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Werden auch im Dresdner Zoo gesunde Zebras verfüttert?

Im Leipziger Zoo ist ein gesundes Zebra an Löwen verfüttert worden. Ein Skandal? Was der Dresdner Zoo zu dem Fall sagt.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Auch im Dresdner Zoo leben Zebras.
Auch im Dresdner Zoo leben Zebras. © Sven Ellger (Archiv)

Dresden. Der Leipziger Zoo hat in den vergangenen Wochen Schlagzeilen gemacht. Nach der Versetzung des beliebten Tierpflegers Jörg Gräser ("Elefant, Tiger & Co.") war bekannt geworden, dass ein gesundes Zebra geschlachtet und vor den Augen der Besucher an Löwen verfüttert worden war. Die Bild-Zeitung mutmaßte eine "missglückte" Fütterungsaktion und brachte diese mit der Versetzung Gräsers in Verbindung. Im Dresdner Zoo kann man die Aufregung um die Zebra-Verfütterung nicht so recht nachvollziehen.

Ist es so unüblich, im Zoo Zebras an Löwen zu verfüttern?

"Aus meiner Sicht ist das Geschehen im Leipziger Zoo kein Skandal", sagt der zoologische Leiter im Dresdner Zoo, Wolfgang Ludwig. "In Dresden verfüttern wir zwar in der Regel Hausrinder an Löwen, aber es können auch mal Wildtiere – größere Huftiere – dabei sein, zum Beispiel Rotbüffel." Oder Zebras. "Wahrscheinlich ist es in Leipzig bisher nur nicht so üblich gewesen und Besuchern daher aufgefallen, vermute ich."

Wolfgang Ludwig ist zoologischer Leiter im Dresdner Zoo.
Wolfgang Ludwig ist zoologischer Leiter im Dresdner Zoo. © Sven Ellger

Wolfgang Ludwig arbeitet seit 1986 als Kurator im Zoo. Zu kritisieren, ein Zebra zu verfüttern, habe eine gewisse moralische Arroganz, findet er. "Im Prinzip wird damit gefordert, das Tier auf den Müll zu werfen, anstatt es seiner natürlichen Bestimmung zuzuführen, also von anderen Tieren gefressen zu werden." Ein Zebra wiegt laut Zoo zwischen 200 und 300 Kilogramm.

Warum werden gesunde Zebras überhaupt erst getötet?

Das Tier im Leipziger Zoo war 15 Jahre alt. Bei Menschen würde man vom "mittleren Alter" sprechen. Sofern die Huftiere gesund sind, können sie in Gefangenschaft 25 Jahre und älter werden, der Dresdner Zoo spricht sogar von 30 Jahren. Alter und Gesundheit waren auch nicht die Gründe für die Tötung. Der Leipziger Zoo wollte sich vorab von dem Tier trennen, es an einen anderen Zoo geben. Doch es fand sich niemand, so Zoo-Chef Jörg Junhold. Die in diesen Fällen letzte Option sei eine Tötung mit anschließender Verfütterung an Raubtiere. Dies sei "geübte Praxis".

So gefühlskalt das auch klingen mag, Wolfgang Ludwig sieht es genauso: "Bei den Zebras ist es so, dass die männlichen Jungtiere aus der Gruppe herausmüssen. Sonst kommt es zu Rivalitäten mit dem Vater oder anderen Tieren in der Gruppe." Der Dresdner Zoo, aber auch alle anderen Zoos in Deutschland versuchten dann, die jungen Tiere woanders unterzubringen, suchen dafür in ganz Europa, erklärt Ludwig. "In der Regel finden wir auch einen Partner, der das Tier aufnimmt. Wenn das doch nicht klappt, muss es getötet werden. Das ist kein Skandal, sondern üblich."

Die Alternative wäre, es einzeln zu halten – laut Tierschutzgesetz wäre das aber Tierquälerei, so der gelernte Tierphysiologe. "Oder wir belassen es in der Gruppe, wo es dann ständig zu Auseinandersetzungen kommen würde. Auch das würde nicht zum Wohl des Tieres beitragen."

Warum wird die Fortpflanzung der Zebras nicht einfach kontrolliert?

Geburtenkontrolle wäre zwar auch eine Möglichkeit, damit kein Zebra sterben muss, sagt Ludwig. "Im Sinne der artgerechten Haltung ist es jedoch nicht, die Tiere an der Fortpflanzung zu hindern." Er sei zumindest kein Verfechter von Kastration oder Sterilisation.

Auch im Dresdner Zoo gibt es Zebras, Steppenzebras, um genau zu sein. Nachwuchs gab es 2020. Damals kam die Stute Camina zur Welt.

Sind im Dresdner Zoos auch schon Tiere für Löwen getötet und vor Besuchern verfüttert worden?

Im Dresdner Zoo sind in der Vergangenheit auch Huftiere zum Verfüttern in die Anlage gelegt worden, bestätigt der zoologische Leiter. Die Mehrzahl der Besucher schaue da sehr interessiert zu, "staunend, aber nicht verächtlich", schildert Wolfgang Ludwig seine Beobachtungen. "Wir sind da in Dresden sehr für Transparenz."

Mehr Fragen würde es aufwerfen, wenn Stammbesucher nach einem Zebra suchen, das sie vergangenen Monat noch gesehen haben. Was Ludwig allerdings nicht möge, sei, wenn der Kopf des Tieres mit auf die Anlage gelegt wird. "Ich denke da auch an unsere Pfleger, die die Tiere mit aufgezogen haben. Das muss nicht sein."

Wie schätzen Tierschützer die Verfütterung von Zebras ein?

Die Tierrechtsorganisation Peta teilt die Auffassungen der Zoos in Leipzig und Dresden nicht. Dass ein Zebra verfüttert werde, zeige, welch geringen Stellenwert die Tiere für Zoo-Verantwortliche hätten, wird kritisiert. Unbestritten brauche ein Löwe Fleisch, um zu überleben, daher sei die Verfütterung eines Zebras aus Tierschutzsicht nicht schlimmer, als Fleisch im Großhandel zu kaufen, sagt Peter Höffken von Peta. "Beides ist gleichermaßen sinnlos, denn Löwen haben in Deutschland nichts zu suchen", ergänzte er. Die Tiere würden nur in Zoos gehalten, um Besucherinnen und Besucher anzulocken. (mit dpa)