Vertrocknet der Große Garten?

Dresden. Die Zeichen sind nicht zu übersehen: Abgebrochene Äste, vertrocknetes Laub, verdorrte Wiesen und Baumgerippe. Dem Großen Garten geht es nicht gut. 280 Bäume sind infolge der Trockenheit und damit einhergehender Erkrankungen wie der Rußrindenkrankheit von 2018 bis 2020 eingegangen. In diesem Jahr werden mindestens 200 dazukommen, schätzt Gartenmeister Michael Methner. Allein 2021 mussten 280 Bäume gefällt werden.
Die drei Baumpfleger von den insgesamt 17 Gärtnern des Parks sind von April bis November unterwegs, um sämtliche der genau 18.896 Bäume des Großen Gartens zu kontrollieren. Sie dokumentieren, welche Exemplare durch Wassermangel viel Totholz gebildet haben, wo Kronen geschnitten werden müssen oder sogar Fällungen nötig sind. "Die Prioritäten unserer Arbeit haben sich verschoben", schätzt der Gartenmeister ein. "Haben wir früher viele Rasenflächen geschnitten, sind wir heute vor allem mit dem Wässern bepflanzter Flächen oder der Pflege einzelner Bäume beschäftigt."
Wassersäcke für Jungbäume, Tanks für alte
Angesichts der Vielzahl der Bäume ist klar, dass bei anhaltender Trockenheit nicht alle gegossen werden können. Die frisch gepflanzten Jungbäume erhalten einen Wassersack, mit dem sie noch drei oder vier Jahre lang bewässert werden. Auch besonders wertvolle Baum-Exemplare wie die Zwillings-Blutbuchen rechts und links vor dem Palais oder die mit rund 160 Jahren älteste Blutbuche am Rande des Schmuckplatzes werden bewässert.
"Alle zwei Wochen holen wir dafür einen 2.000 Liter fassenden Wasserbehälter und stellen ihn im Wurzelbereich auf, damit dessen Inhalt langsam versickert", erklärt Michael Methner. Nur so wird das Erdreich tief bis zu den Feinwurzeln durchfeuchtet. Auch Baum-Raritäten wie der weinblättrige Ahorn, der Kolchische Ahorn im Staudengarten oder der Burgen-Ahorn erhalten regelmäßige Wassergaben. Aber alle anderen Bäume müssen so klarkommen.
Methner und seine Gärtnerkollegen helfen ihnen, indem sie auf vielen Flächen das Gras hochwachsen lassen, das so eine Isolierungsschicht für die Baumwurzeln bildet. Laub und Holzhäcksel bleiben deutlich stärker als früher im Bestand, sodass sich eine Humusschicht aufbaut, die Wasser besser hält. Bei Neupflanzungen wird zudem der im Großen Garten selbst erzeugte Kompost als oberste Bodenschicht eingesetzt.
Äste brechen ohne Vorwarnung ab
Doch das reicht nicht, um alle Bäume ausreichend zu schützen. Die größten Probleme mit der anhaltenden Trockenheit haben dabei Buchen, Birken und Kiefern. "Aber selbst bei vitalen Eichen kommt es bei zu großer Hitze vor, dass das Wasser im Baum nicht hoch genug steigt und sie sich selbst schützen, indem sie Äste abwerfen. Den Zeitpunkt kann man nicht voraussagen", sagt Methner.
Trauriges Beispiel dafür ist eine rund 250 Jahre alte Eiche, die ganz in der Nähe der Gärtnerbüros steht. Ihr rechter Teil ist komplett kahl, an den Ästen der linke Seite wachsen nur noch wenige Blätter. "Wir mussten sie jetzt beschneiden, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Aber im Winter muss sie gefällt werden."

Ähnlich gefährdet ist auch der Amerikanische Tulpenbaum, der ganz in der Nähe des Palais steht. Er hat nicht nur viele Blätter abgeworfen, im oberen Teil seiner Krone löst sich auch die Rinde von den Ästen. Auch das ist eine Reaktion auf fehlendes Wasser.
"Wir müssen untersuchen, was er hat. Aber womöglich stirbt er ganz ab", sagt der Gartenmeister und zeigt auf eine Birke gegenüber der Rasenfläche, von der nur noch der Stamm steht. Die fällt in jedem Fall der Säge zum Opfer. Genau wie eine Hainbuche, die noch im Frühjahr überall vital war, an der aber inzwischen der ganze obere Bereich abgestorben ist.

Aufgrund der inzwischen zahlreichen Hitzesommer haben auch Schädlinge leichtes Spiel. So ist die älteste Blutbuche von einem in unseren Breiten eher seltenen Pilz befallen: dem Kupferroten Lackporling, der als Parasit geschwächte Bäume befällt und in ihnen Fäule erzeugt. "Noch kann der Baum aber damit umgehen", sagt der Gartenmeister.

Um das Gartendenkmal zu erhalten, müssten eigentlich wieder die Arten, die eingehen, nachgepflanzt werden. Doch inzwischen lässt man sich auf neue Wege ein, sagt Methner. Denn es gibt Arten, die den ursprünglich im Großen Garten beheimateten optisch sehr ähnlich sind, aber besser mit Hitze und Trockenheit zurechtkommen. Das ist zum Beispiel die Ungarische Eiche, die Trauben- und Steileichen im Aussehen gleicht.
Doch sie sind Kontinentalklima gewöhnt, also sehr kalte Winter und heiße Sommer. Die Krimlinde, die ihre behaarte, silberfarbene Blattunterseite bei hohen Temperaturen nach außen dreht, schafft es ebenfalls besser, mit dem Klimawandel umzugehen als die im Garten vorkommende Winterlinde. "Und wir haben mehrere Exemplare von Schnurbäumen im Garten, denen die Trockenheit ebenfalls nicht so viel ausmacht. Auch über sie als Ersatzpflanzungen könnte man nachdenken. Doch das wird für jedes Exemplar extra entschieden."

Unterstützung bekommen die Mitarbeiter von Schlösserland Sachsen, zu denen das Gartendenkmal gehört, seit 2017 von der Initiative TreeDD. Diese sammelt Spenden über die Vergabe von Baumpatenschaften. Mehr als 12.000 Euro wurden inzwischen gesammelt. Durch dieses Geld kann im Großen Garten deutlich mehr gepflanzt werden, als nur über das staatliche Budget möglich wäre.
So sind zwischen Dezember 2021 und diesem Frühjahr 64 Bäume in die Erde gekommen, darunter Holländische Linden, aber auch Buchen, Eichen, Zier-Äpfel und Nadelgehölze. Im kommenden Herbst kommen 34 Eichen dazu. "Als Gärtner machen wir uns Gedanken, wie die Entwicklung des Parks künftig hingeht. Die damaligen Gestalter hatten nicht mit Hitze und Trockenheit in diesem Ausmaß gerechnet", sagt Methner.