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Dresdner Parkeisenbahn: „Hier braucht man Fingerspitzengefühl“

Ab heute fährt die beliebte Kleinbahn wieder durch den Großen Garten - später als üblich. Es wird eine Saison zwischen kindlicher Freude und alten Ängsten.

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„Die besten Gäste sind die, die sich einfach freuen“: Der zwölfjährige Anton Wagner
am Sonntag bei der Eröffnung der Parkeisenbahn im
Großen Garten.
„Die besten Gäste sind die, die sich einfach freuen“: Der zwölfjährige Anton Wagner am Sonntag bei der Eröffnung der Parkeisenbahn im Großen Garten. © Christian Juppe

Dresden. Weißer Rauch steigt hinauf. Eine Trillerpfeife ertönt. Langsam tuckert die Dampflok los. An diesem Sonntag beginnt die Saison für die Dresdner Parkeisenbahn im Großen Garten. In dem schwarzen Kessel glüht die Kohle, um die hundert Fahrgäste zu transportieren. Lokführer Daniel Henke blickt konzentriert auf die Zeiger am Armaturenbrett.

Seit fünf Uhr morgens heizt er die grüne Parkeisenlok ein. „Sie braucht mindestens sechs Stunden um auf 200 Grad Celsius warmzulaufen.“ Der Lokführer ist Experte, seit 1983 arbeitet er bei der Parkeisenbahn. Was als Hobby zu DDR-Zeiten begann, hat sich zum Lebensunterhalt entwickelt. Eine große Eisenbahn wollte er nie für längere Zeit fahren: „Hier braucht man mehr Fingerspitzengefühl.“

Spurweite 381 Millimeter, Baujahr 1925, Geschwindigkeit: 30 Km/h

Daniel Henke ist Lokomotivführer bei der Parkeisenbahn Dresden.
Daniel Henke ist Lokomotivführer bei der Parkeisenbahn Dresden. © Christian Juppe

Einen Unfall hatte der 47-Jährige noch nie auf der sechs Kilometer langen Strecke. „Nur manchmal wird es brenzlig, wenn an den Bahnübergängen die Radfahrer nicht schauen. Wir haben einen Bremsweg von bis zu 50 Metern.“ Um ihn herum hüpfen aufgeregte Kinder. Darunter der 12-jährige Anton Wagner.

Der Junge in dunkelblauer Eisenbahnuniform arbeitet hier seit zwei Jahren ehrenamtlich. Und er liebt Eisenbahnen. Zum Saisonstart sitzt er als Schaffner ganz hinten im Waggon. Er beobachtet die Fahrgäste genau. „Die besten Gäste sind die, die leise sind, sich an die Regeln halten und sich einfach freuen.“

Hobby: Parkeisenbahner

Über 250.000 Menschen besuchen jährlich die Parkeisenbahn, so war es zumindest Corona. Durch die Lockdowns verzeichnete sie fast 70.000 Besucher weniger. Das sorgte für Umsatzeinbußen. Auch zum Saisonstart bleibt der Betrieb eingeschränkt, die Öffnungszeiten haben sich verkürzt. Nicht etwa wegen Corona, sondern wegen des fehlenden Personals. Dabei hat die Eisenbahn genug Freiwillige: über 200 Ehrenamtliche unterstützen den Betrieb. Viele davon sind zwischen 9 und 18 Jahre alt.

Die Jüngsten von ihnen werden heute in die Saison eingeweiht, nachdem sie seit Herbst freiwillig eine Ausbildung besucht haben. „Wir sind schon früher viel Bahn gefahren, und ich glaube, deshalb wollte mein Sohn hierher“, sagt Familienvater Joachim Krüger, Sohn Oscar wird ab heute jeden Freitag nach der Schule die Parkeisenbahn begleiten.


Der zweijährige Richard ist schon jetzt begeisterter Zugbegleiter
Der zweijährige Richard ist schon jetzt begeisterter Zugbegleiter © Christian Juppe
30 Minuten dauert eine Fahrt mit der Parkeisenbahn.
30 Minuten dauert eine Fahrt mit der Parkeisenbahn. © Christian Juppe
Am 10. April wurde die Saison für die Dresdner Parkeisenbahn eröfnet. Sie fährt jedes Wochenende bis zu den Herbstferien.
Am 10. April wurde die Saison für die Dresdner Parkeisenbahn eröfnet. Sie fährt jedes Wochenende bis zu den Herbstferien. © Christian Juppe
Der 20-jährige Jonas Pudeck hat das Hobby zum Beruf gemacht. Seit 11 Jahren ist er bei der Parkeisenbahn, jetzt macht er eine Ausbildung den den Dresdner Verkehrsbetrieben.
Der 20-jährige Jonas Pudeck hat das Hobby zum Beruf gemacht. Seit 11 Jahren ist er bei der Parkeisenbahn, jetzt macht er eine Ausbildung den den Dresdner Verkehrsbetrieben. © Christian Juppe

Dabei war der Familienvater zunächst etwas abgeschreckt, Ende 2016 war ein Missbrauchsfall bei der Parkeisenbahn bekannt geworden. Ein 38-Jähriger hatte sich über mehrere Jahre an einem damals 17-jährigen Jungen vergangen. Danach gab sich die Parkeisenbahn ein neues Kinderschutzkonzept. Doch im Jahr 2020 wurden weitere Grenzverletzungen öffentlich. Seitdem wird die Kooperation zwischen dem Schlösserland Sachsen, die den Fahrbetrieb verwaltet und dem Förderverein, der traditionell Feste und Ausflüge für die jungen Parkeisenbahner organisiert, überarbeitet.

Seit 2019 hat der Betrieb eine Sozialpädagogin eingestellt. Für Familienvater Krüger könnte es trotzdem etwas schneller gehen mit der Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe. Sonst sei er aber sehr zufrieden mit der Jugendarbeit der Parkeisenbahn.

Lokführer Daniel Henkel rollt derweil mit dem Zug durch den Bahnhof Karcherallee, es ist seine Lieblingsstelle. „Hier geht es steil hinauf.“ Findet er. Sein größter Wunsch für Zukunft ist: "Dass wir die Ausbildung weiter für Kinder anbieten können. Hier kommen auch viele Sozialschwache her."

Die Parkeisenbahn fährt Mittwoch bis Freitag von 13 bis 18 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen ab 10 Uhr. Die Fahrsaison geht bis zum Ende der sächsischen Herbstferien.