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Dresdner übersteht Knochenkrebs - Familie bedankt sich mit Spendenaktion

Leon Creutz war zehn, als er an Krebs erkrankte. Jetzt geht es ihm besser. Nach einer Spendenaktion seiner Familie bekommt die Dresdner Uniklinik einen Roboter für kranke Kinder.

Von Christoph Pengel
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Leon Creutz mit dem Gerät, das es kranken Kinder ermöglicht, aus der Ferne am Unterricht teilzunehmen.
Leon Creutz mit dem Gerät, das es kranken Kinder ermöglicht, aus der Ferne am Unterricht teilzunehmen. © René Meinig

Dresden. Christina Creutz ist noch immer begeistert. "Krass, was da zusammen gekommen ist", sagt sie und scrollt über ihr Handy. Sie zeigt Bilder der Spendenaktion, an der ihre Familie beteiligt war. Mehrere tausend Euro wurden gesammelt, Geld- und Sachspenden gingen an Kliniken, darunter ein Roboter, der kranken Kindern in Dresden helfen soll.

Neben Christina Creutz, auf dem Sofa, sitzt ihr Sohn und tobt mit seiner Schwester Hanna. Die beiden wirken fröhlich. Nur eine Narbe an Leons linker Stirn erinnert noch an die schwere Zeit, die der Spendenaktion vorausging.

Vor zwei Jahren wachte Leon, damals zehn Jahre alt, mit einer Beule am Kopf auf. Und zwar ohne, dass er sich zuvor gestoßen hätte. Ihm war schwindlig, Kopfschmerzen plagten ihn. Seine Eltern brachten ihn zum Arzt, er musste zum MRT, und nicht lange danach kam die Diagnose: Knochenkrebs.

"Corona sei Dank"

"Das war einfach nur ein Schock", sagt Leon heute. Der 13-Jährige spielt gerne Fußball, zockt am Computer, trifft sich mit Freunden. Und er übt Wing Tsun Kung Fu, was kein Kampfsport, sondern eine Kampfkunst sei, wie er betont. All das konnte ihm der Krebs nicht nehmen. "Corona sei Dank", sagt seine Mutter.

Als Leon damals zum Arzt kam, im Frühjahr 2020, hatte die erste Corona-Welle gerade Dresden und ganz Deutschland lahmgelegt. Auch in den Kliniken war wenig los, erst in den späteren Wellen stieg die Belastung. Normalerweise muss man monatelang auf einen MRT-Termin warten. Zeit, in der sich der Krebs hätte ausbreiten können. Aber wegen des Lockdowns konnte Leon sofort in die Röhre.

Danach wurde Leon operiert. Er musste eine Chemotherapie machen. Doch schon im Herbst war der Tumor weg und das Schlimmste überstanden.

Familie Creutz hatte Glück im Unglück. Umso deutlicher stand Leon und seinen Eltern vor Augen, dass längst nicht alle Krebspatienten so glimpflich davon kommen. In den Kliniken, wo Leon behandelt wurde, hatten sie viel Leid gesehen. Nach den eigenen Strapazen und der anschließenden Erleichterung wuchs der Wunsch, etwas für andere Kinder zu tun und sich bei den Ärzten zu bedanken. "Wir wollten was zurückgeben", sagt Christina Creutz.

"Mit dieser Resonanz hätten wir nicht gerechnet"

Das war die Stunde von Erik Creutz, Leons Vater, der bei Dynamo Dresden ehrenamtlich Fan-Arbeit leistet. In der Szene kennt man ihn als den "Creutzer". Auch Leon ist Fan der Mannschaft. Im Wohnzimmer hängt ein Trikot von Ex-Torwart Kevin Broll, in einer Vitrine stehen Dynamo-Gläser, der Flur ist voller Wimpel.

Erik Creutz nutzte seine Dynamo-Kontakte, um eine Spendenaktion anzuschieben. Dabei halfen ihm vor allem Ronny Mosch und Falk Kaluzniok vom Fanclub Eastside sowie Mirco Lorenz von Dynamotrikots. Sie eröffneten ein Spendenkonto und legten einen Slogan fest: #kindernhoffnungschenken.

Von Februar bis März 2022 organisierten sie Auktionen im Internet. Auf Instagram und Ebay wurden teils spektakuläre Fanartikel versteigert: Fußballschuhe, Torwarthandschuhe, Graffiti-Bilder, ein Dynamotrikot mit der Unterschrift von Udo Lindenberg.

Von Woche zu Woche stieg das Interesse, immer mehr Menschen wollten einen Beitrag leisten. Für Christina Creutz war das eine sehr aufwühlende Zeit. "Mit dieser riesigen Resonanz hätten wir nicht gerechnet", erzählt sie. Am Ende kamen 6.400 Euro zusammen, und die Summe wäre bestimmt noch gestiegen, wenn die Aktion noch länger gedauert hätte. Doch nach einem Monat war wie geplant Schluss. "Der Aufwand wäre sonst zu groß gewesen", sagt Christina Creutz.

"Es geht nicht nur um Lernstoff"

Nur, wohin mit all dem Geld? Die Spender wollten sicherstellen, dass die 6.400 Euro dort ankommen, wo sie wirklich gebraucht werden. Deshalb legten sie sich vor allem auf Sachspenden fest. Dann fragten sie bei den Kliniken nach, was dort benötigt wird.

Die Summe wurde aufgeteilt. Eine Hälfte ging an die Fachklinik für Kinderonkologie auf Sylt, wo Leon zur Reha war. Dort gab Familie Creutz Sportartikel wie Basketbälle oder Tischtennis-Kellen ab. Die andere Hälfte ging an die Hochschulmedizin Dresden und den Verein Sonnenstrahl, dessen Mitarbeiter sich um krebskranke Kinder kümmern. Von dem Geld wurde auch der Roboter für kranke Schulkinder finanziert.

Erik Creutz (l.), seine Frau Christina Creutz und Florian Gränert von der Syltklinik. Das Haus ist spezialisiert auf krebskranke Kinder. Dort war Leon zur Reha. Zum Dank erhielt die Syltklinik Geld- und Sachspenden im Wert von 3.200 Euro.
Erik Creutz (l.), seine Frau Christina Creutz und Florian Gränert von der Syltklinik. Das Haus ist spezialisiert auf krebskranke Kinder. Dort war Leon zur Reha. Zum Dank erhielt die Syltklinik Geld- und Sachspenden im Wert von 3.200 Euro. © privat

Dieser Roboter, ein AV 1 von der Firma No Isolation, ist eine Art Avatar, der stellvertretend für einen Schüler im Klassenzimmer Platz nimmt, während der Schüler noch in der Klinik ist. Mithilfe eines Tablets kann er den Unterricht per Livestream verfolgen. Per Lautsprecher kann er mit dem Lehrer und seinen Mitschülern reden. Er kann sich melden, indem er den Avatar aufleuchten lässt. Durch Emoticons kann er sogar Gefühle ausdrücken: glücklich, traurig, neutral, verwirrt.

"Es geht nicht nur um Lernstoff", sagt Mihaela Budich, Psychologin an der Dresdner Uniklinik. Der Roboter soll Schüler von ihrer Krankheit ablenken und verhindern, dass sie sozial isoliert werden. Innerhalb eines Pilotprojekts an einem Dresdner Gymnasium habe man gute Erfahrungen mit dem AV 1 gemacht. Im nächsten Schuljahr geht das Klinikum mit drei Avataren an den Start.

Leon hat während seiner Krankheit keinen Avatar benutzt. Man wünscht ihm, dass er auch in Zukunft keinen brauchen wird. Nach der Therapie hat sich sein Körper schnell erholt. Zwar muss er regelmäßig zur Untersuchung, nimmt aber keine Medikamente mehr. Die Chance, dass er gesund bleibt, ist hoch. "Es sieht sehr, sehr gut aus", sagt seine Mutter.