Investor: Robotron-Kantine bleibt stehen

Dresden. Das Robotron Areal an der Lingnerallee prägt noch immer die Innenstadt. Doch Teile des ehemaligen VEB Kombinates Robotron, zum Beispiel das alte Rechenzentrum, sind längst abgerissen. Das "Pirnaische Tor" an der Kreuzung Grunaer/St. Petersburger Straße wird folgen. Für die Robotron-Kantine gibt es viele Pläne, allein das Grundstück gehört nicht der Stadt. Doch jetzt macht der neue Eigentümer konkrete Aussagen.
"Ein Abriss ist eindeutig nicht geplant"
Die wichtigste Botschaft: "Ein Abriss ist eindeutig nicht geplant, die genaue zukünftige Nutzung ist aber noch offen", sagt Jens Timm, Manager des neuen Eigentümers Gateway Real Estate aus Berlin. Die Firma baut deutschlandweit moderne Wohnquartiere in Holzbauweise und ist unter anderem in Berlin, Köln und Leipzig aktiv.
Das Lingner-Areal hatte zunächst die TLG gekauft, bevor diese es an die Kasseler Firma Immovation verkaufte. Diese wiederum veräußerte es dann an die Düsseldorfer Gerchgroup, seit einem Jahr gehört es zur Gateway Real Estate. "Wir haben die Kantine einfach mit gekauft, sie war Teil des Paketes", sagt Jens Timm. Und: "Wir bauen Wohnungen, eigentlich passt die Kantine nicht zu uns, aber ich persönlich habe sie lieb gewonnen. Wir haben einen Investor, der das mitträgt."
Einen konkreten Zukunftsplan gibt es demnach noch nicht. Die Gateway Real Estate sichert das Gebäude aktuell aber gegen einen weiteren Verfall. "Das Dach war undicht, wir haben etwas in die Substanz investiert, damit das Gebäude nicht unbewohnbar wird. Dazu zählt auch, dass die Kantine wieder Strom bekommt", so Jens Timm weiter.
Aktuell wird die Substanz erhalten
In mehreren Bauabschnitten will die Baufirma bis zu 2.000 Mietwohnungen errichten. Der Bauantrag für den ersten Abschnitt soll jetzt gestellt werden. Im besten Fall rollen dieses Jahr noch die Bagger an, um die Baugrube auszuheben und mit dem Kellergeschoss zu beginnen. "Wir bauen immer komplette Viertel inklusive eines Bäckers und zum Beispiel einer Schule. In diesem Fall bekommen wie vielleicht eine Kunsthalle", so Timm weiter.

Exakt dieser Weg scheint momentan der realistischste zu sein. Hintergrund: Das ganze Jahr über wird das Kunsthaus Dresden die Kantine und die umliegenden Flächen für Kunstprojekte nutzen dürfen. Das Kunsthaus selbst war immer wieder als ein zukünftiger Nutzer der Kantine durch die Politik ins Gespräch gebracht worden.
"Wir können jetzt zeigen, was an diesem Ort alles möglich ist. Alles andere wird sich finden", sagt die Leiterin des Kunsthauses Dresden, Christiane Mennicke-Schwarz. "Wir sind gespannt, wo es mit der Kantine hingeht. Ich habe immer die Hoffnung gehegt, dass es uns gelingt, die Kantine zu erhalten und zu beleben", ergänzt Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke). Ob der neue Bauherr das Gebäude auf eigene Kosten saniert und dann vermietet, oder ob das Haus doch noch an die Stadt verkauft wird, ist noch offen.
Seit Jahren jedenfalls wird in Dresden um die Zukunft der Kantine gerungen. Ursprünglich war dessen Abriss vorgesehen. Das hätte der Eigentümer auf eigene Kosten erledigen müssen. Die Fläche wäre dann genutzt worden, um den angrenzenden Blüherpark historisch exakt zu erweitern.
Der Rat beschloss jedoch, die Kantine zu erhalten. Für knapp 2,2 Millionen Euro sollte die Stadt das Objekt kaufen. Genutzt werden sollte das Haus zum Beispiel durch Wissenschaft, Wirtschaft und Kunst gemeinsam als "Open Future Lab". Alternativ oder als eine Art WG war ein Einzug des Kunsthauses angedacht. Die einstige Kantine hätte auch Hauptquartier der - gescheiterten - Bewerbung Dresdens als Kulturhauptstadt Europas werden können.
Deshalb wollte die AfD den Beschluss zum Kauf im Stadtrat auch aufheben lassen. Das scheiterte. Allerdings hatte der Stadtrat, auf Vorschlag der Verwaltung, die Gelder, die für den Ankauf vorgesehen waren, aus dem Haushalt gestrichen und anderweitig verplant. "Der Beschluss zum Ankauf existiert noch, aber er ist nicht finanziell untersetzt", erklärt Stadtsprecher Kai Schulz. Diese verfahrene Lage löst sich jetzt zugunsten der Kantine auf.
"Wir haben gemerkt, wie wichtig dieser Ort ist"
"Wir haben gemerkt, wie wichtig vielen Dresdnern dieser Ort ist, das war auch bei uns ein Prozess", so Timm. Tatsächlich könnte die einstige Kantine das einzige original erhaltene Gebäude sein, was zukünftig an den VEB Robotron erinnern kann.
Gebaut wurde die Kantine zwischen 1969 und 1972 für täglich bis zu 800 Mitarbeiter. Markant ist die Formsteinwand aus Beton, eine "baubezogene Kunst", von Eberhard Wolf. Das Amateur-Kabarett "Die Lachkarte'" war in der Kantine beheimatet. Nach der Wende zogen ein Yoga-Studio und eine Disco ein.
"Das ist ein echtes Umdenken des Investors, ich begrüße es außerordentlich, dass nicht mehr einfach alles abgerissen wird", sagt Stadtrat Thomas Löser (Grüne). Man müsse sich nun mit dem Investor gemeinsam auf den Weg machen, um langfristig eine Sanierungsperspektive zu finden.
Wichtig: Erstmals ist auch ein Erhalt eines weiteren Robotron-Gebäudes möglich. Investor Gateway Real Estate will auch das Haus der jetzigen Cityherberge in Teilen erhalten. Die Fassade im Stil der Ostmoderne soll zudem mit neuen Elementen exakt nachgebildet werden.