Tom Gerhardt in Dresden: "Das Feuilleton hätte mich damals am liebsten ermordet"

Dresden. Vertrottelt, gewissenhaft und übermotiviert: So war Tom Gerhardt jahrelang als Hausmeister Krause im Fernsehen unterwegs. Nun pöbelt er auf der Bühne herum. Noch bis Anfang Mai ist er an der Dresdner Comödie zu sehen. "Hausmeister Krause - Du lebst nur zweimal", heißt das Stück, in dem neben Gerhardt auch Antje Lewald als Ehefrau Lisbeth mitspielt. Ein Interview über direkten Humor und das Lotterleben.
Herr Gerhardt, seit Anfang der Woche sind Sie in Dresden. Werden Sie erkannt?
Ich war noch nicht so viel draußen. Aber als ich hier an der Comödie ankam, hat mich gleich einer abgepasst. ,Ich hab schon Karten', hat er gesagt. Das hat mich gefreut. So wird man doch gern begrüßt.
Wird das auch mal nervig?
Wenn ich tagsüber rumlaufe, kann ich ganz gut untertauchen. Die Leute müssen dann immer erst zweimal hingucken, bis sie mich erkennen. Abends, zum Beispiel in der Kneipe, werde ich deutlich öfter angequatscht.
Und dann werden Ihnen bestimmt Zitate aus Ihren Filmen an den Kopf geworfen.
Ja, sehr gerne. Die Leute fragen: ,Wo ist der Dackel?' Oder: ,Sischer, sischer.' Das sind so die Standards. Aber wenn ich das störend fände, dann sollte ich besser nicht das tun, was ich tue. Wer den Hintern aus dem Fenster streckt, muss sich nicht wundern, dass jemand dazu einen Kommentar gibt. Eigentlich finde ich das immer ein nettes Kompliment. Denn es heißt ja, dass die Leute mich gesehen und Spaß dabei gehabt haben, sonst würden sie mich nicht darauf ansprechen.
Gerade in Sachsen und überhaupt in Ostdeutschland sind Sie mit Hausmeister Krause immer gut angekommen. Obwohl sie aus Köln stammen und die Serie in Nordrhein-Westphalen spielt. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Viele Menschen im Osten haben diesen direkten Humor. Auf den Punkt. Auch Hausmeister Krause kommt ja gerne mal hart auf den Punkt. Irgendwie hat das hier die Mentalität getroffen. Hier wird nicht lange drumherum geredet. Ich habe zum Beispiel diesen einen Freund, der aus dem Osten stammt, ein Steuerberater. Der ist genau so. Wenn ich mit ihm rede und etwas zu weit aushole, sagt er: ,Ja, ist gut, ich hab's kapiert'.
Dass Sie diese dümmliche Hausmeisterfigur mit Ecken und Kanten entwickelt haben, ist schon merkwürdig angesichts Ihres Bildungshintergrunds.
Ich komme aus einem sehr musischen Elternhaus. Mein Vater war Pianist und Organist. Mit dem rauen Humor eines Hausmeister Krause hatte er es nicht so sehr. Er war ein ganz feiner, liebenswerter und vorsichtiger Mensch. Bei uns ging es so nett und gesittet zu, ich glaube, da brauchte ich irgendwann mal ein Ventil. Dann kamen diese ganzen Monster aus mir herausgeschossen: der Hausmeister eben oder das Monster Tommy mit der Pudelmütze.
Trotzdem haben Sie dann erst mal Philosophie und Germanistik studiert.
Ich kann mich kaum noch an irgendwas davon erinnern. Seien wir ehrlich, ich war nicht so der Vorzeigestudent. Deutsch und Philosophie - da konnte man oft natürlich noch ausgehen, ein paar Bierchen mehr trinken, es ging trotzdem weiter. Weil in den 80ern, da war das so: Es war viel Geld im Land, die Wirtschaft brummte, das Leben lief. Wir hatten den Eindruck: Essen, Trinken, Wohnen tut man ja sowieso. Da kümmern wir uns jetzt erst mal um den Spaß.
Wie haben Sie aus diesem Lotterleben herausgefunden?
Irgendwann ist mir aufgegangen: Okay, meine Schulfreunde von damals, die fahren jetzt Mittelklassewagen. Ich fuhr immer noch auf einem Mofa durch die Gegend. Und ich wohnte in einer Dachmansarde mit Kohleofen, da war ich 26 oder so. Plötzlich kam kein Bafög mehr und ich wurde unerwartet Vater.
Wie ging es dann weiter?
Ich hab ich erstmal angefangen für Zeitungen zu schreiben. Leider war ich auch ein lausiger Reporter. Keine zwei Jahre ging das. Dass ich so lange im Journalismus geblieben bin, hatte ich wohl nur der Gutmütigkeit des Verlags zu verdanken. Das Ganze hatte aber einen Vorteil: Bei meinen Terminen bin ich zum Beispiel mal bei einem Dackelclub gelandet. Oder beim Trompetenchor. Und da kriegt man viel mit von den Mentalitäten der Leute. Dieses Wichtigtuerische, auch in kleinen Vereinen. So bin ich auch zu dieser Figur des Hausmeisters inspiriert worden.
Irgendwann haben Sie dann damit angefangen, diese Alltagsrecherchen auf der Bühne zu verarbeiten.
Ein Freund von mir hat mich dazu angestiftet. Neben der Arbeit haben wir kleine Aufführungen gemacht, total dilettantisch, aber die Zuschauer lachten sich kaputt. Damals habe ich den Vorläufer von Hausmeister Krause entwickelt, der hieß auch schon Dieter, in so einem knapp sitzenden schwarzen Anzug. Der wollte auf peinliche Art die Leute unterhalten, was immer schrecklich in die Hose ging.
Wie sind Sie dann zum Profi-Entertainer geworden?
Ich war der Erste, der Prolls und Vollassis auf der Bühne gespielt hat. So was gab's damals noch nicht. Irgendwann hat mich Jürgen von der Lippe entdeckt. Dann wurden die Hallen immer größer. Später kamen die Filme hinzu und erst dann die Serien, normalerweise ist es ja umgekehrt. Vor allem die Bildungsbürger waren entsetzt über die Kinoerfolge. Ballermann 6. Allein der Titel. Das Feuilleton hätte mich am liebsten ermordet.
Hausmeister Krause ist allerdings die Rolle, an der sie bis heute festhalten. Hat sich die Figur verändert? Gibt es irgendwelche Überraschungen im neuen Stück?
Hausmeister Krause war die erste Rolle, die gesessen hat und wahrscheinlich wird es auch meine letzte sein. Während der Pandemie habe ich das neue Stück geschrieben. Es ist ein Hausmeister-Krause-Klassiker und fängt genau so an wie die allererste Folge. Krause vergisst den 20. Hochzeitstag und streitet sich mit seiner Frau Lisbeth. Der Rest ist aber neu. Wir hatten bisher 60 Auftritte. Das Stück ist sehr gut angekommen, die Leute lagen flach vor Lachen!
"Hausmeister Krause - Du lebst nur zweimal" wird bis zum 8. Mai dienstags, mittwochs, freitags und samstags jeweils ab 19.30 Uhr aufgeführt. An Donnerstagen beginnen die Vorführungen 20 Uhr, an Sonntagen 15 Uhr. Tickets gibt's an der Theaterkasse oder im Internet unter www.comoedie-dresden.de.