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Dresdner Protest: "Ganze Straßenzüge wurden für die Nazis geräumt"

1.000 Rechtsextreme konnten am Samstag trotz Protest durch Dresden laufen. Auch am 13. Februar wird eine "konfrontative Lage" erwartet. Was am Montag wichtig ist.

Von Dirk Hein
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Knapp 1.900 Polizisten waren am Samstag in Dresden im Einsatz.
Knapp 1.900 Polizisten waren am Samstag in Dresden im Einsatz. © Sven Ellger

Dresden. Trillerpfeifen, Sprechchöre und Musik: Lautstark und energisch haben Hunderte Menschen vor dem Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg bereits am Samstag gegen einen Aufzug von Rechtsextremisten protestiert. Sie säumten den sogenannten Trauermarsch entlang der Route durch die Innenstadt, sodass Neonazis mit ihren Bannern und Plakaten wie durch ein Spalier laufen mussten. Dennoch konnten die extremen Rechten durch Dresden ziehen, die Kritik daran ist groß.

Wie lief der Demo-Samstag ab?

Knapp 1.900 Beamte aus mehreren Bundesländern sicherten am Samstag die Versammlungen im Stadtgebiet. Es kam zu Verkehrsbehinderungen, Bahnen und Busse wurden umgeleitet. Im Fokus stand am Nachmittag bis zum Abend der Aufzug der Rechtsextremen. Die Polizei sperrte die Zugänge zur Strecke ab. Neonazis und weitere Vertreter der extremen Rechten zogen vom Hauptbahnhof über die Reitbahnstraße, den Postplatz und die Schweriner Straße bis zum Bahnhof Mitte.

Der rechte Aufzug mit bis zu 1.000 Teilnehmern wurde mehrfach gestoppt. Gegen vier Teilnehmer wird wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt, zwei von ihnen hatten entsprechende Tätowierungen. Ein 21-Jähriger und ein 51-Jähriger müssen sich wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz verantworten.

In der Demo entdeckten Beamte einen Mann aus Bayern, gegen den der Staatsschutz wegen Volksverhetzung ermittelt. Der 68-Jährige soll nach Polizeiangaben am Freitag in einem sozialen Netzwerk ein Video gepostet haben, in dem er den Holocaust geleugnet hatte. Er wurde in Gewahrsam genommen.

Immer wieder gab es entlang der Route der extremen Rechten lautstarken Gegenprotest.
Immer wieder gab es entlang der Route der extremen Rechten lautstarken Gegenprotest. © Sven Ellger
Polizisten räumten die vorhandenen Blockaden schnell und robust aus dem Weg. Daran gab es Kritik.
Polizisten räumten die vorhandenen Blockaden schnell und robust aus dem Weg. Daran gab es Kritik. © Sven Ellger
Die Polizei sprach von einem "herausfordernden und dynamischen Einsatztag".
Die Polizei sprach von einem "herausfordernden und dynamischen Einsatztag". © Sven Ellger
Der 13. Februar steht im Zeichen der Menschenkette und des friedlichen Gedenkens.
Der 13. Februar steht im Zeichen der Menschenkette und des friedlichen Gedenkens. © J. Loesel, loesel-photographie.d

Welche Kritik gibt es am Verhalten der Polizei?

Obwohl entlang der Demo-Strecke lauter Gegenprotest möglich war, wurden alle Blockadeversuche durch die Polizei schnell und energisch unterbunden. Vertreter von "Dresden WiEdersetzen", die den Gegenprotest organisiert hatten, kritisierten die Polizei deutlich. "Ganze Straßenzüge wurden für die Nazis geräumt. Bereits Stunden vorher bekamen Menschen Platzverweise entlang der abgeriegelten Aufzugsstrecke", sagt Anne Herpertz (Piraten). An der Schweriner Straße wurden Hinterhöfe durchkämmt und an Haus- und Wohnungstüren geklingelt, um den Aufzug der Rechten zu ermöglichen.

Selbstkritik gab es am zahlenmäßig geringen Gegenprotest, etwa 800 Menschen waren unterwegs. "Wir hätten uns noch mehr Rückhalt aus der Stadtgesellschaft gewünscht. Es ist bitter, dass sich viele Menschen mehr daran störten, dass sie nicht mehr einkaufen können, als das Neonazis durch unsere Stadt laufen", so Matthias Lüth (SPD).

Wie reagieren die Beamten?

Polizeipräsident Lutz Rodig spricht im Rückblick von einem "herausfordernden und dynamischen Einsatztag". So hatten Gegendemonstranten versucht, im Bereich des Dippoldiswalder Platzes die Polizeiabsperrung zu durchbrechen und auf die Aufzugstrecke zu gelangen. In diesem Zusammenhang ermittelt die Polizei unter anderem gegen einen 18-Jährigen wegen Landfriedensbruch. Ein Polizeibeamter wurde mit einem Stein beworfen, blieb aber unverletzt. Der 18-jährige Tatverdächtige konnte gestellt werden.

Insgesamt fällt das Fazit der Beamten positiv aus. Die Einsatzkräfte hätten sowohl das Recht der Versammlungsfreiheit als auch einen Gegenprotest in Hör- und Sichtweite gewahrt. Weiterhin konnte ein Aufeinandertreffen der beiden Lager verhindert werden. "Es ist mir bewusst, dass das für viele Dresdnerinnen und Dresdner mit Einschränkungen verbunden war", so Lutz Rodig.

Was ist am 13. Februar zu erwarten?

Ein Großteil des 13. Februars wird dem friedlichen Gedenken vorbehalten sein. Der Tag beginnt mit einer Gedenkveranstaltung auf dem Nordfriedhof. Ab 9.30 Uhr wird für die Stadt Bürgermeister Jan Donhauser (CDU) einen Kranz niederlegen. Zwischen 14 und 15 Uhr folgt die Gedenkveranstaltung auf dem Ehrenhain für die Luftkriegstoten auf dem Heidefriedhof. Bürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke) nimmt teil.

Im zeitlichen Zusammenhang mit der Menschenkette, die sich gegen 18.10 Uhr in der Innenstadt schließen soll, wird OB Dirk Hilbert (FDP) mit Vertretern der Partnerstädte und der Botschaften eine Kerze am Kerzenbeet vor der Frauenkirche anzünden. Dies ist für alle Dresdner in der Zeit von 16 und 22 Uhr möglich. Tausende Lichter sollen eine fast 20 Quadratmeter große Kerze bilden.

Am Abend, gegen 20 Uhr, wird es Demonstrationen geben. Demonstranten, die sich Organisationen wie Pegida und Querdenken351 zugehörig fühlen, und zwei Gegendemonstrationen sind angekündigt. Das Geschehen wird sich entlang des Großen Gartens womöglich in Richtung Postplatz abspielen.