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Unsichere Radwege, Brachen, zu wenige Kneipen: Was die Dresdner am meisten stört

Dresden bewirbt sich um viel Geld. Fließen soll das in die Stadtteile. Die Verwaltung hatte daher nach den größten Wünschen der Dresdner gefragt. Nun liegen die Umfrageergebnisse vor.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Zu unsicher für Radfahrer: Einer Umfrage zufolge fühlen sich Radfahrer auf dem Sachsenplatz in Dresden nicht unsicher. Immer wieder kommt es dort zu Unfällen.
Zu unsicher für Radfahrer: Einer Umfrage zufolge fühlen sich Radfahrer auf dem Sachsenplatz in Dresden nicht unsicher. Immer wieder kommt es dort zu Unfällen. © René Meinig/Archiv

Dresden. Viel Geld könnte es nächstes Jahr für Dresden geben. Die Stadt will sich um Fördermittel bewerben, um die Johannstadt, die Pirnaische Vorstadt, Löbtau, Gorbitz, Cotta und Briesnitz attraktiver zu gestalten. Es geht unter anderem um neue Rad- und Fußwege sowie mehr Bäume. Grundlage bilden Umfragen, an der sich mehr als 1.000 Dresdner beteiligt haben. Was stört die Johannstädter am meisten? Was wünschen sich die Menschen für die Lingnerallee, was für das alte TJG-Gelände in Cotta? Das sind die Ergebnisse der Umfragen.

Was wünschen sich die Einwohner am meisten?

Die meisten Menschen in den Stadtteilen leben gern dort. In Cotta, Gorbitz, Löbtau und Briesnitz haben 92 Prozent der Befragten angegeben, sich in ihrem Gebiet wohlzufühlen, in der Johannstadt und der Pirnaischen Vorstadt sind es 75 Prozent. Komplett zufrieden sind aber die wenigsten. Ganz oben auf der Wunschliste stehen sichere Rad- und Fußwege - sowohl im Dresdner Südwesten als auch in den zentrumsnahen Stadtteilen. Mehr als zwei Drittel sehen Defizite, wenn sie zu Fuß oder per Fahrrad unterwegs sind.

Auf Platz zwei weicht der Verkehr der Natur: Denn ebenfalls mehr als zwei Drittel hätte es gern grüner in seiner Wohngegend. Das heißt: mehr Bäume und mehr Grünflächen. Auch hier unterscheiden sich die Stadtteile, in denen die Umfragen durchgeführt worden, nur unwesentlich voneinander.

Gern würden die Befragten auch mehr ausgehen, ohne mit der Straßenbahn oder dem Bus zunächst in die Innenstadt fahren zu müssen. Denn mehr als die Hälfte wünscht sich mehr Cafés und Gaststätten um die Ecke.

Vergleichsweise wenig gibt es bei der Dichte an Supermärkten auszusetzen. Zwar hätten einige Teilnehmer gern mehr Lebensmittelmärkte im Viertel, diesem Wunsch schlossen sich allerdings nur 16 Prozent (westliche Stadtteile) bzw. 15 Prozent (Johannstadt/Pirnaische Vorstadt) an. Auch attraktive Innenhöfe und mehr Dienstleistungsangebote stehen nicht gerade weit oben auf der Wunschliste.

Welche Vorschläge haben die Dresdner für die Lingnerallee und den Sachsenplatz?

Die Stadtverwaltung hat nicht nur allgemein zur Zufriedenheit in den Stadtteilen gefragt, sondern auch konkrete Straßen und Plätze angesprochen, die Lingnerallee zum Beispiel, die das Zentrum mit dem Großen Garten verbindet. Das Hygienemuseum, die Robotron-Kantine und ein Teil des Blüherparks liegen am Weg. Bekannt ist die Meile für ihren freitäglichen Wochenmarkt.

Fehlende Sitzmöglichkeiten und eine schlechte Aufenthaltsqualität an der Lingnerallee empfinden die Befragten als besonders störend. Auch die ungenutzten Freiflächen schätzen viele als nicht schön ein. Dasselbe gilt für den Zustand der Straßen und Gehwege.

Auf die Frage, was den Bewohnern am meisten fehlt, wie also zum Beispiel die Aufenthaltsqualität verbessert werden könnte, schlugen die meisten einen oder mehrere Brunnen vor, gefolgt von mehr Bäumen, Wiesen oder grünen Fassaden. Letzteres dürfte vor allem für die neue Lingnerstadt eine Rolle spielen, denn aktuell gibt es an der Lingnerallee nur wenig Bebauung. Auch Orte zum gemeinsamen Verweilen wie Bouleflächen sowie Kinder-Spielgeräte fehlen mindestens einem Drittel der Befragten.

Die Teilnehmer mussten nicht unbedingt nur vorgegebene Antworten ankreuzen, sondern konnten auch eigene Beobachtungen einbringen. "Die offenen Antworten waren sehr unterschiedlich", so die Stadt. "Am häufigsten nannten die Befragten städtebauliche Missstände im Umfeld der Lingnerallee und forderten, diese zu beheben."

Auch zum Sachsenplatz wollte es das Rathaus genauer wissen. Er liegt auf der Altstädter Seite der Albertbrücke und ist die Heimat des Amts- und Landgerichts, aber auch der Sparkasse. Als besonders störend empfinden die Befragten hier den Verkehrslärm. Kein Wunder: Laut der letzten Verkehrszählung sind zwischen Albertbrücke und Sachsenallee täglich fast 17.000 Fahrzeuge unterwegs. Auf Platz zwei folgen fehlende Sitzmöglichkeiten und die Aufenthaltsqualität.

Der dritthäufigste Kritikpunkt ist die unzureichende Verkehrssicherheit für Radfahrer. Tatsächlich ereigneten sich auf dem Sachsenplatz 2021 insgesamt zehn Unfälle. In sieben davon stießen Radfahrer und Autos zusammen. Kleine Läden, Einkehrmöglichkeiten bzw. Kioske werden sich hier am meisten gewünscht. Auch ein barrierefreier Zugang zum Elberadweg steht weit oben auf dem Wunschzettel.

Gibt es auch Wünsche zum alten Theater Junge Generation in Cotta oder zur Wölfnitzer Gleisschleife?

Ja. Im Dresdner Westen hat die Stadt auch nach der Zufriedenheit mit dem Umfeld des alten TJG-Areals gefragt. Von den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten wurden am häufigsten die Fuß- und Radwegverbindungen zum Elberadweg genannt, gefolgt vom Wunsch nach der Gestaltung der Fläche mit Pflanzen und Bäumen sowie der Schaffung von Erholungsflächen.

Auch das Thema Verkehr spielt in diesem Fall eine Rolle. Immerhin 42 Prozent der Befragten wünschen sich eine Möglichkeit, die viel befahrene B6 sicher überqueren zu können.

In Wölfnitz, an der Grenze zu Gorbitz, steht die Wölfnitzer Gleisschleife im Fokus. Etwa zwei Drittel der Befragten wünschen sich mehr Grün- und Wegeverbindungen entlang des Gorbitzbaches. Auch sind die Nutzung und die Aufenthaltsqualität der Haltestelle sowie die Verbesserung des Sicherheitsempfindens häufig genannte Wünsche.

Wird die Stadt die Wünsche erfüllen können?

Die Landeshauptstadt möchte ausgewählte Stadtteile mithilfe von EU-Fördermitteln weiterentwickeln. Dabei geht es vor allem um die Gestaltung öffentlicher Räume, die Verbesserung der Infrastruktur, die Belebung der lokalen Wirtschaft sowie die Weiterentwicklung sozialer und kultureller Angebote.

Für Altgruna, Briesnitz, Cotta, Gorbitz und Löbtau sowie die Johannstadt und die Pirnaische Vorstadt sind bis Juni schon Förderkonzepte erarbeitet worden. Der Stadtrat hat diesen im September zugestimmt. Damit kann Dresden nun die Aufnahme in das Programm "Nachhaltige integrierte Stadtentwicklung" beantragen. Voraussichtlich Anfang 2023 soll die Entscheidung fallen, ob die Stadt berücksichtigt wird. Sollte es eine Zusage geben, könnten die ersten Projekte - auch anhand der Umfrageergebnisse - im Laufe des nächsten Jahres starten.

In Wölfnitz ist etwa die Offenlegung des Gorbitzbaches vorgesehen. In Cotta will die Stadt das Volkshaus und das Umfeld der 12. Grundschule attraktiver gestalten. In Altgruna soll der Boulevardbereich um den Findlingsbrunnen bis zum Rothermundtpark in Zukunft mehr Qualität bieten.