Großer Andrang bei Impf-Event in Dresden

Dresden. Auch wenn ihr Mund hinter der Maske versteckt ist - ihre Augen verraten, dass sie sich freut. Noch ein wenig ungläubig läuft Caterina Jürgens am Vormittag durch die Gänge und Zimmer des Fünf-Sterne-Hotels Taschenbergpalais Kempinski, das sie an diesem Samstag mal eben zum Impf-Zentrum umfunktioniert hat. "Advents-Impfen 2021" steht auf ihrem T-Shirt, ergänzt mit einem Tannenzweig und einer Spritze. Für ihre spontane Idee hat die Dresdner Hausärztin innerhalb weniger Tage Dutzende Unterstützer gefunden.
Kempinksi-Geschäftsführer Marten Schwass hat mehrere Hotelzimmer zur Verfügung gestellt, die Apotheke Johannstadt beteiligt sich mit Helfern von ihren vier Dresdner Standorten. Dazu kommen ein Kinderarzt und ein Chirurg sowie Helfer und weitere impfende Ärzte aus dem Herzzentrum.
Insgesamt stehen an diesem Tag 600 Biontech-Dosen zur Verfügung, die am laufenden Band von Apothekern aufgezogen werden. "Das ist dann wohl die coolste Aufzieh-Station Deutschlands", sagt Caterina Jürgens beim Blick in das Zimmer.

Nur zu Beginn des Impf-Events musste die Initiatorin kurz die Luft anhalten. Eine Reihe von Menschen wartete ohne Termin vor dem Hotel und begehrte Einlass, weil sie in der Presse gelesen hätten, man könne einfach so vorbeikommen. Tatsächlich aber waren schon seit Tagen alle Termine reserviert. Kurzzeitig drohte die Stimmung am Eingang zu kippen. Sicherheitshalber wurde die Polizei verständig. Dann konnte jedoch eine Lösung für die Beharrlichen gefunden werden. Sie sollen bitte nach dem offiziellen Ende der Aktion am Nachmittag wiederkommen.
Drinnen herrscht unterdessen entspannte Lounge-Atmosphäre. Geimpft wird unter anderem im Porzellan-Zimmer und im Porträt-Zimmer. Auf goldenen Tafeln ist zu lesen, wo gewartet werden soll und wo die Toiletten sind. Mobile Luftreiniger, made in Coswig, summen leisen vor sich hin. Der frühere Chorleiter von Caterina Jürgens untermalt das Event zeitweise mit entspannten Klaviermelodien. Mittags stellt das Carolaschlösschen für alle Helfer Ente, Rotkraut und Klöße zur Stärkung bereit.
Impfen ist das neue Ausgehen, könnte man fast sagen. Nachdem die Nachfrage nach Booster-Impfungen in den vergangenen Wochen in Dresden alle mobilen Angebote überfordert hatte, beginnt nun die Stadtgesellschaft selbst, sich aus der Krise befreien. Das selbst organisierte Impf-Event im Taschenbergpalais könnte da nur der Anfang sein.

"Ich finde es toll, dass sowas zusätzlich angeboten wird", sagt Heidemarie Maihold, die einen Termin für die Booster-Impfung ergattert hat und zur Sicherheit schon eine Stunde früher gekommen ist. Mitgebracht hat die 65-Jährige ihren Sohn Sven, der sich endlich zur Erstimpfung durchringen konnte.
Für Anneliese Galbrecht wird es mit dem Boostern höchste Zeit. Die 85-jährige Dresdnerin hat im Februar ihr letzte Spritze bekommen. Caterina Jürgens erklärt ihr unterm Kronleuchter, was sie nun beachten soll. "Den Marathon, denn Sie für morgen geplant haben, müssen Sie bitte absagen." So viel Spaß muss sein. Auch in einer Pandemie.
Die Kirchen im Freistaat beginnen unterdessen nun ebenfalls, sich an der Impfkampagne des Freistaates zu beteiligen. Für Sonntag planen die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens und das Bistum Dresden-Meißen Impfaktionen in der Frauenkirche und im Haus der Kathedrale in Dresden.

Auch andere sächsische Kirchen wurden ausgewählt. Die Termine für die rund 250 Impfdosen pro Station sind schon ausgebucht, wobei Thomas Arnold, Direktor der Katholischen Akademie in Dresden, leise Hoffnung machte, dass auch Kurzentschlossene vor Ort noch eine Chance haben könnten.
Die Aktion der Kirchen wird in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz und niedergelassenen Ärzten auf die Beine gestellt.
Seit Freitag ist auch klar, dass zum 1. Dezember das Impfzentrum in der Messe wieder eröffnen wird, nun unter dem Namen "Impfstelle". Täglich sollen hier nun wieder bis zu 1.000 Menschen gegen das Coronavirus geimpft werden können, heißt es.
Hausärztin Caterina Jürgens könnte sich dennoch vorstellen, dass in Dresden künftig mehr Impf-Aktionen auf Eigeninitiative umgesetzt werden könnten, womöglich auch organisiert von Berufskollegen. "Wir sollten jetzt keine Zeit verlieren", sagt sie. "Jede Impfung führt uns einen Schritt raus aus der aktuell dramatischen Lage."