Dresden. Ob Nebenkostenabrechnungen, illegaler Sperrmüll oder Ärger mit dem Hausmeister - als Dresdner Vonovia-Mieter ist man bei Problemen oft auf sich allein gestellt. Zumindest aber seit jener Zeit, als der Großvermieter mit Sitz in Bochum beschloss, alle Kundenzentren in Dresden zu schließen. Was vielen Mietern blieb, war die Endlos-Warteschleife einer Hotline oder eine Anfrage per E-Mail.
Immer wieder hat die SZ in den vergangenen Jahren die Geschichten entnervter Bewohner aufgeschrieben, die keine Gehör beim telefonischen Kundencenter fanden, sich hilflos fühlten und ignoriert. Nicht selten half der Schritt in die Öffentlichkeit bei der Lösung des Problems.
2019 wurden die Mieterbelange plötzlich zum Thema in der Politik. Auf Initiative der Linken im Dresdner Stadtrat beschloss das Gremium, dass sich Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) um das Problem kümmern soll. Nun bietet Vonovia selbst eine Lösung. Eine Ombudsstelle soll eingeschaltet werden, wenn der Streit zwischen zwei Parteien festgefahren ist.
Wer gehört zur Ombudsstelle?
Für das neue Gremium, das Vonovia übrigens deutschlandweit nur in Dresden geschaffen hat, hat sich das Wohnungsunternehmen drei Experten ins Boot geholt. Den Dresdnern nicht unbekannt dürfte wohl Karin Hildebrand sein, die im August vergangenen Jahres nach sieben Jahren ihren Posten als Dampferchefin abgeben musste, nachdem sie im Juni Insolvenz für die Flotte anmelden musste. Vonovia-Regionalchefin Martina Pansa beschreibt sie als "ausgebildete Mediatorin mit einem umfangreichen Erfahrungsschatz".
Ihr zur Seite stehen die beiden Dresdner Anwälte Manuela Wolfram und André Leist. Alle drei seien neutral und weder Vonovia noch den Mietern verpflichtet. Sie haben direkten Zugriff auf den Kundenservice des Unternehmens und könnten dort recherchieren. Damit wolle Vonovia Transparenz schaffen und das Vertrauen von Mietern und Politikern wiederherstellen, erklärt Martina Pansa.
Jeder der Experten bekommt Fälle zugewiesen, die bearbeitet und einmal monatlich bei einem Treffen besprochen und ausgewertet werden. Dann folge von der Ombudsstelle eine Empfehlung an beide Streitparteien, wie der Konflikt gelöst werden könnte.

Worum kümmert sich die Ombudsstelle und fallen dafür Kosten an?
Martina Pansa erwartet Anfragen rund um die Themen Mieterhöhung, Kündigung, Lärm, Geruchsbelästigung. Wichtig ist, dass der betreffende Vorfall nicht älter
als drei Monate her ist. Für die Mieter entstehen bei einem Ombudsverfahren keine Kosten. "Für uns steht im Vordergrund, Probleme in den Häusern
zu lösen und Streitigkeiten zu schlichten. Dabei wirkt die Ombudsstelle
vermittelnd, zum Beispiel bei Nachbarschaftsstreitigkeiten." Wie groß die Nachfrage sein wird, könne derzeit niemand sagen. "Das wird für uns alle eine Überraschung."
Allerdings kümmert sich die Ombudsstelle nicht um alle Themen. Eines der wichtigsten wird - zumindest vorerst - keine Rolle spielen. "Meinungsverschiedenheiten zu Themen wie Neben- und Betriebskosten wird das Gremium nicht behandeln. Diese Themen werden bei Vonovia deutschlandweit zentral bearbeitet." Pansa verweist an dieser Stelle auf den Mieterverein, der seit vielen Jahren tief im Thema stecke. "Von uns wird es dazu keine Dresdner Lösung geben." Auch, um die drei Experten nicht zu überfordern.
Das gelte auch für weitere konzerninterne Themen. Ausgenommen sind zudem Bauvorhaben, dafür gibt es in Dresden weitere Mitsprachemöglichkeiten, so Pansa weiter. Dennoch wolle sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass Neben- und Betriebskostenabrechnungen irgendwann doch auf der Themenliste der Ombudsstelle landen. Zunächst sollen alle anderen Probleme abgearbeitet werden.
Warum wird die Schlichtungsstelle eingerichtet?
Anlass, sich überhaupt mit diesem Thema zu befassen, sei eine Stadtratssitzung 2019 gewesen, bei der Vonovia-Mieter sehr emotional ihrem Ärger über Betriebskostenabrechnungen Luft machten, so die Vonovia-Regionalchefin. Dem folgte der Stadtratsbeschluss, dass das Unternehmen einen Mieterbeirat ins Leben rufen soll.
Aus Sicht von Vonovia sei das aber nicht das geeignete Gremium, um wirklich Konflikte zu lösen. Zudem spiele der Datenschutz eine Rolle, denn vor einem Mieterbeirat könne Vonovia keine Auskunft zu einzelnen Mietverhältnissen machen.
"Deshalb machten wir auf die Forderung vom Stadtrat unser Lösungsangebot mit der Ombudsstelle", so Pansa. Dass es nun mehr als ein Jahr gedauert hat, die Ombudsstelle einzurichten, läge an den aktuellen Herausforderungen, die die Corona-Krise mit sich gebracht hat. Erst im Spätherbst sei das Projekt wieder aufgenommen worden.
Wo und ab wann ist die Ombudsstelle erreichbar?
Ab 1. Februar sind Karin Hildebrand, Manuela Wolfram und André Leist per E-Mail, Fax oder auf dem Postweg erreichbar. Auf der Homepage finden Mieter ein Anfrageformular sowie eine Datenschutzerklärung, die dafür ausgefüllt werden müssen. Ebenfalls abrufbar ist auf der Internetseite die Geschäftsordnung der Ombudsstelle, die auch in einfacher Sprache sowie in Russisch, Englisch und Arabisch verfügbar ist.
Alle Infos: www.vonovia.de/ombudsstelle-dresden