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Prozess um totes Baby in Dresden-Prohlis: Mutter muss ins Gefängnis

Eine 39-jährige Dresdnerin hat ihr Kind nach der Geburt bewusst in Prohlis in einem Gebüsch ausgesetzt und sterben lassen. Das urteilt das Schwurgericht.

Von Alexander Schneider
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Eine Dresdnerin hat im Dezember 2019 ihr Neugeborenes in einem Gebüsch im Stadtteil Prohlis abgelegt. Dafür muss sie nun ins Gefängnis.
Eine Dresdnerin hat im Dezember 2019 ihr Neugeborenes in einem Gebüsch im Stadtteil Prohlis abgelegt. Dafür muss sie nun ins Gefängnis. © Symbolfoto: Sven Ellger

Dresden. Es ist schwer nachzuvollziehen, warum eine Mutter ihr Baby sterben lässt, wenn sie Hilfe bekommt und genau weiß, wie sie sich in ihrer Situation auch anders hätte verhalten können. In den Jahren 2015 bis 2017 hat die heute 39-Jährige drei Babys, die sie mehr oder weniger ohne fremde Hilfe zur Welt gebracht hatte, in die Neustädter Babyklappe gelegt.

Am Freitag endete nun der Prozess gegen die sechsfache Mutter. Am 19. Dezember 2019 hatte sie ihr Baby nicht zur Babyklappe gebracht, sondern in einer Tasche und nur wenig bekleidet in Hecken vor einer Schallschutzmauer an der Gleisschleife in Prohlis versteckt. Von dort ging sie an jenem Morgen zur Arbeit, sie jobbte auf dem Weihnachtsmarkt im Kaufpark Nickern.

Dort erlitt die Angeklagte Blutungen, kam in die Uniklinik, wo Ärzte bei der Notoperation feststellten, dass sie frisch entbunden hatte. Doch das Amy genannte Mädchen hatte keine Chance. Es wurde erst nachts gefunden, nachdem die Angeklagte erst spät das Versteck genannt hatte.

Baby wurde lebend geboren

Die 39-Jährige wurde am Landgericht Dresden wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Das Schwurgericht ist überzeugt, dass sie ihr Baby bewusst ausgesetzt, also getötet hat, auch wenn sie zuvor überlegte, auch dieses Mädchen zur Babyklappe zu bringen.

"Das Kind wurde tatsächlich lebend geboren", sagte der Vorsitzende Richter Herbert Pröls. Nachdem die Frau das Baby am Morgen im Trockenraum des Kellers ihres Wohnhauses entbunden hatte, habe sie sich bewusst entschieden, es auszusetzen.

Im Haushalt der Angeklagten leben drei Kinder. Die Frau hat seit Jahren ein Drogenproblem, mehrfach entband sie Kinder mit Drogenvergiftungserscheinungen. Zurzeit macht sie eine mehrmonatige Therapie. Im Prozess sagte die Angeklagte, dass sie seit 2016 rund ein bis zwei Gramm Crystal täglich nehme. Diese Menge nahm ihr der Richter jedoch nicht ab, nicht allein aus finanziellen Erwägungen heraus.

Totes Baby hielt ein Laubblatt in der Hand

Für den Säugling kam indes jede Hilfe zu spät. Amy starb an Unterkühlung, einer Drogenvergiftung und Erschöpfung. Das ist das Ergebnis des Rechtsmediziners. Das Schwurgericht geht von einem minderschweren Fall aus. Dafür spreche unter anderem die Crystal-Sucht, die Belastung während und nach der Geburt und die familiäre Situation.

Die Staatsanwaltschaft hatte auf fünf Jahre und drei Monate Haft plädiert. Staatsanwalt Till von Borries sagte, Amy habe ein Laubblatt in der Hand gehabt, als sie gefunden worden sei. Das deute auf ihren Greifreflex hin. Kurz: Auch das ein Zeichen dafür, dass das Baby noch gelebt habe, als es dort versteckt ausgesetzt wurde. Verteidigerin Daniella Prescher forderte eine bewährungsfähige Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.