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Ein Zeichen jüdischen Lebens für Dresden

Mit der Neuen Synagoge ist die Jüdische Gemeinde im Zentrum der Stadt zurück. Vor 20 Jahren wurde das Gotteshaus geweiht.

Von Ralf Hübner
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Mit der 2001 geweihten Neuen Synagoge kehrte das jüdische Leben in das Dresdner Stadtzentrum zurück. Die moderne Architekur ist preisgekrönt.
Mit der 2001 geweihten Neuen Synagoge kehrte das jüdische Leben in das Dresdner Stadtzentrum zurück. Die moderne Architekur ist preisgekrönt. © Christian Juppe

Jüdisches Leben ist in Dresden seit 20 Jahren wieder gut sichtbar. Erst in dieser Woche feierte die Jüdische Gemeinde zu Dresden das Jubiläum des neuen Gotteshauses. Mit der Weihe der Neuen Synagoge nahe der Brühlschen Terrasse am 9. November 2001 kehrte die Jüdische Gemeinde ins Zentrum der Stadt zurück. An jener Stelle hatte einst auch die von Gottfried Semper erbaute Synagoge gestanden, die 63 Jahre zuvor in der Nacht des 9. Novembers 1938 von der SA und anderen Nazis geplündert und niedergebrannt worden war. Von den rund 6.000 Juden, die vor dem Krieg in den Dresden lebten, waren nach 1945 noch 70 übrig.

Ihnen diente eine umgebaute ehemalige Totenhalle am Neuen Jüdischen Friedhof in der Johannstadt als Synagoge. Nach 1990 wuchs die Gemeinde vor allem durch Zuzug aus der früheren Sowjetunion wieder auf 700 bis 800 Mitglieder an.

Erste Synagoge auf dem Jüdenhof

Die rund zweistündige Weihe-Zeremonie vor 20 Jahren begann mit dem feierlichen Einzug der Thorarollen. Dann wurden die Gesetzesbücher in den Schrein eingelagert und das ewige Licht (Ner Tamid) entzündet. Rund 400 Gäste nahmen an dem Festakt teil. Anlass für den Synagogen-Bau war wohl vor allem die damalige Wiederaufbau-Euphorie für die Frauenkirche gewesen.

Der frühere Pfarrer, Siegfried Reimann, hatte den damaligen Oberbürgermeister Herbert Wagner 1995 in einem Brief daran erinnert, dass vor der Frauenkirche die Synagoge brannte. Ein 1996 gegründeten Förderkreis sammelte Spenden. Im Juni 2000 wurde der Grundstein gelegt. Die 11 Millionen Euro, die der Synagogen-Bau kostete, wurden zu mehr als zwei Drittel von Land und Stadt getragen, der Rest wurden aus Spenden bestritten.

Juden gibt es in Dresden seit dem Mittelalter, sie gehören zu Geschichte und Gegenwart. Markgraf Heinrich der Erlauchte hatte sie 1265 unter seinen Schutz gestellt. Auf dem Jüdenhof am Johanneum entstand die erste Synagoge. Es war kein langer Frieden: Friedrich der Streitbare ließ 1411 das Vermögen der Juden konfiszieren, die Synagoge wurde zu einem Brauhaus umgebaut und schließlich abgebrochen. Es folgten Pogrome und Vertreibungen.

August der Starke ließ Juden schließlich wieder ins Land, wohl weil er sich finanziell Vorteile erhoffte. Hofjude Issachar Berend Lehmann verschaffte ihm zehn Millionen Taler zum Erwerb der polnischen Königskrone.Bei Ende des Siebenjährigen Krieges 1763 lebten rund 800 Juden in Dresden. Doch erst die Verfassung von 1831 brachte ihnen die bürgerliche Gleichstellung.

Weitere Folgen von Dresden Damals:

Ausdruck dafür war die von Gottfried Semper von 1838 bis 1840 erbaute Synagoge. Der Bau galt als erste moderne Synagoge überhaupt und als Vorbild für weitere Synagogenbauten. Semper wollte mit dem Entwurf unter anderem auf den Jerusalemer Tempel und die orientalische Herkunft der Juden verweisen.

Der Entwurf für die Neue Synagoge mit Gemeindezentrum stammt von dem Saarbrücker Architektenbüro Wandel, Hoefer und Lorch. Das Äußere des Baus – ein in Richtung Jerusalem gedrehter Baukörper – greift das Motiv des Tempels auf. Im Synagogenraum dominiert das „Zeltmotiv“ – ein aufgehängtes, golden schimmerndes Metallgewebe. Tempel und Zelt sollen den Konflikt zwischen den dauerhaften und provisorischen Zuständen in der Geschichte des jüdischen Volkes verdeutlichen.

Die Meinungen der Dresdner zu dem Bauwerk gingen damals auseinander. In Umfragen erschien vielen der glatte, moderne Bau an dem vom Barock geprägten Altstadtbereich als Fremdköper. Der Neubau wirke „zunächst abweisend, gleichsam unzugänglich“, räumte der ehemalige Landeskonservator Heinrich Magirius ein. Dennoch schließe er die bewegte Silhouette des Stadtbildes wie ein Markstein ab.

Der damalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Dresden, Roman König, musste feststellen, „dass nicht alle Dresdner mit der Architektur glücklich sind.“ Dennoch fiel das Urteil in der in der Fachwelt zumeist wohlwollend aus. 2002 wurde die Synagoge mit dem „World Architecture Award“ausgezeichnet.