Dresden. Die Wortmeldung kam Freitagabend zuallererst, nach der zweiten Sitzung des sächsischen Kabinetts in diesem Jahr. Sie kam von Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) und schon ihre Ankündigung Mitte der Woche hatte umgehend für Entrüstung gesorgt.
Köpping berichtete von den Ergebnissen der Sitzung und der neuen Corona-Schutz-Verordnung des Freistaats, die ab Montag und bis zum 7. Februar gelten soll. Gleich zu Beginn sprach sie den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) an, der nicht nur in Dresden im Lockdown deutlich weniger genutzt wird, als in coronafreien Zeiten.
Köpping Mitte der Woche wörtlich zu der neuen Festlegung: "Das ist eine dringliche Empfehlung, die die Auslastung des ÖPNV auf 25 bis 50 Prozent einschränken soll." Nur eine Empfehlung deshalb, weil sich viele Menschen an die Abstandsregelungen hielten, "aber der ÖPNV eben so ein Bereich ist, wo das unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht möglich ist".
Am Freitagabend bekräftigte sie diese Empfehlung. Oberstes Prinzip sei weiterhin, Kontakte zu vermeiden. Abstand zu halten sei "im ÖPNV oft nicht möglich, weil Busse und Bahnen oft so voll sind". Deshalb werde eine "geringe Auslastung" empfohlen.
Prozentzahlen nannte die Ministerin dieses Mal nicht. Sie fügte hinzu, diese geringe Auslastung gebe es ja schon, weil viele Schüler nicht zur Schule und Berufstätige nicht zur Arbeit gehen. "Auch wenn wir sonst so dafür werben" werde jetzt vor allem älteren Menschen empfohlen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu meiden. Köpping forderte die Unternehmen auf, die Fahrtfrequenz nicht zu minimieren und so dafür zu sorgen, dass stets genug Platz ist in den Bussen und Bahnen.
Schon Mitte der Woche haben die Verantwortlichen der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) diese Empfehlung der Ministerin kritisiert. Sie mussten im vergangenen Jahr einen Einbruch der Fahrgastzahlen registrieren - wegen Corona. Sie sind von etwas mehr als 164 Millionen im Jahr 2019 auf weniger als 130 Millionen gesunken. Das entspricht knapp 80 Prozent der 2019er-Zahl.
Der Verlust resultierte vor allem aus Fahrgastrückgängen in den Lockdown-Zeiten. Bis zu 70 Prozent weniger Fahrgäste waren es im Frühjahr 2020, bis zu 60 Prozent im Dezember. Die finanzielle Folge: Von den ursprünglich geplanten Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf fehlten 2020 am Ende fast 16 Millionen Euro. Als Ausgleich gab es Geld aus dem sogenannten ÖPNV-Rettungsschirm des Staates. Allerdings wurde nicht der volle Verlust ausgeglichen, knapp drei Millionen Euro standen am Jahresende trotzdem zu Lasten der DVB unterm Strich.
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Einschränkungen beim Angebot - also genau das, was Köpping ablehnt - haben dazu geführt, dass das Minus nicht noch höher war. Zwei Millionen Euro hat das Unternehmen 2020 eingespart, weil in den Lockdown-Zeiten weniger Fahrzeuge unterwegs waren. Schließlich sind auch bis zu 70 Prozent weniger Fahrgäste eingestiegen als im coronafreien Jahr 2019. Das Fazit der Verkehrsbetriebe-Verantwortlichen: Mit wenigen Ausnahmen war immer genug Platz in den Dresdner Bussen und Straßenbahnen, um die Abstandsregeln einzuhalten. Zusätzlich zur Maskenpflicht, die ohnehin im ÖPNV gilt.
Im Augenblick registrieren die DVB 40 bis 50 Prozent der ohne Corona im Januar üblichen Fahrgastzahlen. Dem steht im Moment wieder ein eingeschränktes Fahrtenangebot gegenüber – 80 Prozent der sonst normalen DVB-Bahnen und -Busse sind jetzt in Dresden unterwegs.
Den expliziten Aufruf, jetzt noch weniger Bus und Bahn zu fahren, lehnen die DVB ab. "Das entspricht nicht unserem Geschäftsmodell", sagt dazu Unternehmensvorstand Lars Seiffert. Schließlich sei der öffentliche Nahverkehr auch im Corona-Lockdown eine für die Stadt und das Klima gute Alternative. Eine deutliche Kritik an den Worten der Ministerin.
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Den Aufruf, das Haus oder die eigene Wohnung weniger zu verlassen, hätten die DVB dagegen unterstützt. Aber eben nicht die Forderung, nun noch weniger Bus und Bahn zu fahren. Denn "der ÖPNV ist sicher", sind die DVB-Verantwortlichen trotz Corona überzeugt. Damit meinen sie ausdrücklich auch die Ansteckungsgefahr.
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