So lange müssen Dresdner auf einen Kleingarten warten

Dresden. Direkt hinter dem Gartenzaun rattert die Straßenbahn über die Schandauer Straße, dichter Autoverkehr rollt. Für Tobias und Alexandra Janick kein Problem. Viel zu glücklich sind sie über ihre grüne Oase im Kleingartenverein Flora I. Ihr Sohn Arthur pflückt Heidelbeeren von den Sträuchern, Tochter Helene berichtet vom niedlichen Igel, der regelmäßig durch den Garten läuft und auf den Namen Ratzefummel getauft wurde.
"Die Kinder lernen wahnsinnig viel über die Natur, wenn wir hier sind", schwärmt Mama Alexandra. Und Arthur erklärt: "In der Erntezeit sparen wir viel Geld, weil wir nicht in den Supermarkt müssen." Und schon zählt der Siebenjährige auf, was auf der Parzelle alles wächst: Kartoffeln, Gurken, Tomaten, ganz viele Beeren und sogar Mais. Über einer Pergola rankt Wein, die dicken Trauben versprechen eine reiche Ernte.
Kleingarten-Boom ist in Dresden ungebrochen
Auf ihr kleines Gartenglück musste Familie Janick aber lange warten. Schon Anfang 2020, als Corona die Familien in die Abgeschiedenheit drängte und der eigene Garten ein beliebter Zufluchtsort wurde, hatte sich Alexandra Janick auf der Internetseite des Stadtverbandes Dresdner Gartenfreunde umgeschaut, hat später Kleinanzeigen studiert und sich um viele Parzellen beworben. "Meistens waren die Gärten aber schon weg." Zudem seien die Preise für die Übernahme eines Gartens sehr hoch, bis zu 20.000 Euro würden für Laube, Pflanzen und Equipment aufgerufen, erzählt die 35-Jährige.
Als im Februar 2021 das Telefon klingelte und Familie Janick ein Garten in der Flora I angeboten wurde, sind die vier sofort losgezogen, um ihn sich anzuschauen. "Es war Winter, alles war grau und verwelkt. Aber wir wollten ihn unbedingt." Auch, weil die beiden zusammengelegten Parzellen nur gut zehn Minuten Fußweg von ihrem Zuhause entfernt sind. Im November vergangenen Jahres haben sie den Garten schließlich übernommen. Für die beiden Schuppen, die Obstbäume und die Gartengeräte haben sie 3.000 Euro bezahlt. Nun genießen Janicks ihre erste Gartensaison.
Der Kleingarten-Boom in Dresden ist ungebrochen. Das zeigt auch der Kleingarten-Index, den die Gartenfirma Halm erhoben hat. Dafür wurden Daten aus Quellen wie etwa dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung analysiert. Dresdens Kleingärten sind demnach deutschlandweit am günstigsten, aber dafür auch sehr begehrt. Die Wartezeiten in Dresden sind im Deutschlandvergleich sehr hoch und Kleingartenflächen so knapp wie in Millionenstädten wie Berlin, Hamburg oder Köln.
Wie lange warten Dresdner auf einen Kleingarten?
Tatsächlich gibt es große Unterschiede bei Nachfrage und Wartezeiten in einzelnen deutschen Städten. Während Kleingarten-Anwärter in Dresden, Hamburg, Berlin, Frankfurt am Main, Münster, Köln und München viel Geduld mitbringen müssen, ist die Nachfrage in Erfurt, Dortmund und Hannover eher gering. Das hat Auswirkungen auf die Wartezeiten. Für Dresden gibt der Kleingarten-Index eine lange Wartezeit an.
Frank Hoffmann, Chef des Stadtverbandes, konkretisiert das. "Wenn man eine ganz bestimmte Anlage im Blick hat und diese sehr gefragt ist, muss man mit einer Wartezeit von bis zu drei Jahren rechnen." So stünden im Kleingartenverein Flora I, in dem auch Familie Janick gärtnert, rund 250 Bewerber auf der Warteliste. Allerdings bewerben sich viele Dresdner in mehreren Vereinen gleichzeitig und sagen oft nicht ab, wenn sie eine Parzelle bekommen haben.
Was kostet die jährliche Pacht?
Bei einer durchschnittlichen Kleingartenfläche von 280 Quadratmetern beträgt die Pacht in Dresden nur knapp 25,20 Euro pro Jahr. Zum Vergleich: In Nürnberg zahlen Laubenpieper für den im Schnitt 400 Quadratmeter großen Garten 244 Euro jährlich.
Wie die Pacht berechnet wird, gibt das Bundeskleingartengesetz vor. Demnach wird für einen Kleingarten die vierfache Höhe an Pacht fällig wie in einer ortsansässigen Gärtnerei. In Dresden sind das gerade einmal neun Cent, in Nürnberg dagegen 61 Cent pro Quadratmeter. Der deutschlandweite Durchschnitt liegt bei 26 Cent.
Neben der Summe für Laube und vorhandene Pflanzen, die in der Regel mit dem Vorpächter ausgehandelt wird, müssten Hobbygärtner jährlich rund 200 Euro für Strom, Wasser, Mitgliedsbeitrag sowie für Saatgut und Pflanzen einrechnen, so Hoffmann.
Wo sind Parzellen besonders gefragt?
Das ist schwer zu beantworten, sagt Frank Hoffmann, weil die Gärten in der gesamten Stadt sehr gefragt sind. Dennoch seien etwa Flora I in Striesen sowie die mit 400 Parzellen sehr große Sparte Elbtal II zwischen Laubegast und Leuben, aber auch die Bühlauer Waldgärten die beliebtesten.
Doch auch neue Anlagen wie Aronia in Großzschachwitz sind bereits komplett verpachtet - obwohl das Konzept hier sehr naturnah ist und etwa Lauben verboten sind.
Was rät der Stadtverband interessierten Hobbygärtnern?
Um zu verhindern, dass es wirklich drei Jahre dauert, bis ein Garten frei wird, sollten sich interessierte Hobbygärtner nicht nur auf eine bestimmte Anlage festlegen.
Schließlich sei die Auswahl mit 360 Gartenanlagen in Dresden doch recht groß. "Wer flexibel ist und für den im näheren Umkreis 15 bis 20 Anlagen infrage kommen, wird schneller zum Gartenglück finden." Ein größerer Zuwachs an Kleingärten ist in Dresden nicht mehr möglich, weil die Flächen dafür fehlen.