Dresden. Ganz ruhig sitzen sie im Kofferraum. In Dresden-Kaditz brach am Samstag ein besonderer Moment für sechs Jungschwäne an. Ende Juli verloren sie ihre Eltern, als ein Hund diese auf dem Ullersdorfer Goldplatz totbiss. Seither wohnten sie in der Wildvogelauffangstation und wurden dort von Menschen großgezogen.
Es war der 29. Juli, als ein Spieler die Eltern tot auf der Golfplatzanlage fand. Sie waren von Bisswunden übersät und sind wahrscheinlich einem frei laufenden Hund zum Opfer gefallen. Eigentlich müssten Hunde auf dem Privatgelände angeleint werden, doch daran halten sich nicht viele. Bis heute konnte der Hundebesitzer laut Sächsische.de-Information nicht gefunden werden.
Mehrere Helfer fingen die sechs Waisen ein und brachten sie in die Wildvogelauffangstation in Dresden-Kaditz. Dort wurden sie aufgepäppelt - doch das war gar nicht so einfach. "Die Bindung von Eltern und Jungtieren ist bei Schwänen sehr eng. In den ersten fünf Tagen haben die Jungschwäne gar nichts gefressen", sagt Ronja Fulsche. Sie ist Leiterin der Wildvogelauffangstation und Expertin, wenn es darum geht, gestrandete Vögel aller Art zu retten.
Dresdner Schwäne wurden aufgepäppelt
Irgendwann gelang es, die Schwäne zum Fressen zu bewegen. "Dann haben sie gefressen wie Scheunendrescher", sagt Ronja Fulsche. 25 Kilogramm Wassergeflügelfutter haben die sechs Geschwister von da an wöchentlich vertilgt. Von drei bis vier Kilogramm, die sie bei ihrer Ankunft wogen, konnte das Gewicht über drei Monate verdoppelt werden.
Nach der liebevollen Pflege wurde es am Samstag nun Zeit, die Tiere in die Freiheit zu entlassen. Für die sechs Helfer hieß es dann: Zupacken. Denn die letzten Meter von der Straße in Höhe der Stadtentwässerung Dresden bis zur Elbe hinunter mussten die Tiere getragen werden. So hielt jeder der sechs Helfer einen der Schwäne. Diese waren an den Füßen mit Klettverschlüssen fixiert und ließen sich das menschliche "Taxi" mit Fiep-Lauten gefallen.
Schwäne flattern vom Ufer der Elbe los
Am Ufer angekommen, wurden die Fixierungen an den Beinen der Tiere abgenommen. Die Helfer hockten sich mit je einem Tier ans Ufer, während die Schwäne die Hälse in Richtung des Wassers reckten. Im selben Moment ließen die Helfer die Tiere los, die sich flügelschlagend in die ihnen bisher unbekannte Elbe begaben.
"Flugversuche gab es bisher nicht. Aber Schwäne sind keine Flugvögel. Sie werden fliegen lernen, wenn sie es brauchen", sagt Thomas Eißer. Er ist der Dresdner "Schwanenvater" und kümmert sich im Bezirk Dresden um die Tiere. Auch dass es sich am Ufer der Elbe leichter schwimmen lässt als in der starken Strömung in der Mitte des Flusses, müssen die Schwäne nun selbst lernen.
Nun werden sich die Jungtiere seinen Erfahrungen nach erst einmal auf Reisen begeben. "Wenn sie zurückkehren, lassen sich Schwäne normalerweise in der Nähe ihres Brutortes nieder", sagt Eißer. Es könnte also sein, dass die sechs Geschwister also irgendwann wieder in der Nähe des Ullersdorfers Golfplatz auftauchen und sich niederlassen. "Sollten sie eine Frau kennenlernen, könnte sich der Plan aber ändern", sagt er und schmunzelt.