johann Friedrich Pudor, ein Teilhaber, das Konservatorium und entwickelte es zu einer wichtigen künstlerischen Lehranstalt. Jetzt wurden auch Musiklehrer ausgebildet. Die Studiengebühren für einen "vollständigen Cursus" lagen bei 100 Talern jährlich.

Führungswechsel in der Nazi-Zeit

Nach dem Tod Johann Friedrich Pudors übernahm dessen Sohn Heinrich die Leitung, der sich jedoch mit der Lehrerschaft überwarf. Er verkaufte die Anstalt an Eugen Krantz, einen exzellenten Musiker. Unter dessen Söhnen Johannes und Curt expandierte das Konservatorium. Doch gingen deren geschäftliche Ambitionen teilweise zulasten der Qualität. Ein Gutachten mahnte eine grundlegende Reform des Konservatoriums an. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums war dem Institut das Prädikat "königlich" verliehen worden. Die Umwandlung in ein staatliches Konservatorium scheiterte jedoch. Im Jubiläumsjahr 1905/06 gab es schließlich mehr als 1.500 Schüler.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Monarchie 1918 wurde das Konservatorium zum "Konservatorium für Musik und Theater in Dresden". Die künstlerische Leitung hatte 1924 Paul Büttner übernommen. Er wurde 1933 von den Nationalsozialisten wegen seiner politischen Arbeit in den Jahren zuvor und seiner jüdischen Ehefrau des Amtes enthoben. Ihm folgte der Staatskapellmeister Kurt Striegler, der hervorragende Musiker der Staatskapelle als Lehrkräfte gewinnen konnte.

1937 ging das Konservatorium in den Besitz der Landeshauptstadt über und der Chefdirigent der Staatskapelle, Karl Böhm, wurde zum künstlerischen Leiter berufen. Böhm avancierte später zu einem bedeutenden Opern- und Konzertdirigenten. Einer der Schüler des Konservatoriums jener Jahre war der spätere Chefdirigent der Dresdner Philharmonie, Herbert Kegel.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Hauptgebäude des Konservatoriums am Seidnitzer Platz zerstört. Doch schon im Juni 1945 wurde in der ehemaligen Rothermund-Villa in der Mendelssohnallee in Blasewitz der Lehrbetrieb wieder aufgenommen. Schon 1946 war die Entscheidung gefallen, dass es in Sachsen nur eine Musikhochschule in Leipzig geben sollte. Doch als in der DDR die Länder aufgelöst wurden, waren Dresden und Leipzig administrativ getrennt und der Weg für eine Musikhochschule war frei. Im Herbst 1952 nahmen 368 Studenten das Studium auf.

Erster Rektor war Karl Laux, der zuvor 1945 bis 1948 als Ministerialrat Referent für Musik und Theater in der Landesregierung Sachsen tätig gewesen. Er war eine dominierende Gestalt im gesamten Dresdner Kulturleben und stand bis 1963 an der Spitze der Hochschule.

1959 erhielt die Hochschule den Namen "Carl Maria von Weber". Die Ausbildung der künstlerischen Nachwuchstalente fand vor allem im neuen, 1951 von Emil Leibold in der Blochmannstraße im Stil des sozialistischen Klassizismus erbauten Akademiegebäude sowie in der Musikschule am Wettiner Platz statt, dem ehemaligen Wettiner-Gymnasium.

Viele Mitglieder von Staatskapelle und Philharmonie waren auch Lehrer der künftigen Orchestermusiker. 2008 wurde schließlich ein Erweiterungskomplex mit Unterrichtsräumen, Probebühne, Bibliothek und einem Konzertsaal in Betrieb genommen. Das Haus auf der Blochmannstraße wurde aufgegeben. Die Hochschule ist seither auf einem Campus vereint. Ein weiterer Neubau soll in den nächsten Jahren die Platznot beenden.