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Warum die Stadt Dresden Bäume für den Naturschutz fällt

Das Landschaftsschutzgebiet im Dresdner Norden lädt zum puren Naturerleben ein. Doch die Stadt lässt dort Bäume fällen. Wieso?

Von Luisa Zenker
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Eva Jähnigen (r.) und Anke Weber erklären, wie Arten im Dresdner Heller erhalten bleiben sollen.
Eva Jähnigen (r.) und Anke Weber erklären, wie Arten im Dresdner Heller erhalten bleiben sollen. © Marion Doering

Dresden. Ein brauner Schmetterling flattert über den sandigen Weg im Dresdner Heller und verschwindet im grünen Gebüsch. Dort ragen die traubenförmigen Blätter einer zehn Meter großen Robinie hervor. "Dieser Baum muss weg", erklärt Anke Weber, die Abteilungsleiterin für Stadtökologie im Umweltamt. Eine Naturschützerin, die Bäume fällen will. Wie passt das zusammen?

In ihrer Hand hält sie ein Foto von einer Pflanze mit weißen Blüten. Das Alpen-Vermeinkraut. "Wenn wir die Bäume nicht entfernen, verschwindet diese Art", sagt sie. Aber auch Zauneidechsen. Und die blauflügelige Ödlandschrecke, fügt Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) hinzu.

Über die Füße der OB-Kandidatin krabbeln Ameisen, sie wuseln durch den Sandboden im Heller, der sich vor 10.000 Jahren nach der letzten Eiszeit hier entwickelt hat. "Eine Binnendüne mitten im Stadtgebiet", sagt Eva Jähnigen mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Beim Heller im Dresdner Norden handelt es sich um eine sogenannte Offenlandschaft, die erst durch die militärische Nutzung so entstanden ist, wie sie jetzt aussieht.

Doch seitdem das Militär 1992 auf den Flächen verschwunden ist, kommen die Bäume zurück. Kiefern. Robinien. Traubenkirschen. Schön anzusehen, aber schlecht für den Artenschutz. Das finden zumindest die Verantwortlichen der Stadt.

Denn dadurch, das auf den sandigen Flächen ein Wald entsteht, verschwindet der Lebensraum für Zauneidechse, Wiedenhopf oder eben die Ödlandschrecke. Die Stadtverwaltung hat deshalb bereits im vergangenen Jahr mit Schülern der fünften bis siebten Klasse Pflegeeinsätze durchgeführt. Fast wöchentlich waren sie hier oben, um die Bäume abzusägen.

Umweltschützer, die einen Wald absägen?

"Wir brauchen auch andere intakte Flächen, um an die Folgen des Klimawandels angepasst zu sein", erklärt Eva Jähnigen. Denn wenn man überall die Natur Natur sein lässt, entstünden fast nur Wälder in ganz Mitteleuropa. "Aber diese Landschaft hier ist etwas ganz besonderes", so die Umweltbürgermeisterin, die währenddessen mit den Armen auf die sandige Dünenlandschaft mit Kiefern, Gräsern und Birken zeigt.

Und die Verwaltung möchte noch weitergehen: Mit einem millionenstarken Projekt wollen sie den Artenschutz im Heller aber auch in sechs anderen schützenswerten Landschaften, wie im Schönfelder Hochland, an den Elbwiesen oder im Zschonergrund vorantreiben.

Elf Millionen für den Naturschutz in Dresden

Derzeit beantragen sie ein Projekt mit dem Namen"Dresden Natur - Zwischen Elbtal, Binnendünen und Hochland", bei dem 13 Jahre lang 11,5 Millionen in den Naturschutz gesteckt werden sollen. Das meiste kommt von Bund und Länder, 10 Prozent fügt die Stadt selbst hinzu. Im Umweltausschuss wird außerdem am Montag über eine weiterführende Biodiversitätsstrategie beraten.

Mehr als zehn Millionen Euro für den Artenschutz in Dresden. Dazu zählen dann genau solche Maßnahmen, wie Bäume fällen, aber auch neue Hecken für Vögel, Blühwiesen für Insekten, Informationsschilder für wissbegierige Bürger. "Eine Million Euro pro Jahr reicht leider bei weitem nicht", so die Umweltbürgermeisterin- aber die blauflüglige Ödlandschrecke könnte damit gesichert sein.