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Rechter Aufmarsch und Blockadeversuche: So war die Lage am 11. Februar in Dresden

An zwei Tagen steht Dresden im Fokus von Demonstrationen anlässlich des 13. Februars. Am Samstag kam es zu einem Naziaufmarsch und zu Blockadeversuchen.

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Polizisten trennten am Bahnhof Mitte Demonstranten und Gegendemonstranten
Polizisten trennten am Bahnhof Mitte Demonstranten und Gegendemonstranten © Sven Ellger

Dresden. Sowohl am 11. als auch am 13. Februar, dem eigentlichen Jahrestag der Bombenangriffe auf Dresden, steht die Landeshauptstadt im Zentrum "konfrontativer Proteste". Am Samstag zogen etwa 1.000 extreme Rechte durch die Stadt. Mehrere Blockadeversuche bleiben erfolglos.

  • In der Dresdner Innenstadt kam es am Samstag zu mehreren Demonstrationen
  • Die Demonstrationen hatten einen thematischen Bezug zum 13. Februar
  • Ein "Trauerzug" von etwa 1.000 Neonazis zog trotz Blockadeversuchen durch die Stadt
  • Etwa 700 Gegendemonstration stellten sich dem insgesamt in den Weg
  • Am 13. Februar wird es neben der Menschenkette zu weiteren Demos kommen

Am Samstagabend blickte Polizeipräsident Lutz Rodig "auf einen herausfordernden und dynamischen Einsatztag zurück." Man habe sowohl das Recht der Versammlungsfreiheit als auch einen Gegenprotest in Hör- und Sichtweite gewahrt. "Weiterhin konnte ein Aufeinandertreffen der beiden Lager verhindert werden."

Am Nachmittag lag der Fokus auf einer Versammlung des rechten Spektrums. Diese startete gegen 14.30 Uhr am Wiener Platz. Danach liefen die Teilnehmer über die Reitbahnstraße, Marienstraße und Schweriner Straße bis zur Könneritzstraße. Dort endete die Versammlung kurz nach 19 Uhr. Einsatzkräfte der Polizei stoppten den Aufzug mehrfach. Gegen vier Teilnehmer im Alter von 30 bis 49 Jahren wurden Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. Zwei weitere Teilnehmer (21, 51) müssen sich wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz verantworten.

Gegen den Nazi-Aufmarsch gab es fortwährend Gegenprotest. Neben Kundgebungen am Wiener Platz und dem Postplatz gab es auch Proteste entlang der Wegstrecke. An mehreren Stellen der Reitbahnstraße sowie der Schweriner Straße setzten sich Dutzende Menschen auf die Straße. Sie wurden von Polizisten beiseite gebracht. Zudem versuchten Gegendemonstranten im Bereich des Dippoldiswalder Platz die Polizeiabsperrung zu durchbrechen und auf die Aufzugstrecke zu gelangen. In diesem Zusammenhang ermittelt die Polizei unter anderem gegen einen 18-Jährigen wegen Landfriedensbruch.

Ein Polizeibeamter wurde mit einem Stein beworfen, blieb aber unverletzt. Der 18-jährige Tatverdächtige konnte gestellt werden. Gegen weitere acht Personen aus dem Gegenprotest im Alter von 15 bis 30 Jahren wurden Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Zudem müssen sich eine 23-Jährige wegen Beleidigung sowie ein 15-Jähriger wegen Widerstandes verantworten.

Insgesamt waren etwa 1.900 Polizisten im Einsatz.

So lief der Demo-Tag am Samstag

18.50 Uhr Noch immer Nazi-Reden am Bahnhof Mitte

Während es am Bahnhof Mitte noch immer Reden gibt, zieht sich der Gegenprotest in die Neustadt zurück. Wir beenden an dieser Stelle die detaillierte Berichterstattung über den Demo-Tag in Dresden.

18.40 Uhr: "Nazis wurde mit Gittern die Straße freigeräumt"

Mittlerweile liegen ersten Zahlen zum Gegenprotest vor. Rita Kunert (Seebrücke Dresden) spricht von etwa 600 bis 700 Teilnehmenden. Sie äußert deutliche Kritik an Polizei und Ordnungsamt: "Den Nazis wurde mit Gittern der Weg freigeräumt". Sie bezieht sich dabei auf die entlang der Demo-Route aufgestellten Absperrgitter, die echte Blockaden nur schwer möglich gemacht hatten. Entgegen öffentlichen Ankündigen sei die geplante Demo-Strecke zumindest der Polizei vorab bekannt gewesen.

18.30 Uhr: Demos nähern sich dem Ende

Auf der rechten Demo am Bahnhof Mitte werden letzte "Grußworte" verlesen. Der Gegenprotest zieht sich allmählich zurück. Teilnehmer verlassen beide Veranstaltungen. Insgesamt hatten sich übereinstimmenden Angaben zufolge etwa 1.000 extreme Rechte heute in Dresden versammelt. Die Veranstalter selbst hatten lediglich 500 angemeldet, im Vorfeld war mit etwa 750 Teilnehmern gerechnet worden. Zahlen zum Gegenprotest liegen noch nicht vor.

17.30 Uhr: Bisher neun Strafanzeigen

Laut Polizei gab es bisher "neun Strafanzeigen im Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen". Der rechte Aufmarsch ist am Bahnhof Mitte angekommen. Dort findet, erneut begleitet von deutlich wahrnehmbarem Gegenprotest, eine Abschlusskundgebung statt.

Die Abschlusskundgebung der extremen Rechten findet auf den Gleisen am Bahnhof Mitte statt.
Die Abschlusskundgebung der extremen Rechten findet auf den Gleisen am Bahnhof Mitte statt. © SZ/Franziska Klemenz

17.10 Uhr: Weitere Blockaden ruppig aufgelöst

Die Demo der Neonazis zieht durch die Schweriner Straße in Richtung Bahnhof Mitte. Dort soll die Kundgebung enden. Immer wieder werden Blockadeversuche teils ruppig aufgelöst. Um Durchbruchversuche zu verhindern, setzen Beamte vorher auch Pfefferspray ein. Laut Reportern vor Ort wurden Steine auf Beamte geworfen.

Beamte setzen auch Pfefferspray ein.
Beamte setzen auch Pfefferspray ein. © xcitepress

16.45 Uhr: Das Staatsschauspiel mit klarer Botschaft

"Dem Hass begegnen lässt sich nur, indem man seine Einladung, sich ihm anzuverwandeln, ausschlägt“: Während der rechte Marsch langsam und immer wieder stockend durch die Stadt zieht, positioniert sich das Staatsschauspiel klar.

© Alexander Schneider SZ

16.05 Uhr: Eine erste Festnahme

Im Rahmen des aktuell andauernden Polizeieinsatzes haben Einsatzkräfte einen Mann (68) dingfest gemacht. Ihm wird Volksverhetzung vorgeworfen. Der 68-Jährige hatte am Freitag in einem sozialen Netzwerk ein Video veröffentlicht, in dem er den Holocaust leugnete. Im Zuge der Ermittlungen des Staatschutzes ergaben sich laut Polizeimeldung Hinweise, dass der Mann am rechten Aufzug, der momentan stattfindet, teilnehmen wollte.

Einsatzkräfte machten den 68-Jährigen tatsächlich in der Versammlung ausfindig. Er befindet sich aktuell in Polizeigewahrsam. Bei dem Mann soll es sich um Alfred Schaefer handeln.

15.30 Uhr: Viele Straßen sind dicht

Der Aufmarsch der Neonazis hat sich in Bewegung gesetzt. Ein Reporter vor Ort berichtet von etwa 1.000 Teilnehmern. Alle Straßen rund um Dippoldiswalder Platz sind gesperrt. Die Straßenbahnen fahren noch. Unter Protest läuft der Demo-Zug der extremen Rechten mittlerweile durch die Innenstadt. Immer wieder gibt es erfolglose Blockadeversuche.

Immer wieder gibt es entlang der Demo-Route lautstarken Gegenprotest.
Immer wieder gibt es entlang der Demo-Route lautstarken Gegenprotest. © Sven Ellger
Ein Polizeihubschrauber kreist über Dresden
Ein Polizeihubschrauber kreist über Dresden © Sven Ellger
Bisher wurden alle Blockaden aufgelöst.
Bisher wurden alle Blockaden aufgelöst. © Sven Ellger
Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort.
Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort. © Sven Ellger

15.00 Uhr: Erste Blockaden

Der rechte Aufmarsch steht noch immer am Hauptbahnhof. Entlang der Strecke gibt es erste Blockaden, konkret auf der Reitbahnstraße. Über der Demo kreist ein Hubschrauber der Polizei. Laut einem Reporter vor Ort ist die Polizei dabei, die Blockade zu räumen. Wenig später ist die Straße wieder frei.

Polizisten versuchen, die Blockade an der Reitbahnstraße zu räumen.
Polizisten versuchen, die Blockade an der Reitbahnstraße zu räumen. © Christoph Springer

14.35 Uhr: Der Umgang mit dem "Bombenholocaust"

Immer wieder trugen die Teilnehmer der Neonazi-Demos in den letzten Jahren Spruchbänder mit der Aufschrift "Bombenholocaust". Das will die Polizei 2023 nicht durchgehen lassen, solche Spruchbänder sollen beschlagnahmt werden. Auffallend oft weisen die Versammlungsleiter der rechten Demo heute auf dieses Verbot hin, mindestens dreimal wird das Wort dabei erwähnt, die Kritik in den sozialen Netzwerken ist groß. In der Innenstadt kommt es immer wieder zu Verkehrsbehinderungen. Entlang der geplanten Demo-Route der extremen Rechten soll es zu Blockaden kommen.

13.45 Uhr: Protest konzentriert sich am Hauptbahnhof

Getrennt durch Gitter sammeln sich am Hauptbahnhof aktuell die verschiedenen Demo-Lager. Der Aufzug der Neonazis könnte über die Reitbahnstraße zum Bahnhof Mitte führen. Die Polizei trennt momentan streng.

Die neue Dresdner Ordnungsbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) ist wie angekündigt vor Ort. Von ihr wird allgemein ein härteres Vorgehen gegen Protest vom extremen rechten Rad erwartet.

Aktuell konzentriert sich der Protest auf die Flächen vor dem Hauptbahnhof.
Aktuell konzentriert sich der Protest auf die Flächen vor dem Hauptbahnhof. © Foto: Christoph Springer

12.45 Uhr: Erste Straßensperrungen

In der Dresdner Innenstadt kommt es zu ersten Straßensperrungen und Verkehrsbehinderungen. Die Polizei riegelt den Dr.-Külz-Ring in Richtung Budapester Straße ab. Entlang der Reitbahnstraße sammeln sich viele Beamte. Gitter und Absperrungen stehen bereit. Die Dresdner Verkehrsbetriebe leiten die Linien 1, 2, 6, 7, 8, 10, 12, 62, 68 um die Innenstadt.

In der Innenstadt kommt es zu ersten Straßensperrungen.
In der Innenstadt kommt es zu ersten Straßensperrungen. © SZ/Christoph Springer

Die Demonstrationen rund um den 13. Februar: So haben wir bisher berichtet.

Wie ist die Lageeinschätzung von Polizei und Stadt?

Die Polizei rechnet am Sonnabend, 11. Februar, mit fast 2.000 Demonstranten in der Innenstadt. Zwölf Anzeigen für Demonstrationen liegen dem Ordnungsamt der Stadt vor, eine davon kommt von Rechtsextremen. Deren "Dresden Gedenken" soll am Wiener Platz starten und im Zeitraum zwischen 14 und 18.30 Uhr stattfinden.

An Orten, an denen die Rechten vorbeikommen könnten, treffen sich zeitgleich dazu Gegendemonstranten. Angemeldet sind solche Treffen unter anderem am Bahnhof Neustadt, am Bahnhof Mitte, am Hauptbahnhof und rund um den Postplatz. Insgesamt mehr als 1.000 Teilnehmer erwartet die Polizei bei diesen Gegendemonstrationen, etwa 750 auf der Seite der Neonazis.

Aus Sicht der Stadt müssen sich am Samstag alle Verkehrsteilnehmer ab dem Nachmittag bis in den Abend hinein auf Sperrungen, Einschränkungen und Wartezeiten in der Altstadt einstellen. Die Polizei hat sich auf einen Großeinsatz vorbereitet und rechnet mit einer "konfrontativen Lage".

Was passiert am 12. Februar in Dresden?

Auch für den Sonntag sind Demonstrationen angemeldet. Dem Ordnungsamt liegen insgesamt zehn Anmeldungen mit einem thematisch passenden Bezug vor. Angemeldet sind bei den Demos, die sich dem Namen nach alle gegen rechte Aufmärsche im Stadtgebiet richten, bis zu 1.000 Teilnehmer. Sehr wahrscheinlich bleibt es an diesem Tag dennoch ruhig.

Laut Rita Kunert von der "Seebrücke Dresden", die seit Jahren unter anderem den Protest gegen "Pegida" und "Querdenken351" organisiert, wurden diese Termine bereits im November "geblockt". Falls es am 12. Februar rechte Aufmärsche geben sollte, hätte die Initiative damit die wichtigsten Plätze belegt.

Die Polizei kennt diese Anmeldungen und wird die Orte jeweils überprüfen, geht aber momentan nicht davon aus, dass dort tatsächlich Demonstrationen stattfinden werden.

Wann schließt sich am 13. Februar die Menschenkette?

Weiterhin zentral am 13. Februar bleibt die Menschenkette. Die Verantwortlichen der AG 13. Februar planen, dass sie unter anderem über die Wilsdruffer Straße, zum Theaterplatz, über die Augustusbrücke ans Königsufer und über die Carolabrücke zurück in die Altstadt führen soll.

Auf dem Neumarkt in Höhe des "Grünen Gewandhauses" wird eine Bühne stehen, dort sprechen Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und TU-Rektorin Professor Ursula Staudinger etwa um 17.30 Uhr. Danach soll sich die Menschenkette schließen. Geplant ist dies für kurz nach 18 Uhr, rund 10.000 Menschen könnten daran teilnehmen, sagen die Organisatoren.

Aus dem Rathaus heißt es, vor allem in den Abendstunden kann es zu kurzfristigen Straßensperrungen innerhalb des 26er-Rings sowie in angrenzenden Bereichen kommen. In der Innenstadt während der Dresdner Menschenkette ist das zwischen 18 und 18.15 Uhr kurzzeitig zu erwarten. Von etwa 20 bis 22 Uhr sind im gesamten Stadtzentrum "erhebliche Einschränkungen im Verkehrsgeschehen" möglich, drei Demonstrationen sind angezeigt.

Welche Demos sind am 13. Februar zentral?

Weil der 13. Februar in diesem Jahr ein Montag ist, sind anders als in vorangegangenen Jahren auch an diesem Tag Demos geplant. Polizeipräsident Lutz Rodig erwartet drei "Aufzüge". Er spricht von der "Montagsklientel", also den Demonstranten, die sich Organisationen wie Pegida und Querdenken351 zugehörig fühlen, und zwei Gegendemonstrationen. Beginnen sollen diese Demos gegen 20 Uhr.

Rund 750 Menschen werden an der sogenannten Montagsdemonstration teilnehmen, sagt die Polizei. Rund 1.000 werden schätzungsweise dagegen demonstrieren. Eine Demo wird aus der Neustadt kommen und parallel zur "Montagsdemonstration" ab dem Großen Garten Richtung Pirnaischer Platz und zur Wilsdruffer Straße führen, der zweite von der Technischen Universität zum Postplatz.

Wie wird am 13. Februar noch erinnert?

Der Tag beginnt mit einer Gedenkveranstaltung auf dem Nordfriedhof. Ab 9.30 Uhr wird dort unter anderem Bürgermeister Jan Donhauser (CDU) einen Kranz niederlegen. Zwischen 14 und 15 Uhr folgt die Gedenkveranstaltung auf dem Ehrenhain für die Luftkriegstoten auf dem Heidefriedhof mit Bürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke). Ab 19.30 Uhr findet in der Frauenkirche die Podiumsdiskussion "Dresden und der 13. Februar 1945 – hat das Gedenken eine Zukunft?" statt.

Im zeitlichen Zusammenhang mit der Menschenkette, die sich gegen 18.10 Uhr in der Innenstadt schließen soll, wird OB Dirk Hilbert (FDP) mit Vertretern der Partnerstädte und der Botschaften eine Kerze am Kerzenbeet vor der Frauenkirche anzünden. Zu diesem stillen Gedenken lädt die "Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche Dresden" zwischen 16 und 22 Uhr ein. Tausende Lichter sollen eine fast 20 Quadratmeter große Kerze bilden. Gegen eine Spende werden Kerzen bereitgehalten.

Der "Dresdner Gedenkweg – unterwegs zur Versöhnung" beginnt um 18.15 Uhr vor der Gedenkstele an die Zerstörung der alten Synagoge und an die Ermordung der Juden zur Zeit des Nationalsozialismus am Hasenberg gegenüber der neuen Synagoge. OB Hilbert nimmt daran teil. Das komplette Begleitprogramm zum 13. Februar steht im Internet unter 13februar.dresden.de. (mit SZ/csp/dihe/lex)