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Campervans made in Dresden erobern die Welt

Der ehemalige Hotelurlauber Stephan Wenke hat das mobile und autarke Reisen für sich entdeckt. Jetzt verhilft der Dresdner Gleichgesinnten zu rollenden Räumen.

Von Nadja Laske
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Stephan Wenke hat seinen festen Job in leitender Position aufgegeben, um mit seiner Firma Element Camper die Reiselust auf vier Räder zu stellen.
Stephan Wenke hat seinen festen Job in leitender Position aufgegeben, um mit seiner Firma Element Camper die Reiselust auf vier Räder zu stellen. © Sven Ellger

Dresden. Kalte Luft in der Messehalle. Hier und da schrauben Aussteller an ihren Ständen. Stephan Wenke zieht sich den Parka über und wird im Erzählen langsam warm. Zwei seiner Wohnmobile stehen bereits parat. Zwei weitere sind auf dem Weg vom Firmensitz in Dresden-Stetzsch zum Ostragehege. Als sich der 35-Jährige vor zwei Jahren schon einmal auf der Reisemesse vorstellte, hatte er einen winzigen Ausstellungsplatz. Dorthin passte gerade mal er selbst zusammen mit seinem allerersten eigenen Camper.

Den hatte er in Berlin gekauft und nach seinen Vorstellungen ausgebaut. Da lagen bereits einige Reisekilometer weit Erfahrung hinter ihm. "Anfangs haben meine Frau und ich uns Mobile ausgeliehen, zum ersten Mal 2017 für unsere Hochzeitsreise durch Frankreich", erzählt Stephan Wenke, "Das war grandios!" Bis dahin sei er eher als Hotel- und Pensionsgast unterwegs gewesen. Die Freiheit, so selbstbestimmt von A nach B zu kommen, viel mehr von Land und Leuten zu sehen, der Natur näher als sonst zu sein, das begeisterte ihn.

Flexibel und kompakt: Der MAN TGE 3.180 bietet vier Personen Platz zum Schlafen. Seinen Strom produzieren Solarpaneels auf dem Dachzelt.
Flexibel und kompakt: Der MAN TGE 3.180 bietet vier Personen Platz zum Schlafen. Seinen Strom produzieren Solarpaneels auf dem Dachzelt. © Sven Ellger

Schließlich kaufte er besagten ersten Kleinbus und verbesserte an seiner Ausstattung alles, was ihn bisher an Fahrzeugen dieser Art gestört hatte. Lösungen für Probleme und Wünsche zu finden und sie zu realisieren, das gehört zu seinem Beruf als Sondermaschinenbauer. Bei weitem nicht die größte und auch nicht die schwierigste Herausforderung dabei war die Geräuschkulisse beim Fahren: "Ich bin empfindlich, wenn etwas klappert", sagt er. "Für meinen Geschmack darf man die Möbel unterwegs nicht hören."

Ein Jahr später baute Stephan Wenke seinen ersten Campervan komplett selbst aus, was ihm auch den allerersten Kundenauftrag einbrachte. Da hatte er sich bereits entschieden und als Alleinkämpfer selbstständig gemacht. Einen festen Job in leitender Position aufzugeben und ein solches Risiko als Gründer einzugehen, wirkte mutig, für ihn aber folgerichtig: "Unser Sohn war geboren, das Leben änderte sich von Grund auf, und ich habe die Euphorie des Neuanfangs beruflich genutzt."

Inzwischen ist Stephan Wenke Chef eines vierköpfigen Teams und bespielt eine imposante Ausstellungsfläche in Halle 1. Zwar hatte die Pandemie gerade das Reisen extrem hart getroffen. Doch viele Menschen suchten nach Möglichkeiten, separat, autark und unabhängig von touristischen Corona-Regeln aus der Enge der Stadt ins Grüne auszuweichen. So erreichten das junge Unternehmen rasch zahlreiche Anfragen, und das größte Problem bestand darin, Fahrzeuge und Materialien zu ordern.

Wohnmobil nach den eigenen Vorstellungen

Für Stephan Wenke hat sich mit seinem beruflichen Herzensprojekt eine riesige neue Welt eröffnet. Nicht allein, dass der Tüftler immer wieder neu Ideen umsetzen kann, um seinen Kunden Träume zu erfüllen. "Ich komme mit ganz vielen verschiedenen Menschen zusammen und erhalte in den langen Planungsgesprächen immer auch einen gewissen Einblick in ihr Persönliches."

Außerdem trifft er auf Gleichgesinnte, die genau das fasziniert, was ihn dahin gebracht hat, wo er nun ist: Dieser Drang, Neues zu wagen, ausgetretene Pfade zu verlassen und in der Ferne Aufregendes zu erleben - ganz gleich, ob sich ein Gastronom, ein Sportler, ein Professor oder eine Intensivschwester ihren Traum von der großen Freiheit erfüllt.

Sie alle eint zudem eine andere Vorstellung als die vom "großen, weißen Wohnmobil auf asphaltierter Campingplatz-Parzelle", wie Stephan Wenke es nennt. "Das sind wir nicht!" Seine Camper konzipiert er kompakt, puristisch, trotzdem bequem und extrem praktisch.

Dabei lässt er sich von Kundenwünschen, aber auch von seinen eigenen Erfahrungen und Ansprüchen leiten: "Ich lege zum Beispiel großen Wert auf ein bequemes Bett." Auch Toilette und Dusche sollen komfortabel und die Energiequelle sicher und langlebig sein. "Am liebsten stehen wir in der Natur und nicht auf Campingplätzen." Da sei es wichtig, genug Strom zu haben.

Stephan Wenke legt Wert auf bequeme Betten und will nicht nur im Schlaf, sondern auch beim Fahren seine Ruhe haben.
Stephan Wenke legt Wert auf bequeme Betten und will nicht nur im Schlaf, sondern auch beim Fahren seine Ruhe haben. © Sven Ellger

Camper mit Strom vom Solardach

Den produzieren im Fall des MAN, mit dem er unter anderen seine Firma auf der Messe präsentiert, Solarpaneels auf dem Dach des Dachzeltes. Die versorgen die Reisenden ständig mit Strom. Im Camper können vier Personen reisen. So wie er dort steht, kostet er rund 95.000 Euro, und "wenn man heute so etwas bei uns bestellt, sind die Chancen gut, dass er noch in diesem Jahr ausgeliefert wird."

Erfahrungsgemäß legen Stephan Wenkes Kunden nicht nur Wert auf Individualität und Regionalität, sondern zunehmend auf Nachhaltigkeit. "Wir verwenden Pappelsperrholz. Das ist leicht und stabil", erklärt er. Soweit möglich, kommen natürliche Materialien zum Einsatz.

Wer sich über solche Dinge Gedanken macht, den hat die Reiselust schon lange gepackt - ein Trend, den auch andere Anbieter der Tourismusbranche deutlich verzeichnen. "Wir haben gute Hoffnung auf ein Reiseverhalten wie es vor Corona üblich war", sagt Axel Schmidt, Geschäftsführer von SZ-Reisen. Auch die längerfristige Planung der Kunden pendle sich wieder ein.

Das kann Frank Schulz, Inhaber der Firma schulz aktiv reisen, nur bestätigen. Dass Leute freitags anrufen, um sich am Samstag einer Reisegruppe nach Peru anzuschließen, sei nicht unüblich gewesen. Nun haben die Weltenbummler wieder mehr Vertrauen und buchen deutlich früher.

Wer mit dem eigenen Campervan unterwegs sein will, braucht ohnehin mehr Vorlauf. Die Wartezeiten sind lang. Doch gemessen an dem, was Stephan Wenkes Werke in Sachen Fernweh versprechen, lohnt die Geduld. Dann wartet die Weite auf den rollenden Reisenden, ganz nach dem Credo "Gebaut in Dresden - Gemacht für die Welt."