Dresden
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Militärparaden in Dresden - "Machtvolle Feldparade unserer Überlegenheit"

Große Militärparaden sind aus der Mode gekommen. Doch auch in Dresden wurde einst gern und oft marschiert und militärische Macht gezeigt.

Von Ralf Hübner
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Panzer vor der Ehrentribüne an der Ernst-Thälmann-Straße (jetzt Wilsdruffer Straße) am 15.September 1963. Soldaten aus der Sowjetunion, aus Polen, der CSSR und der DDR demonstrierten gemeinsam in Dresden Stärke.
Panzer vor der Ehrentribüne an der Ernst-Thälmann-Straße (jetzt Wilsdruffer Straße) am 15.September 1963. Soldaten aus der Sowjetunion, aus Polen, der CSSR und der DDR demonstrierten gemeinsam in Dresden Stärke. © SZ/Werner Mohn

Dresden. Beförderungsappelle auf dem Theaterplatz sind derzeit das Maximale. Die Bundeswehr war lange in der Öffentlichkeit nahezu unsichtbar. Doch seit dem Krieg in der Ukraine hat die Truppe an Beachtung gewonnen. Vor sechzig Jahren ging vom 9. bis zum 14. September 1963 im Südosten der DDR die Militärübung "Quartett" mit 41.000 Soldaten der Warschauer Vertragsstaaten DDR, Sowjetunion, Polen und der Tschechoslowakei über die Bühne. Es war die erste Großübung der vier Armeen auf DDR-Gebiet. Am 15. September, einem Sonntag, folgte zum Abschluss in Dresden eine große Feldparade.

"Machtvolle Feldparade unserer Überlegenheit", überschrieb die Sächsische Zeitung das Schauspiel. "Tausende und aber Tausende Einwohner der Elbestadt und des Bezirkes säumten dicht gedrängt das Stadtzentrum." Gegen 10 Uhr betraten der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht mit Sowjetmarschall Andrej Gretschko und weiteren Generälen, Offizieren und Offiziellen die Ehrentribüne. Nachdem die zehn Glockenschläge über den Altmarkt gehallt waren, fuhr der Kommandierende General vor, machte seine Meldung, ein Musikkorps intonierte die Hymnen der vier an der Übung beteiligten Länder.

Als erstes paradierten NVA-Fallschirmjäger an der Tribüne vorbei, gefolgt von polnischen Einheiten, modernen Schützenpanzerwagen und Artillerie-Einheiten mit Haubitzen. Dann rollten dröhnend Panzereinheiten in Doppelreihe über die damalige Ernst-Thälmann-Straße. "Es sind Panzer vom Typ T-54. Dieser mittlere Kampfpanzer besitzt Eigenschaften, durch die er allen NATO-Panzer-Typen weit überlegen ist", hieß es dazu vollmundig im Zeitungsbericht. Die Verbände der "ruhmreichen Sowjetarmee", wie es hieß, wurden angeführt von einem motorisierten Schützenbataillon mit gepanzerten vierachsigen allradgetriebenen und schwimmfähigen Kampffahrzeugen.

Pferde wurden bewundert

Tschechoslowakische Soldaten fuhren auf Mannschaftswagen vorbei. "Diese Feldparade ist ein imponierendes Bild der Kraft, Stärke und Disziplin unserer sozialistischen Armeen", schrieb die Zeitung. Sie berichtete von Gesprächen deutscher und sowjetischer Soldaten sowie von FDJlern und Jungen Pionieren, die Geschenke brachten und Andenken tauschten.

23 Jahre zuvor hatten die Dresdner Nachrichten vom "Stolzen Ehrentag einer siegreichen Division" geschrieben. Mit einer Parade im Stadtzentrum wurden am 9. August 1940 die im Krieg gegen Frankreich siegreichen Soldaten gefeiert. "Dresden huldigt den einziehenden Truppen", hieß es. Mit unbeschreiblichem Jubel und Begeisterung habe Dresden den Truppen den Dank der Heimat abgestattet. Am Wiener Platz sei kein Durchkommen mehr gewesen. Kurz vor 10 Uhr hatten sich dort die Truppen aufgestellt. Die Gewehre wurden präsentiert, General Erich Wöllwarth und Nazi-Gauleiter Martin Mutschmann schritten die Front ab.

Die große Parade ging allerdings auch in diesem Fall auf der Wilsdruffer Straße und dem Altmarkt über die Bühne, wo eine riesige Tribüne aufgebaut war. Mit wehenden Fahnen paradierten Truppen vorbei. Es folgten Infanterie-Fahrzeuge mit Maschinengewehren, leichten und schweren Infanteriegeschützen. Aus Fenstern wurden Blumen geworfen. Kavallerie marschierte vorbei. Immer wieder wurden die Pferde bewundert. Dann folgte die Artillerie mit langen Geschützrohren, gefolgt ihrerseits von Panzerabwehrkanonen. Die Nachrichten sprachen von einem unvergesslichen Tag.

Doch Paraden hatte es in Dresden schon vor dem Ersten Weltkrieg gegeben. "Des Kaisers wegen fand jedes Jahr ein Kaisermanöver statt, und dem König zuliebe, anlässlich seines Geburtstags eine Königsparade", schrieb der Dresdner Schriftsteller Erich Kästner. "Die Uniformen der Grenadiere und Schützen, vor allem aber der Kavallerieregimenter waren herrlich bunt. Und wenn auf dem Alaunplatz die Gardereiter mit ihren Kürassierhelmen, die Großenhainer und Bautzner Husaren mit verschnürter Attika und brauner Pelzmütze die Oschatzer und Rochlitzer Ulanen mit Ulanka und Tschapka und die Reitenden Jäger, allesamt hoch zu Ross, mit gezogenem Säbel und erhobener Lanze an der königlichen Tribüne vorüber trabten, dann war die Begeisterung groß." Diese Paraden seien die prächtigsten und teuersten Revuen und Operetten gewesen, die er in seinem Leben je gesehen habe, schrieb Kästner.

Die Dresdner Garnison stand in Reih und Glied, berichteten auch die Dresdner Nachrichten. "Ein ganzes Feld, glitzernd in Stahl und Gala", schwärmte das Blatt von der Königsparade am 25. Mai 1913. "Die Wucht der Rüstung milderte und verschönte die Zier der Paradeuniform. Im hellen Weiß leuchteten die Beinkleider der Fußtruppen, die schwarzen, weißen oder roten Federbüsche wehten im frischen Wind und die silbernen Löwen auf den Helmen der Gardereiter sandten Blitze über das Feld zur Tribüne herüber, die von einer festlich gestimmten Menge gefüllt war." Vier Minuten vor ein Uhr sei das Kommando „Das Gewehr über“ erschollen. Dann "Achtung! Präsentieren!" Das alles seien Augenblicke des schönsten Patriotismus gewesen. "Das Auge sieht in dem König, der da drüben auf einem Stattlichen Braunen, mit dem Marschallstab jeder neuen Truppe grüßend." Ein Jahr später war die Zeit der operettenhaften Paraden zu Ende.