Dresden
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Masken-Muffel wird nicht bedient

Ein 53-jähriger Corona-Leugner macht in einer Drogerie eine Szene, weil er die Regeln nicht respektiert. Nun wird es teuer.

Von Alexander Schneider
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Weil ein Kunde in einer Dresdner Drogeriemarkt-Filiale keine Maske trug, hat er nun ein Problem mit der Justiz. Zu seinem ersten Prozess am Amtsgericht Dresden erschien er noch ohne Verteidiger, das soll sich in der nächsten Instanz ändern.
Weil ein Kunde in einer Dresdner Drogeriemarkt-Filiale keine Maske trug, hat er nun ein Problem mit der Justiz. Zu seinem ersten Prozess am Amtsgericht Dresden erschien er noch ohne Verteidiger, das soll sich in der nächsten Instanz ändern. © Symbolfoto: Felix Kästle/dpa

Dresden. Ein einfaches "Ja" hätte genügt, und ein Computertechniker hätte sich ein Strafverfahren samt teurem Urteil erspart. Doch ein einfaches "Ja" wäre wohl ein zu großes Zugeständnis gewesen. Der 53-Jährige hatte im Oktober 2021 ohne Corona-Schutzmaske in einem Drogeriemarkt in der Bautzner Straße schnell drei Deos und eine Lesebrille kaufen wollte. Die Frage der Kassiererin, ob er vom Tragen einer Maske befreit sei, beantwortete er nicht – und so nahm das Unheil seinen Lauf.

Der maskenlose Dresdner ignorierte die Regeln des Marktes hartnäckig. Vor der jungen Drogistin pochte er darauf, schnell bezahlen und gehen zu können. Doch die 23-jährige Kassiererin war angewiesen, alle Kunden abzulehnen, die grundlos ungeschützt vor ihr stehen. Sie rief also die Filialleiterin. Auch die couragierte Chefin machte dem Kunden klar, dass er das Geschäft zu verlassen habe – ohne Ware. Doch er blieb, hatte noch immer seine Sachen in der Hand.


Am Ausgang folgte es ein längerer Disput mit der Chefin. Die rief dann die Polizei, weil der Kunde nicht ging. Irgendwann legte der Mann dann Geld auf die Warenablage und verschwand mit "seinen" Sachen. Der Mann soll etwa gefragt haben, ob "das hier Nürnberg 2.0 wird"? Das ist eine Chiffre der rechten Corona-Leugner. Sie wähnen sich als Opfer einer "Diktatur" und vergleichen sich mit den Nürnberger Prozessen ab Ende 1945 gegen die Hauptkriegsverbrecher des Nazi-Regimes.

Der Täter wurde ermittelt und erhielt einen Strafbefehl über 1.200 Euro – wegen Hausfriedensbruchs. Weil er die Geldstrafe nicht akzeptierte, saß er nun am Amtsgericht Dresden. Dort behauptete der Angeklagte, der Hausfriedensbruch sei "nicht begründet" und eine "Lüge". Er habe die Brille dringend gebraucht. Er habe den Laden nicht verlassen dürfen, das sei Nötigung. Immerhin habe er mehr Geld dagelassen, als die Ware kostete.

Gehen – aber ohne Ware!

Die Filialleiterin beschrieb das anders: "Mein Wunsch war, dass er geht, aber die Ware dalässt." Das habe sie ihm mehrfach gesagt. Der Kunde sei nicht gegangen, habe sogar ein Handy gezückt, um zu fotografieren. Er habe das im Internet veröffentlichen wollen, so die Zeugin.

Die 37-Jährige begründet die konsequente Einhaltung der Regel in ihrer Filiale mit Kritik aus beiden Richtungen, der ihre Mitarbeiterinnen ausgesetzt seien: Es hätten sich nicht nur Leute über die Maskenpflicht beschwert, sondern auch andere Kunden, die Angst vor einer Ansteckung haben: "Die behaupten, wir würde ihre Gesundheit nicht genügend schützen." Daher gebe es die Anweisung, Kunden, die sich nicht an die Regeln halten, abzuweisen. "Wenn wir jeden bedienen, der sich nicht an die Regeln hält, dann brauchen wir die Regel nicht."

Die meisten Kunden hätten sich damals kooperativ verhalten. Oft hätten sie lediglich ihre Maske vergessen. "Dann haben wir ihnen auch eine gegeben." Nur wenige hätten ungehalten reagiert. Die Summe, die der Angeklagte auf den Kassentisch gelegt hat, habe man nicht ordnungsgemäß buchen können, weil unklar gewesen sei, welche Produkte der Mann überhaupt mitgenommen hat.

Ein vergessener Diebstahl

Die Staatsanwältin forderte auch nach der Beweisaufnahme eine Geldstrafe von 1.200 Euro (40 Tagessätze zu jeweils 30 Euro) für den bislang nicht vorbestraften Angeklagten. Wäre er einsichtig gewesen, hätte man sich auch über eine Einstellung des Verfahrens unterhalten können. Völlig ungehalten reagierte der Angeklagte, als die Staatsanwältin sagte, sie nehme ihm nicht ab, dass er als Selbstständiger in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecke und angeblich von 100 Euro monatlich lebe, die ihm die Familie zustecke. Computer-Reparaturwerkstätten seien in der Corona-Zeit von Kunden überrannt worden.

Die Richterin erhöhte die Geldstrafe dann sogar auf 1.800 Euro (60 Tagessätze). Der Angeklagte sei strafrechtlich sauber, aber im Strafbefehl sei ein Geständnis berücksichtigt gewesen, von dem keine Rede sein könne. Der Kunde hätte der Aufforderung der Filialleiterin nachkommen müssen. Es genüge, dass sie ihn bittet, das Geschäft zu verlassen. Man müsse nicht auch noch ein formales Hausverbot aussprechen.

Darüber hinaus habe der Angeklagte auch einen Diebstahl begangen, der mangels Strafantrag nicht berücksichtigt wurde: Der Drogeriekunde habe Deos und Lesebrille unerlaubt mitgenommen. Er könne auch nicht einfach 50 Euro auf den Richtertisch legen und ihr Buch mitnehmen, wenn sie es ihm nicht verkaufen wolle, erklärte die Richterin den rechtlichen Hintergrund.

Der Angeklagte, der den Saal schon vor der Urteilsbegründung verlassen hatte, hatte grundsätzlich andere Auffassungen in Sachsen Hausverbot und Diebstahl. Er kündigte an, das Urteil anzufechten. Dann aber mit einem Rechtsanwalt an seiner Seite.