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Dresdner Schulleiter: "Schulangst ist ein sehr großes Problem"

Schulangst, Mobbing, Notendruck: Die Schulsozialarbeiterinnen an der 64. Oberschule in Dresden sprechen mit Kindern über deren Sorgen. Doch längst nicht an allen Schulen können diese Unterstützung leisten. Dresden will das ändern.

Von Julia Vollmer
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Die Schulsozialarbeiterinnen Regina Zwahr (links) und Claudia Hergt beraten Schüler an der 64. Oberschule im Dresdner Stadtteil Laubegast. Ein großes Problem sei etwa Schulangst, sagt Schulleiter Daniel Funk.
Die Schulsozialarbeiterinnen Regina Zwahr (links) und Claudia Hergt beraten Schüler an der 64. Oberschule im Dresdner Stadtteil Laubegast. Ein großes Problem sei etwa Schulangst, sagt Schulleiter Daniel Funk. © Christian Juppe

Dresden. Ärger mit den Eltern, Mobbing in der Klasse, zu viel Druck durch Klassenarbeiten: Es gibt Probleme, bei denen sich Kinder und Jugendliche nicht trauen, sie mit Freunden oder Eltern zu besprechen. Die Schüler der 64. Oberschule in Laubegast haben Glück und können sich an die zwei Schulsozialarbeiterinnen Regina Zwahr und Claudia Hergt wenden. Doch längst nicht alle Dresdner Schulen haben dieses Angebot.

Mit welchen Themen kommen die Schüler zu den Sozialarbeiterinnen?

"Wir arbeiten mit den Kindern in Einzel- oder Gruppenarbeit", erzählt Regina Zwahr, die zusammen mit ihrer Kollegin von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) kommt. "Große Themen für die Kinder und Jugendlichen sind aktuell die Sorgen um den Schulstoff, aber auch noch immer die Auswirkungen von Corona und der fehlenden sozialen Kompetenz", sagt sie. Die Schüler haben sich wochenlang in der Schule nicht gesehen und konnten nicht miteinander interagieren. So konnte wenig trainiert werden, wie man Konflikte klärt und beilegt.

Eine klassische Sprechstunde gibt es nicht, wer kommt, dem wird zugehört. "Wir schicken niemanden weg und unsere Tür steht immer offen." Oft schilderten die Kinder auch Probleme zu Hause, die Eltern stünden manchmal selbst sehr unter Druck im Job, das führe dann zu Spannungen daheim, so Zwahr.

Schulleiter Daniel Funk nennt noch ein Thema. "Wir sehen aktuell ein großes Problem beim Schulabsentismus, also Schulangst", sagt er. Er und seine Kolleginnen erleben lange Wartezeiten, bis die Betroffenen einen Platz bei einem Psychologen bekommen.

An wie vielen Schulen gibt es Schulsozialarbeit?

Derzeit wird an nur 76 Schulen in Dresden Schulsozialarbeit angeboten. Also an gerade einmal der Hälfte der Schulen. Ob in diesem Jahr noch mehr dazu kommen werden, entscheidet der Jugendhilfeausschuss in seiner Sitzung Ende März. "Die entsprechende Vorlage ist auf den Weg gebracht", so Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (CDU).

Warum gibt es diese Unterstützung noch nicht an jeder Schule?

Schulsozialarbeit ist wichtiger denn je angesichts der steigenden Probleme an den Schulen. Doch es scheitert, wie so oft, am Geld. Die Stadt betont: "Bildungsbürgermeister Jan Donhauser verfolgt das Ziel, dass an jeder Schule Schulsozialarbeit bis 2027 angeboten werden soll. Diese Ausstattung kann jedoch nur im Rahmen der verfügbaren Mittel erfolgen." Das "begrenzte Gesamtbudget" müsse auch noch für Kindertreffs, Jugendhäuser, mobile Jugendarbeit, Familienzentren und Präventionsangebote eingesetzt werden.

Welche Probleme und Themen sieht die Stadt als die größten der Kinder und Jugendlichen?

Die Themen variieren im Detail von Schule zu Schule. "In der Breite sind es Themen wie die sozialen Folgen der Corona-Maßnahmen, Lehrermangel, psychische Probleme, Teilhabe am schulischen und sozialen Leben sowie Konflikte zwischen Schülern", so Donhauser.

Wie groß ist das Problem Schulabsentismus ?

Hier muss Bürgermeister Donhauser einräumen: "Das Thema Schulabsentismus fordert den zuständigen Bereich in den letzten Monaten verstärkt." Mediziner und Sozialarbeitende sprechen von Schulabsentismus bei Kinder und Jugendlichen, die so große Angst vor dem Schulbesuch haben, dass sie fern bleiben. Sie leiden unter Panikstörungen, Bauch- und Kopfschmerzen.

Donhauser sieht die Ursachen auch in den Lockdowns. "Der Wiedereinstieg in den regelmäßigen Schulalltag nach Beendigung der Corona-Pandemie fällt vielen Schülern, vor allem denen, welche bereits in der Vergangenheit mit unentschuldigtem Fernbleiben zu kämpfen hatten, schwer."

Hilfe sieht Donhauser durch die Schulsozialarbeit. "Die Erhöhung der Fachkräfte, insbesondere der Schulsozialarbeiter und der Vertrauenslehrer, kann helfen, begonnene Verhaltensmuster aufzubrechen und bei gefährdeten Schülern präventiv gegenzusteuern", sagt er. Dazu brauche es aber auch dringend mehr Schulsozialarbeiter an allen Schulformen. Donhauser gibt zu, dass es nötig ist, "zeitnah die individuellen Ursachen des Fernbleibens herauszufinden und gemeinsam an einer Verbesserung der Gesamtsituation zu arbeiten." Dieses Angebot sollten alle Schüler gleichermaßen in Anspruch nehmen können, weshalb ein ausreichender Personaleinsatz von großer Bedeutung sei.