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Dresdner Klima-Demonstrant Bläul: "Ich hab immer im Hinterkopf, dass im Stau jemand stirbt"

Dresdens bekanntester Klima-Demonstrant Christian Bläul gibt in einer Dokumentation Einblicke darüber, warum er sich auf Straßen festklebt. Die Polizei betrachtet die Bewegung "Letzte Generation" indes mit Sorge.

Von Juliane Just
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Christian Bläul ist Dresdens bekanntester Klima-Demonstrant und hat seine Hände auf unzähligen Straßen festgeklebt. Eine Dokumentation gibt Einblicke in die Hintergründe seines Protestes.
Christian Bläul ist Dresdens bekanntester Klima-Demonstrant und hat seine Hände auf unzähligen Straßen festgeklebt. Eine Dokumentation gibt Einblicke in die Hintergründe seines Protestes. © Sven Ellger

Dresden. Er ist Dresdens bekanntester Klima-Demonstrant. Unzählige Male hat er sich auf Deutschlands Straßen festgeklebt, für Staus gesorgt, war Beschimpfungen ausgesetzt, saß sogar hinter schwedischen Gittern. Ein Jahr lang wurde Christian Bläul von einem TV-Reporter von "Sachsen-Fernsehen" begleitet. Daraus entstanden ist eine Dokumentation, die Einblicke in seine Ansichten geben will. Der Film ist am Dienstagabend zu sehen und wird in Dresdens Straßenbahnen beworben.

Protagonist Bläul ist studierter Physiker, 41 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Mittlerweile hat er mit seinen Aktionen auch ohne "Sachsen-Fernsehen" einen beachtlichen Bekanntheitsgrad erreicht. Er beschreibt sich als schüchternen Menschen, der nicht gern in der Öffentlichkeit steht. Doch die derzeitige Klimakatastrophe könne er nicht ignorieren, deshalb klebe er sich auf Straßen fest. "Mit meiner Frau ist das alles besprochen, auch mit meinen Kindern", hat Bläul im Dezember einer Sächsische.de-Reporterin gesagt, die an einem Porträt über ihn arbeitete.

Die jetzige TV-Dokumentation begleitet ihn auf verschiedenen Stationen. Begonnen haben die Protest-Aktionen der Klimaschützer von "Letzte Generation" im Mai 2022 auf der Hansastraße. Damals blockierten die Mitglieder zwei Fahrspuren minutenlang. Erst später folgte die radikalere Variante, als einige Teilnehmer ihre Hände mit Sekundenkleber auf dem Asphalt festklebten. Die Folge waren lange Staus, Polizeieinsätze, Beschimpfungen von Autofahrern und Passanten und Verurteilungen.

Gefahr für Dritte nehmen Klima-Demonstranten in Kauf

Doch was Christian Bläul auch bewusst ist: Das Festkleben auf den Straßen Dresdens kann auch weitaus schlimmere Folgen haben. "Eine Sache, auf die ich im Hinterkopf immer vorbereitet bin, ist, dass in unserem Stau jemand stirbt. Das ist etwas, das wir riskieren müssen", sagt Bläul in der Dokumentation.

Der Landespolizeipräsident Jörg Kubiessa reagiert deutlich. Das weiche von seinem Rechtsverständnis ab, erwidert er in dem Film: "Das trage ich überhaupt nicht mit." Diese Art der Versammlungen bereite der Polizei Sorge, weil sie nicht abgestimmt seien und erhebliche Auswirkungen auf Dritte hätten. Die Gefahr für Dritte werde in Kauf genommen. "Gewalt ist nicht das Lösungsmittel, um Konflikte zu lösen. Das ist die Grenze", so Kubiessa.

Inzwischen gibt es zahlreiche Fotos von Christian Bläul bei den verschiedenen Protest-Aktionen der "Letzten Generation".
Inzwischen gibt es zahlreiche Fotos von Christian Bläul bei den verschiedenen Protest-Aktionen der "Letzten Generation". © xcitepress

Bläul indes saß wegen einer Klima-Aktion schon 16 Tage lang in Schweden in Untersuchungshaft. Über diese Zeit spricht er in der Dokumentation auch. "Ich habe da meine Familie ganz schön im Stich gelassen. Das war schwer zu ertragen."

"Ich kann mit Handgreiflichkeiten besser umgehen als mit Worten"

Es wird deutlich, dass es Bläul sich nicht immer einfach macht. Diskussionen mit wartenden Autofahrern etwa seien "super unangenehm", sagt er in dem Film. "Manchmal kommt es auch zu Handgreiflichkeiten. Da werde ich von der Straße gezerrt oder geschubst. Ich kann damit tatsächlich besser umgehen als mit Worten." Diese Art der physischen Auseinandersetzung müsse er jedoch aushalten, sagt Bläul.

Inzwischen habe er mit etwa 25.000 Euro an Strafen zu rechnen, so der Klima-Demonstrant. "Die Blockaden haben aber funktioniert, um eine Debatte in der Gesellschaft zu produzieren."

Die Dokumentation "Letzte Generation - Ein Jahr mit dem radikalen Klima-Kleber Christian Bläul" läuft am 7. März um 20.45 Uhr beim Sender Sachsen Eins und ist in der Online-Mediathek verfügbar.