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Massive Sturmschäden in der Dresdner Heide

Kaum hatten die Männer von Sachsenforst mit dem Aufräumen begonnen, kamen die nächsten starken Böen. Es bleibt gefährlich im Wald.

Von Kay Haufe
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Ohne schwere Maschinen geht beim Aufräumen nach Sturm "Ignatz" in der Dresdner Heide nichts. Hier wird eine umgestürzte Buche an den Wegesrand transportiert.
Ohne schwere Maschinen geht beim Aufräumen nach Sturm "Ignatz" in der Dresdner Heide nichts. Hier wird eine umgestürzte Buche an den Wegesrand transportiert. © Marion Doering

Dresden. Nie waren gute Motorsägen so gefragt wie nach Sturmtief "Ignatz". Sämtliche Wege durch die Dresdner Heide waren unpassierbar, nachdem am Donnerstag Windböen mit bis zu 135 Kilometern pro Stunde durch Dresden gefegt sind. "Ich habe meine Waldarbeiter am Donnerstagmittag nach Hause geschickt. Es wäre viel zu gefährlich für sie gewesen, sich mitten in der Heide aufzuhalten", sagt der Bühlauer Revierförster Thomas Stelzig.

Am Freitagmorgen dann das böse Erwachen beim Weg durch das Revier: Selbst über einhundertjährige Buchen, Kiefern und Fichten hatten den Winden nicht standhalten können. Hunderte Bäume waren abgebrochen oder entwurzelt, lagen zum Teil quer über den Wegen. "Wir haben allein eine Stunde gebraucht, um die Strecke von der Heidemühle bis zur Forstbaumschule freizuschneiden, um an unseren Traktor und die anderen Maschinen heranzukommen", sagt Stelzig. Um 7 Uhr haben die Mitarbeiter von Sachsenforst am Freitag mit den Aufräumarbeiten im Revier begonnen, gegen 12 Uhr hatten sie bereits eine große Zahl der Hauptwege von Stämmen und Ästen befreit.

Revierförster Thomas Stelzig vor dem Wurzelteller einer umgestürzten Buche. "Die Wurzel wurden regelrecht herausgefetzt."
Revierförster Thomas Stelzig vor dem Wurzelteller einer umgestürzten Buche. "Die Wurzel wurden regelrecht herausgefetzt." © Marion Doering

"Doch wir benötigen bis mindestens Mitte nächster Woche, um alle Hauptwege wieder gut passierbar zu machen", sagt Stelzig, während hinter ihm eine Säge aufheult. Seine Waldarbeiter Hagen Zeun und Jens Klaeck kümmern sich um eine Buche, die quer über dem Weg Doppel-E liegt. Der wird von vielen Fahrradfahrern genutzt, muss also besonders schnell frei werden. Erst setzt Zeun die Motorsäge an, dann hebt Klaeck den Stamm mit dem Greifer am Traktor zu Seite. Keine 20 Meter weit entfernt liegt schon der nächste Baum quer.

"Jetzt geht es erstmal darum, die Wege freizuräumen. Die kleineren folgen erst später. Dann prüfen wird das Holz. Ist es verwertbar, holen wir es in den kommenden Monaten aus dem Wald. Ein Großteil wird aber wohl nur noch als Feuerholz taugen", sagt Stelzig. Er bittet die Interessenten dafür, sich frühestens in zwei Wochen bei ihm zu melden. "Es gibt derzeit andere Prioritäten."

Zum Beispiel die entwurzelten Bäume im Revier zu lokalisieren, die mitten im Wald angelehnt an andere stehen, aber eine große Gefahrenquelle darstellen. "Wir brauchen einen genauen Überblick darüber, um dann festzulegen, wo wir mit dem Fällen beginnen. Das ist sehr gefährlich, denn solche Bäume reagieren unvorhersehbar auf die Arbeiten."

Auf dem Weg zur Forstbaumschule hält Stelzig mit seinem kleinen Geländewagen an und steigt aus. Keine zwei Meter vom Wegesrand entfernt hat der Wind eine riesige Lärche abgeknickt. Ihr Stamm ist unten regelrecht auseinander geborsten. "Sie war der höchste Baum in dem Bereich, rund 80 Jahre alt. Eine Böe hat sie erfasst, das geht dann ganz schnell. Schade um sie", sagt der Revierförster.

Die über 80jährige Lärche wurde als höchster Baum vom Sturm erwischt.
Die über 80jährige Lärche wurde als höchster Baum vom Sturm erwischt. © Marion Doering

Weil die Laubbäume noch voller Blätter hängen, hatte der Wind in ihnen eine besonders große Angriffsfläche. Wie Streichhölzer hat er betagte Eichen und Buchen umknicken lassen. "Gerade in solchen Kronen hängen noch viele abgebrochene Äste, die in den nächsten Tagen herunterfallen werden. Ich bitte alle Dresdner, auf Heidespaziergänge in den kommenden Tagen zu verzichten. Und wer trotzdem unbedingt in den Wald muss, sollte nur auf den Hauptwegen bleiben."

Herbststürme werden heftiger, Schäden größer

Auf dem Weg zum Heide-Stausee zeigt Stelzig auf eine große, relativ freie Fläche. Hier haben seine Waldarbeiter vor einigen Jahr Fichten gefällt, die massiv vom Borkenkäfer befallen waren. Inzwischen wurden Lärchen und Weißtannen nachgepflanzt, aber die Bäume sind noch klein. An den hohen Kiefern und Fichten im angrenzenden Bereich hat sich der Sturm ebenfalls ausgetobt, viele entwurzelt . "Sie wirken wie eine Wand, in die die Böen aus der sonst seltenen Windrichtung Nordost ungeschützt hineinfahren konnten."

Noch bis Mitte nächster Woche wird es dauern, bis alle Hauptwege in der Heide beräumt sein werden. Hier versperren eine 120 Jahre alte Buche, vorn die Krone einer Fichte den Weg nahe dem Stausee.
Noch bis Mitte nächster Woche wird es dauern, bis alle Hauptwege in der Heide beräumt sein werden. Hier versperren eine 120 Jahre alte Buche, vorn die Krone einer Fichte den Weg nahe dem Stausee. © Marion Doering

Natürlich seien Herbststürme nichts Ungewöhnliches, sagt Stelzig. Nur ihre Intensität nehme zu, die Schäden steigen. In Kombination mit der zunehmenden Trockenheit und dem immer stärker werdenden Befall durch den Borkenkäfer leide der Wald. "Er ist ein dynamisches System und wird sich darauf einstellen. Aber das geht mit Veränderungen einher", sagt der Förster.

Während des Gesprächs nimmt der Wind erneut zu. Das hatte der Deutsche Wetterdienst vorausgesagt. Doch nicht jeder sieht die Gefahren, die mit einem Waldbesuch während solcher Stürme verbunden sind. Mitten in der Heide kommen Stelzig zwei junge Familien mit mehreren kleinen Kindern entgegen. Er habe keine Angst, weil er immer nach oben schaue, ob Äste herabfallen, sagt einer der Väter. Erst als ihm der Förster erklärt, wie schnell ganze Bäume umstürzen können, werden die Gesichter ernster. Die Gruppe verspricht, die Heide schnell zu verlassen.