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Dresdner Charity: Von der No-Chocolate-Challenge zur Großspende

Anett Marx hat drei Monate lang fünf Euro pro schokofreien Tag gespendet und geht nun 10.000 Schritte täglich. Warum macht man sowas?

Von Nadja Laske
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Finanzen spielen in Anett Marx' Leben eine große Rolle: beruflich und für gute Zwecke. Hope Cape Town ist eins ihrer Herzensprojekte.
Finanzen spielen in Anett Marx' Leben eine große Rolle: beruflich und für gute Zwecke. Hope Cape Town ist eins ihrer Herzensprojekte. © Marion Doering

Dresden. Drei Monate ohne Schokolade, das war schon hart. Aber Anett Marx hat es geschafft. Ihr eigener Antrieb war groß, sicherheitshalber hat sie zusätzlich eine Wette mit ihrem Sohn abgeschlossen. Anton ist der Verlierer und viele andere Kinder nun die Gewinner.

Als Anett Marx auf die Idee ihrer No-Chocolate-Challenge kam, blieben noch zwölf Wochen bis zur nächsten Hope-Gala. Die Aussicht, sich im Abendkleid besonders wohl zu fühlen, war verlockend. Doch dafür hat die Finanzberaterin die Entsagung von einem ihrer liebsten Genüsse nicht auf sich genommen. Viel mehr ging es um das, worum sich das Hope Cape Town Projekt in Südafrika seit mehr als 20 Jahren bemüht: HIV-infizierte Mütter und ihre Babys vor einer Aidserkrankung zu schützen oder sie bestmöglich zu behandeln.

Den Tag, an dem Anett Marx Hope kennenlernte, wird sie nie vergessen. "Wir hatten einen Messestand auf der Dresdner Weitsicht, wo auch Viola Klein ihr Anliegen präsentierte", erzählt die 46-Jährige. Weder kannte sie die Dresdner Unternehmerin, noch war sie je auf einer Hope-Gala gewesen, die sie einst ins Leben gerufen hat. Die beiden Frauen verband etwas ganz anderes: Ihr Faible für Mode, besonders für Schuhe.

Anett Marx streckt ihren linken Fuß unterm Cafétisch hervor und sagt: "Das ist mein Markenzeichen." Es ist spitz, hat mindestens zwölf Zentimeter hohe Absätze und trägt ein schwarz-weiß geschecktes Muster. Pumps, bei deren Anblick die meisten Damen Schmerzen spüren. Der Bankerin sind sie förmlich angewachsen. Ob gemustert, gelackt oder glitzernd, in welcher Farbe auch immer - Stilettos müssen sein.

Wenn jemand dafür Verständnis hat, dann Viola Klein, allerdings mit viel Respekt. "Sie fragte mich: Wie können sie nur in diesen Schuhen laufen?!" Und Anett Marx antwortete: "Einfach einen Fuß vor den anderen setzen!" Nichts anderes hat sie in ihrem ganzen Leben getan, wenn auch nicht ausschließlich in High Heels.

In Turnschuhen fühlt sie sich auch recht wohl. "Als Jugendliche wollte ich Sport studieren und ein eigens Fitness-Studio eröffnen", erzählt sie. Doch ihren Eltern sei das nicht solide genug erschienen. "Meine Mama war mit dem Postrad unterwegs, mein Papa hatte eine Bautischlerei. Als Kind stand ich immer knietief in den Sägespänen." Haushalt habe sie nicht interessiert, aber das Handwerk.

Private Win-win-Situation

Trotzdem landete Anett Marx völlig gegensätzlich im Finanzwesen. Anständiger konnte ein Beruf aus Sicht der Eltern nicht sein, also bewarb sich die Tochter bei der Deutschen Bank und bekam die Lehrstelle zur Bankkauffrau. Denkt Anett Marx an ihren Ausbildungsweg, ist sie dankbar für ein besonderes Jahr in Frankfurt am Main, wo sie ein Beraterteam mit aufbauen durfte - und für ihre Entwicklung zur Führungskraft.

"Aber dann kam Anfang der 2000er-Jahre eine Kündigungswelle", erzählt sie. Zwar war sie davon nicht betroffen, dennoch hatte sie offene Ohren, als ein Kollege ihr vorschlug, sich selbstständig zu machen. Er war verantwortlich für das sogenannte mobile Beraterteam der Deutschen Bank. Wer dazu gehört, arbeitet im Auftrag und mit Kunden und Produkten der Deutschen Bank, ist aber sein eigener Chef.

Das wollte sie auch. Heute berät Anett Marx rund 420 Kundinnen und Kunden als Finanzexpertin und ist Leiterin der vierköpfigen Agentur, in der drei weitere mobile Vertriebler organisiert sind. Sportlich kann man das nennen, und das trifft auch wörtlich zu. Denn an ihrer Leidenschaft, dem Kraftsport, hält Anett Marx bis heute fest. Außerdem engagiert sie sich schon seit vielen Jahren für die Handballmannschaft Weinböhla. Eine schöne Win-win-Situation: Auf diese Weise lernte sie ihren Mann kennen, mit dem sie ihren Wettgegner, Sohn Anton, bekam.

Der hat schon wieder ein Auge auf eine Challenge seiner Mutter. Fünf Euro für jeden schokoladenfreien Tag hat sie an Hope gespendet, nun gehen fünf Euro in die Spendenkasse für jeden Tag, an dem sie es schafft, 10.000 Schritte zu laufen. Das sind die vermeintlich kleinen, privaten Aktionen. Dazu kommen große, die den Ärmsten der Armen in Kapstadt halfen, die ärgsten Folgen der Corona-Pandemie zu überstehen: Hunger und Perspektivlosigkeit.

"Es herrschte dort ein so langer und harter Lockdown, dass die Menschen in den Townships nichts mehr zum Leben hatten", sagt Anett Marx. Pfarrer Stefan Hippler, Gründer des Projektes Hope Cape Town vor Ort, wandte sich mit einem Hilferuf nach Dresden. Von dort war über viele Jahre ein großer Teil seines Spendenbudgets geflossen - dank der Gäste der Hope-Gala. Die fiel wegen Corona jedoch aus. "Wir haben unsere Netzwerke aktiviert, um ursprünglich 700 Kinder, später bald 1000, in einer Suppenküche versorgen zu lassen", so Anett Marx. Einen Euro und 40 Cent bedurfte es, um die tägliche Ration für einen kleinen Menschen bereitzustellen.

Rund 70.000 Euro kamen wenig später für ein Ausbildungsprojekt in Kapstadt zusammen. Derzeit bringt sich Anett Marx in eine Spendenkampagne der Rotarier zur Bekämpfung der Kinderlähmung in Afrika ein. Ob Hilfsgüter verschickt werden oder Flüchtlingsbusse in Richtung Ukraine rollen, die Unternehmerin ist dabei und tut, was sie kann. Ist Hilfe gefragt, sucht sie nach Lösungen. "Aber jetzt konzentriere ich mich erst einmal wieder auf unsere Hope-Kinder. Die brauchen dringend unsere Aufmerksamkeit."

Eine Hope-Gala findet vorerst nicht statt, dafür drei Charity-Dinner zum Thema: am 5. November in Dresden, am 26. November in München und am 27. Januar in Berlin, sowie ein vorweihnachtliches Konzert am 16. Dezember in der Dresdner Kreuzkirche.