Dresden
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"Endlich ist da wieder dieses Kribbeln"

Dresdner Azubis aus der Veranstaltungsbranche wollen sich aus der Corona-Depression katapultieren. Unter anderem auf dem Haus der Presse.

Von Henry Berndt
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Annalena Krämer und Benjamin “Benjo” Strathmeier planen die neusten Streaming-Konzerte für ihr Projekt "Live again".
Annalena Krämer und Benjamin “Benjo” Strathmeier planen die neusten Streaming-Konzerte für ihr Projekt "Live again". © privat

Dresden. In der Theorie scheint es so einfach zu sein: Tür auf, Leute rein, Musik an. Doch welche Herausforderungen die Organisation kleinerer und größerer Veranstaltungen aller Art wirklich mit sich bringt, das lernen die Azubis aus der Veranstaltungsbranche erst im laufenden Betrieb.

In den vergangenen Monaten war das allerdings weitgehend unmöglich. Die angehenden Techniker und Kaufleute hingen in der Luft und irgendwann beschlossen einige von ihnen, sich nicht mehr mit der Tristesse der leeren Säle und Hallen abzufinden.

Zehn Azubis der Dresdner Unternehmen Sam Production, LTI-music und Stageport gründeten "Live again", eine Plattform mit der viele Hoffnungen verbunden sind. "Wir wollen uns ausprobieren, viel lernen und uns gleichzeitig selbst aus der Krise katapultieren", bringt es Benjamin "Benjo" Strathmeier, Auszubildender im zweiten Lehrjahr bei Sam Production, auf den Punkt.

"Wir sind Auszubildende, da sind Fehler erlaubt"

Konkret planen und organisieren die Azubis Streaming-Auftritte regionaler Künstler, die sie zu diesem Anlass hoch hinaus auf die Dächer der Stadt Dresden schicken. Die halbstündigen Konzerte werden von dort aus live und kostenlos ins Netz übertragen.

"Endlich ist wieder dieses Kribbeln zu spüren", sagt Benjo. "Wir haben das alle vermisst."

Premiere feierte die Reihe am vergangenen Sonntag, als die Dresdner Punkband Astrosurfer ein Hochhaus an der Prager Straße zum Wackeln brachte. Auch für die Techniker verlief der Start allerdings wacklig. Technische Probleme brachten sie ins Schwitzen.

"Da ging es von Anfang an nur darum, zu retten, was zu retten ist", räumt Benjo ein. "Aber für uns ist das ok. Dafür sind wir Auszubildende, da sind Fehler erlaubt." Schon bei der nächsten Auflage soll vieles besser werden. Am kommenden Sonntag lassen sie die Hip-Hop-Kombo Stadtkind auf der Dachterrasse des Hauses der Presse an der Ostra-Allee spielen.

In den Wochen darauf werden auch Madstep (27. Juni) und Alice Roger (4. Juli) von den Event-Azubis verkabelt.

Projekt soll nach der Pandemie weitergehen

Die Berufsstarter sind froh, dass ihnen ihre Arbeitgeber diese Freiräume und Möglichkeiten geben. Die "Live-again"-Idee aus Dresden kommt so gut an, dass sie sich in den vergangenen Wochen bereits zu einem internationalen Projekt entwickelt hat. Inzwischen gibt es zwei weitere Standorte in Basel und Graubünden.

Dabei ist "Live again" mehr als nur eine Trotzreaktion auf die Corona-Pandemie. Die jungen Leute sollen gefordert und gefördert werden, neben den typischen Inhalten ihrer Ausbildung auch andere Fachbereiche kennenlernen, und nicht zuletzt Softskills erwerben, die für das Berufsleben unschätzbar wichtig sind.

Die Auszubildenden im technischen Bereich spezialisieren sich im Laufe der Ausbildung für eine der Fachrichtungen, zu denen Lichttechnik und -design, Tontechnik und Videotechnik gehören. Im kaufmännischen Bereich geht es unter anderem um Künstlermanagement und Marketing. Bei "Live again" sind all diese Fähigkeiten gefordert.

"Genau das ist auch der Grund, warum wir das Projekt auch nach dem Ende der Pandemie weiterführen werden", sagt Benjo. "Wir wollen die Plattform auch für andere Lernende öffnen und so die Ausbildungsqualität in unserer Branche erhöhen."