Dresden. „Was für eine Pracht“, schwärmt August der Starke beim Anblick seines Zwingers, als er mit dem Fesselballon hoch oben schwebt und seinen prächtigsten Bau bewundert. Mit dabei sein Hofarchitekt Matthäus Daniel Pöppelmann, der die Ideen seines Gebieters umsetzen musste.
Unterwegs sind sie bei einer humorvoll gestalteten Zeitreise durch die Zwingergeschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart. Dresdner und ihre Gäste können die audiovisuelle Präsentation „Zwinger Xperience“ noch in diesem Frühjahr erleben. Die Erlebnisausstellung des Schlösserlands Sachsen trägt den Titel „Macht, Epochen, Dimensionen. Eine Zeitreise“.
Darin werden Etappen der Zwinger-Entwicklung auf sehr anschauliche Weise dargestellt. In fünf speziellen Welten, sogenannten Sphären, erleben Besucher viele Aspekte der Zwinger-Geschichte. „Es ist eines der wichtigsten Projekte, das wir seit Langem gemacht haben“, sagt Schlösserland-Geschäftsführer Christian Striefler, der mit Kurator Dirk Welich Besonderheiten der außergewöhnlichen Präsentation erläutert.

Die Vorgeschichte: Vor 15 Jahren erste Ideen
Der Zwinger ist mit bis zu fünf Millionen Gästen das bekannteste und meistbesuchte Bauwerk Sachsens. Kurfürst August der Starke hatte ihn ab 1709 als Winterquartier für seine Orangenbäume errichten lassen. Damit wollte er mit dem Schloss Versailles und der Wiener Hofburg konkurrieren. 1719 wurde der Zwinger anlässlich der Hochzeit des Kurprinzen Friedrich August mit der habsburgischen Kaisertochter Maria Josepha eingeweiht.
„Aber nirgends erfährt man, wie der Zwinger entstanden ist und was im Laufe der Jahrhunderte geschehen ist“, sagt Striefler. Genau das wolle das Schlösserland Touristen, Dresdnern und auch allen Sachsen vermitteln. Einige Zeittafeln und alte Stücke in der Ausstellung würden jedoch keinen vom Hocker reißen.
Deshalb sei vor knapp 15 Jahren das Forschungsprojekt mit Medieninformatikern der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) gestartet worden. Die 14 Bau- und Planungszustände des Zwingers sollten den Besuchern sehr anschaulich nahegebracht werden, erläutert Kurator Welich. Vor acht Jahren gab es die ersten konkreten Pläne.
Der Vorgeschmack: 160.000 Besucher in der Filmkuppel
Ab Juni 2019 konnten Besucher ein Jahr lang einen ersten Eindruck davon gewinnen. Dafür hatte Schlösserland die Filmkuppel im Zwingerhof aufgebaut. Gezeigt wurde eine kurzweilige audiovisuelle 270-Grad-Projektion mit Szenen vom Jupiterfest, dem größten von insgesamt sieben Planetenfesten im Zuge der Jahrhunderthochzeit 1719. Zu sehen war eine nachempfundene Vorführung des Reiterballetts mit 64 Pferden, wie sie die Gäste von Kurfürst August dem Starken erlebt hatten. Über 160.000 Besucher kamen.

Das Erlebnis: Zwinger-Geschichte wie im 3-D-Kino
Für die neue Ausstellung wurden die Bogengalerie L und der Französische Pavillon im Zwinger vom Freistaat ausgebaut. „Die Ausstellung ist geplant für eine große Anzahl von Touristen, die wenig Zeit haben“, sagt der Kurator. Deshalb werden alle kulturgeschichtlich wichtigen Aspekte in etwa einer halben Stunde in fünf Sphären anschaulich präsentiert. Für Besucher soll das ein Erlebnis wie im 3-D-Kino sein.

Die Zeitreise: August konnte nicht alles umsetzen
In der ersten Sphäre erhalten Besucher zum Auftakt einen Überblick zur Orangerie, der Festarchitektur, dem Baugeschehen und weiteren Aspekten. Anschließend erleben bis zu sechs Besucher in der zweiten Sphäre in einem Rondell mit Projektionsflächen die knapp sieben Minuten lange Zeitreise mit dem Ballon.
Sie erstreckt sich von Pöppelmanns ersten kühnen Plänen, bei denen der heutige Zwinger nur der "Vorgarten" war, über die Jahrhunderte hinweg bis zur Zerstörung und dem Wiederaufbau nach 1945. August und Pöppelmann plaudern dabei ganz locker.

„Trotz aller Verluste haben sie ihn wieder aufgebaut“, resümiert August am Schluss glücklich. „Der Zwinger bleibt eine beständige Erinnerung an unsere Zeit inmitten einer modernen Stadt. Gar nicht so schlecht, Pöppelmann.“
Der Herkules: Orangen-Liebhaber zeigt Machtanspruch
Im Anschluss erleben Besucher in einer dritten Sphäre die Orangerie Augusts, die auf Fenster projiziert wird. So bekommt man den Eindruck, durch sie in den Zwinger zu schauen. Dabei ist auch Herkules zu sehen, der die Weltkugel hält. Er steht auf dem Wallpavillon und symbolisiert die Verschmelzung von griechischer Mythologie und Augusts Machtanspruch.
Die Prinzenhochzeit: Besucher erleben Reiterballett
In der vierten Sphäre werden Szenen vom Jupiterfest, des größten von insgesamt sieben Planetenfesten im Zuge der Jahrhunderthochzeit 1719, gezeigt. Zu sehen sein wird in einer 270-Grad-Projektion eine nachempfundene Vorführung des Reiterballetts mit 64 Pferden, wie sie vor 300 Jahren die Gäste erlebt hatten.

Das Finale: Fahrradtour in virtueller Welt durch Zeittore
„Die fünfte und letzte ist unsere innovativste Sphäre“, erklärt Kurator Welich. Dabei fahren die Besucher wie bei einer Radtour strampelnd durch Zeittore. In einer virtuellen Welt betrachten sie aus der Froschperspektive durch eine Spezialbrille die Zwingergebäude in Kombination mit den ursprünglichen Entwürfen. Dabei erstreckt sich der Zwinger bis zur Elbe hin. „Es ist imposant, diese Entwürfe zu sehen, die fast keiner kennt“, sagt Welich.
Die Eröffnung: Besucher zahlen zehn Euro Eintritt
Ursprünglich war geplant, die Ausstellung ab Anfang April zu zeigen. „Wegen der Coronakrise können wir sie aber nicht vor Ende April öffnen“, sagt Schlösserland-Chef Striefler. Stündlich können bis zu 80 Besucher die Präsentationen erleben. Erwachsene zahlen dafür zehn Euro, Ermäßigte acht Euro Eintritt. Geplant ist, die Ausstellung täglich von 10 bis 18 Uhr zu öffnen.