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Nächste Zwinger-Baustelle in Dresden wird eingerüstet

Erstmals werden die Schäden am Glockenspielpavillon im Dresdner Zwinger digital erfasst. Wie sie beseitigt werden und woher das Material kommt.

Von Peter Hilbert
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Mit seinem Laptop erfasst Clemens Modrakowski von der Zwingerbauhütte die Schäden an der Fassade des Glockenspielpavillons, die restauriert wird. Dieser Frauenkopf und viele andere wertvolle Sandsteinbauteile zieren den über 300 Jahre alten Pavillon.
Mit seinem Laptop erfasst Clemens Modrakowski von der Zwingerbauhütte die Schäden an der Fassade des Glockenspielpavillons, die restauriert wird. Dieser Frauenkopf und viele andere wertvolle Sandsteinbauteile zieren den über 300 Jahre alten Pavillon. © Sven Ellger

Dresden. Clemens Modrakowski steht Auge in Auge mit einer Sandstein-Schönheit. Fünf Gerüst-Stockwerke tiefer rollt auf der Sophienstraße gerade eine Straßenbahn vorbei. Während die Gerüstbauer am Glockenspielpavillon noch die letzten Teile montieren, ist der Steinbildhauermeister und Restaurator von der Zwingerbauhütte bereits auf Inspektionstour. Denn die stadtseitige Fassade des Pavillons soll eine Frischekur bekommen.

Das Pendant auf der Hofseite war bereits vor zwei Jahren restauriert worden. Jetzt erfasst der 37-jährige Dresdner Fachmann mit seinem Laptop die Schäden und inspiziert gerade diesen Frauenkopf.

"Die Restauratoren unserer Zwingerbauhütte erfassen die Schäden vor Ort erstmals digital", erklärt Zwingerbaumeister Kai-Uwe Beger vom Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB). So können die Anzahl der schadhaften Flächen, ihre Größe sowie die Art der Schäden viel schneller erfasst und bearbeitet werden. Früher wurden die Schäden auf Papierplänen festgehalten. Das zehnköpfige Team der Zwingerbauhütte wird dann die Fassade schonend restaurieren.

Der Glockenpavillon am Dresdner Zwinger ist eingerüstet. Restauratoren erfassen derzeit die Schäden.
Der Glockenpavillon am Dresdner Zwinger ist eingerüstet. Restauratoren erfassen derzeit die Schäden. © Sven Ellger

Inspektion nötig: Glockenspielpavillon ist 304 Jahre alt

Die Arbeiten sind dringend nötig. Schließlich ist der Glockenspielpavillon mittlerweile 304 Jahre alt. Der Bau des Zwingers hatte 1709 damit begonnen, dass August der Starke für seine Orangerie Terrassen mit Mauern und einer Treppe am Wall angelegt hatte. Damit die Bäume überwintern können, werden zwischen 1710 und 1712 zuerst die Bogengalerien beiderseits des Wallpavillons gebaut. 1713 bis 1715 folgen dann die Langgalerien, in deren Mitte dann das Kronentor kommt.

Im September 1719 will Kurprinz Friedrich August die habsburgische Kaisertochter Maria Josepha heiraten. Zur Fürstenhochzeit soll der Zwinger fertig sein. Ende 1718 entschließt man sich, die Wallseite weitgehend zu kopieren. Auf der Stadtseite des Zwingers entstehen binnen eines Dreivierteljahrs der Deutsche, der Porzellan- und der Glockenspielpavillon sowie die benachbarten Galerien. Teile davon allerdings nur in Holz, weil man es einfach nicht schaffte.

Am Anfang ist im Obergeschoss des Glockenspielpavillons noch der Mathematisch-Physikalische Salon (MPS). Doch zwischen 1746 und 1750 werden die Sammlungen neu geordnet. So zieht der MPS in die Langgalerie neben dem Kronentor, wo er noch heute ist.

Erhebliche Investitionen in den Dresdner Zwinger

Nach der politischen Wende profitiert auch der Glockenspielpavillon vom umfassenden Investitionsprogramm des Freistaates für den Zwinger. Im Zuge der Sanierung der benachbarten Porzellansammlung zwischen 1998 und 2002 wird er ebenfalls restauriert. Dafür werden insgesamt rund 18,4 Millionen Euro investiert.

Diese ausgebrochene Sandsteinblüte ist einer der Schäden, der am Glockenspielpavillon erfasst wurde.
Diese ausgebrochene Sandsteinblüte ist einer der Schäden, der am Glockenspielpavillon erfasst wurde. © Sven Ellger

Doch mittlerweile sind weitere Arbeiten an der feingliedrigen barocken Sandsteinfassade nötig. Denn die bietet viel Angriffsfläche für Wind und Wetter. "Sind die Schäden erfasst, wird die Fassade schonend gereinigt", erklärt der Zwingerbaumeister. Bei Skulpturen am Dachgesims, der sogenannten Attika, geschieht das in der Zwingerbauhütte. Denn die Gerüstbauer haben sie gleich mit ihrem Kran ausgehoben und nach unten befördert.

Die Sandstein-Fassade wird mit Besen und Bürsten gereinigt. Dann kommt der Dampfreiniger zum Einsatz. Sehr aufwendig ist die Entfernung des Salzes, das in die Sandsteinflächen und in die Skulpturen eingedrungen ist. Das Salz wird mit Zellstoffkompressen entfernt, die mit reinem Wasser getränkt sind. Sie ziehen das Salz aus dem Stein.

Vier bis sechs Wochen dauert eine Runde, erläutert Beger. Danach wird gemessen, wie viel Salz noch im Stein ist. "Ich schätze, dass wir zwei bis drei Entsalzungszyklen brauchen", sagt er.

Ausgebrochene Stellen werden ersetzt. Sind sie etwas größer, werden sie ausgemeißelt und mit passgerechten Sandsteinstücken wieder verschlossen, die in der Fachsprache Vierungen genannt werden.

Produktionsleiter Uwe Jahr zeigt einen großen Sandsteinblock, der in den Sächsischen Sandsteinwerken Pirna zur weiteren Bearbeitung bereit liegt. Er ist fast so große wie der 20-Tonnen-Block, aus dem die vier Stufen für den Durchgang unterm Dresdner Krone
Produktionsleiter Uwe Jahr zeigt einen großen Sandsteinblock, der in den Sächsischen Sandsteinwerken Pirna zur weiteren Bearbeitung bereit liegt. Er ist fast so große wie der 20-Tonnen-Block, aus dem die vier Stufen für den Durchgang unterm Dresdner Krone © Marko Förster

Elbsandstein für Dresdner Zwinger kommt aus der Sächsischen Schweiz

"Für neue Teile nehmen wir ausschließlich Elbsandstein aus der Sächsischen Schweiz", sagt Beger. Zuletzt hatten die Sächsischen Sandsteinwerke Pirna eine außergewöhnliche Aufgabe. Bei der Sanierung des Zwinger-Zugangs unterm Kronentor stießen die Bauleute auch auf drei alte Sandstein-Bodenplatten aus der Bauzeit des Kronentors zwischen 1713 und 1715. Das war eine große Überraschung.

Einen Durchmesser von drei Metern haben die Sägeblätter, mit denen die Stufen für den Zwingerzugang unterm Kronentor aus dem Sandsteinblock herausgeschnitten wurden.
Einen Durchmesser von drei Metern haben die Sägeblätter, mit denen die Stufen für den Zwingerzugang unterm Kronentor aus dem Sandsteinblock herausgeschnitten wurden. © Marko Förster

Sie liegen 40 Zentimeter tiefer als der bisherige Durchgang. Nach dem historischen Vorbild wurde der neue Durchgang – auch mit diesen drei alten Pöppelmann-Steinen – angelegt. Das entspricht der Ebene des Zwingerhofs. Die Treppen zu den benachbarten Langgalerien müssen um jeweils zwei untere Stufen ergänzt werden.

Die vier, jeweils fünf Meter langen und einen Meter breiten Stufen hatten die Sandsteinwerke aus einem 20 Tonnen schweren Block zugesägt. "Das war ein ganz besonderer Auftrag für uns", sagt Produktionsleiter Uwe Jahr von den Sandsteinwerken.

Dieser Blick bietet sich vom Glockenspielpavillon in den Zwingerhof. Er soll bis Ende nächsten Jahres saniert werden. Derzeit erkunden Archäologen aber noch den Untergrund.
Dieser Blick bietet sich vom Glockenspielpavillon in den Zwingerhof. Er soll bis Ende nächsten Jahres saniert werden. Derzeit erkunden Archäologen aber noch den Untergrund. © Sven Ellger

Letztlich wird auf Skulpturen und andere Fassadenteile eine Silikonharzlasur aufgetragen, die zwar luftdurchlässig ist, aber vor Wind und Wetter schützt. Damit sind schon über drei Viertel der Sandstein-Oberflächen von Skulpturen im Zwinger behandelt worden.

Mit einer speziellen Lasur wird die Oberfläche von Zwinger-Skulpturen vor Wind und Wetter geschützt.
Mit einer speziellen Lasur wird die Oberfläche von Zwinger-Skulpturen vor Wind und Wetter geschützt. © Peter Hilbert

Geplant ist außerdem, die Farben an den gewaltigen Fensterrahmen komplett zu erneuern. Die Stahlträger, die sie verstärken, werden entrostet und mit frischem Rostschutz versehen. Bis zum Frühsommer kommenden Jahres soll das Team der Zwingerbauhütte diese Fassade des Glockenspielpavillons saniert haben.