Nun ist es also klar, Hans-Joachim Frey zieht sich aus dem Vorstand des Semperopernballs zurück. Es ist eine überfällige Entscheidung. Sicher, Frey ist Vater des Balls, war Chef und Macher. Eine Mischung aus Genialität, Chuzpe und Größenwahn, ohne die der Ball nie zu dem geworden wäre, was er ist.
Und doch: So fantasievoll, abgezockt und gut vernetzt Frey als Impresario war, so gefährlich wurde eine seiner Eigenschaften dem Ball: sein Hang zur Macht, sein fehlendes Distanzgefühl für Diktatoren. Bereits anlässlich der Ordensverleihung an Wladimir Putin 2009 zeigte sich, dass Frey zur Gefahr für das Image von Ball und Oper werden könnte. Es folgten die nur unter Druck abgesagte Preisverleihung an den ägyptischen Machthaber Al-Sisi und immer wieder Zeichen der übergroßen Nähe zur Macht in Moskau.
Spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine ist klar, dass diese Nähe ein existenzielles Risiko für den Ball darstellt. Beschwerden häuften sich, die Oper distanzierte sich. Die gesellschaftliche Akzeptanz für die Hochglanzveranstaltung drohte zu verschwinden.
Freys jetziger Rückzug liegt nicht in der Arbeitsüberlastung durch gut laufende Nebengeschäfte begründet. Er ist vielmehr die Konsequenz aus einem in Ballangelegenheiten unterentwickelten moralischen Kompass. Am Montag will sich der Ballverein zur Zukunft des Events äußern. Der Abschied könnte also gerade noch rechtzeitig gewesen sein.