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Tierpflege-Azubi im Dresdner Zoo: "Ich hasse es, am Schreibtisch zu sitzen"

Eigentlich hat Robert Werder Luft- und Raumfahrttechnik studiert. Jetzt macht er eine Ausbildung zum Tierpfleger im Dresdner Zoo - und das, obwohl das Konzept Zoo viele Kritiker hat.

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"Ich wollte die Sicherheit haben, dass ich es nicht gleich wieder abbreche": Tierpflege-Azubi Robert Werder im Affenhaus des Dresdner Zoos.
"Ich wollte die Sicherheit haben, dass ich es nicht gleich wieder abbreche": Tierpflege-Azubi Robert Werder im Affenhaus des Dresdner Zoos. © Sven Ellger

Von Lara Schöne

Dresden. Robert Werder studierte Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität. Jetzt steht er in kurzer Hose und Stiefeln im Faultiergehege des Dresdner Zoos und hängt Möhre und Gurke an die Äste. "Der Knollensellerie ist nicht so beliebt bei den Tieren, aber die Möhre geht oft gut weg, und die Gurke ist auch fast immer alle." Robert Werder kennt sich aus. Er weiß, was bei den Tieren gut ankommt und was sie eher weniger mögen.

Während seines vierjährigen Studiums von 2015 bis 2019 arbeitete der 26-Jährige mal in der Kneipe, mal im Supermarkt. Es waren immer nur kleine Minijobs, nie hatte er etwas Festes. "Es gab immer wieder irgendwelche Spannungen zwischen den Kollegen." Die Atmosphäre stimmte nie.

Seit September 2020 ist er nun schon fast jeden Wochentag im Zoo. Dabei sahen seine Pläne eigentlich ganz anders aus. Während seines Studiums hat er etwas Entscheidendes über sich gelernt: „Ich habe feststellen müssen, dass ich es hasse am Schreibtisch zu sitzen.“ Seine Aufgaben bestanden damals hauptsächlich im Rechnen und Erstellen von Programmen – viel Simulation am Computer.

In der Corona-Pandemie blieb nur das Zoo-Praktikum übrig

All das ließ ihn seine Zukunftspläne noch einmal überdenken. Er bewarb sich auf einige Praktikumsstellen. Dann kam die Corona-Pandemie. Es wurde alles abgesagt, nur das Praktikum im Zoo blieb ihm. Doch vielleicht war es genau das Richtige.

Ausschlaggebender Punkt waren Gespräche mit Verwandten und Freunden. Und noch etwas: Er würde nicht am Schreibtisch sitzen müssen. Mit Tieren hatte Robert vorher nie viel zu tun. Für die typischen Zootiere hatte er sich nie groß interessiert. Doch die spezielleren, bei den meisten Menschen vielleicht nicht ganz so beliebten Tiere, die faszinierten ihn. "Ich hatte schon immer eine Begeisterung für Spinnen", erzählt er etwa.

Später entscheidet sich Robert für ein freiwilliges, ökologisches Jahr (FöJ) im Dresdner Zoo: "Ich wollte die Sicherheit haben, dass ich es nicht gleich wieder abbreche, wenn ich das jetzt mache." Ein Jahr lang arbeitet er in der Futtermeisterei. Danach beginnt er die dreijährige Ausbildung zum Tierpfleger.

Die Futtermeisterei, das Elefantenhaus, die Huftiere und die Vögel – Robert Werder war in den drei Jahren, die er jetzt schon im Zoo ist, in den verschiedensten Bereichen tätig. Doch nirgendwo gefällt es ihm so gut wie im Affenhaus. "Hier gibt es neben Affen wirbellose Tiere, Koalas, Faultiere, Ameisenbären und einen Hornvogel. Die Abwechslung macht es sehr spannend."

Highlight mit den Zoo-Tieren

Robert lächelt, als er von seinen schönsten Momenten mit den Tieren spricht. Es ist noch gar nicht so lange her, als er bei dem Wiegen der Koalas das erste Mal eines Tiere auf dem Arm hatte: "Die Koalas sind total niedlich und flauschig. Das war auf jeden Fall ein Highlight!"

Eine Sache, die ihn immer wieder erfreut, ist die Tollpatschigkeit der Tiere. Mal stolpern die Vögel über irgendetwas oder die jungen Affen halt sich an einem dünnen Ast fest, der gibt nach und sie rutschen runter. "Das sieht schon lustig aus", sagt er.

Doch Arbeit im Zoo kann auch anstrengend sein. Für medizinische Untersuchungen müssen die Tiere "eingefangen" werden. "Das ist eine große Stresssituation für sie." Worauf es gerade in solchen Situationen ankommt? "Vertrauen ist der springende Punkt." Das müsse man sich aber erstmal verdienen – und das gilt für beide Parteien. Das Vertrauen wächst mit jedem Tag, an dem man sich mit dem Tier beschäftigt. Das sei jedoch nicht immer der Fall. "Manchmal mögen die Tiere dich vom ersten Blick an nicht. Ganz egal, wie viel Zeit du investierst."

Kritik an der Zoo-Haltung ist immer präsent

Das Konzept Zoo hat viele Kritiker. Das weiß auch Robert. "Es gehört zu unserem Job, uns regelmäßig mit dieser Thematik auseinanderzusetzen." Auf die Frage, ob der Zoo schlecht für die Gesundheit und das Wohl der Tiere sei, hat Robert sofort eine Antwort: "Man kann nicht pauschal sagen, dass die Haltung der Tiere im Zoo schlecht ist. Es kommt ganz auf das Tier an."

Das Halten von Elefanten im Zoo, das gebe er zu, sei nicht ideal. Die natürliche Familienstruktur, die sie in der freien Wildbahn haben, könne nicht ersetzt werden. Ganz anders sei es beispielsweis bei den Ameisenbären. Diese haben im Zoo kein Problem mit Krankheiten, keine Feinde, müssen sich ihre Nahrung nicht selber suchen. Sie hätten es im Zoo wahrscheinlich besser. "Wie gut das Leben im Zoo für das Tier ist, ist von seiner Intelligenz abhängig. Je simpler das Tier, desto wohler fühlt es sich im Zoo."

Robert Werder möchte auch nach seiner Ausbildung im Zoo arbeiten, da ist er sich sicher. Darauf festlegen, will er sich jedoch nicht. "Ob ich mich in vier Jahren immer noch hier sehe, kann ich jetzt noch nicht sagen." Fest steht: "Ich habe es bis jetzt noch nicht bereut."