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Leitungen rollen in Dresdens neuen Elbtunnel

Im Dezember soll der neue Fernwärmeanschluss nach Dresden-Pieschen in Betrieb gehen. Worauf es dabei besonders ankommt.

Von Peter Hilbert
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Fernwärme-Abteilungsleiter Bernd Lehmann (l.) und Netzingenieur Frank Döhnert freuen sich, dass die Leitungen im Tunnel zügig eingezogen werden.
Fernwärme-Abteilungsleiter Bernd Lehmann (l.) und Netzingenieur Frank Döhnert freuen sich, dass die Leitungen im Tunnel zügig eingezogen werden. © Marion Doering

Dresden. Bernd Lehmann und Frank Döhnert stehen unweit der Marienbrücke im neuen Tunnel tief unter der Elbe. Der Fernwärme-Abteilungsleiter und sein Fernwärmenetzingenieur von der Drewag Netz freuen sich, dass die beiden neuen Leitungen schon auf einer Länge von etwa 100 Metern in die Röhre gezogen sind. 

Die Bauleute haben zügig gearbeitet. Jetzt ist von Monteuren und Technikern hohes Tempo gefragt. Denn noch dieses Jahr soll der Direktanschluss vom Kraftwerk Nossener Brücke nach Pieschen in Betrieb genommen werden.

Der Fernwärme-Anschluss: Drewag investiert 41 Millionen

Der Tunnel ist nötig, damit die Luft sauberer wird. Denn das rechtselbische Gebiet zwischen der Hafencity und Pieschen wird weiter ans zentrale Fernwärmenetz angeschlossen, erklärt Abteilungsleiter Lehmann. 

Künftig verläuft die Hauptleitung durch den Tunnel bis zum Blockheizkraftwerk Mickten hinter dem einstigen Sachsenbad. Bereits im Sommer 2017 hatte die Drewag mit dem Fernwärmeausbau in Pieschen begonnen. Rund 41 Millionen Euro investieren die Stadtwerke insgesamt, davon neun Millionen für den Tunnel. Gefördert werden die Arbeiten aus dem Europäischen Fonds für Regionalentwicklung.

Alexander König befestigt die Matten, mit denen die neuen Fernwärmeanschlüsse isoliert werden.
Alexander König befestigt die Matten, mit denen die neuen Fernwärmeanschlüsse isoliert werden. © Marion Doering

Geplant ist, dass auf der rechtselbischen Seite über die Neubauten hinaus rund 3.000 Wohnungen in Pieschen und dem Umfeld angeschlossen werden können. Das Ziel ist, damit rund 3.200 Tonnen Kohlendioxid jährlich einzusparen. 

Um das auf andere Weise zu erreichen, müssten 254.000 Bäume gepflanzt oder 1,3 Millionen Liter Benzin jährlich eingespart werden. 

Der Tunnel: Seilwinde zieht Leitungen in die lange Röhre

Die Bauarbeiten hatten Mitte 2019 begonnen. Am 20. Juli konnte die gewaltige Tunnelbohrmaschine von der 18 Meter tiefen Baugrube am Volksfestgelände aus loslegen. Sechs Wochen später war die Bohrung abgeschlossen. 

Entstanden ist eine 3,20 Meter hohe begehbare Röhre tief unter dem Elbgrund, die innen 2,60 Meter misst. Solche Leitungstunnel heißen in der Fachsprache Düker. Das kommt aus dem Holländischen und bedeutet Taucher. Der Tunnel an der Marienbrücke ist 240 Meter lang.

Mit dieser Winde werden die beiden Fernwärmeleitungen abschnittsweise in den Tunnel gezogen.
Mit dieser Winde werden die beiden Fernwärmeleitungen abschnittsweise in den Tunnel gezogen. © Marion Doering

Jetzt werden die beiden Fernwärmerohre in den Tunnel eingezogen. Durch eins strömt künftig das 120 Grad heiße Wasser vom Heizkraftwerk Nossener Brücke in Richtung Pieschen, durch die andere Leitung kommt es mit 60 Grad zurück, erklärt Netzingenieur Döhnert. 

Er ist für die gesamte Technik im Dresdner Fernwärmesystem zuständig. Jeweils sechs Meter lange Rohre werden eingebaut. Ist das nächste Stück angeschweißt, zieht eine Seilwinde die Rohre ein Stück weiter durch den Tunnel. 

An der Naht haben die beiden polnischen Schweißer ihre Namen hinterlassen. Das vom Prüfer aufgebrachte i.O. macht deutlich, dass alles in Ordnung ist.
An der Naht haben die beiden polnischen Schweißer ihre Namen hinterlassen. Das vom Prüfer aufgebrachte i.O. macht deutlich, dass alles in Ordnung ist. © Marion Doering

Die Nähte an beiden Seiten verschweißen zwei Schweißer gleichzeitig, damit sich das Rohr nicht verzieht, erläutert Döhnert. Ist die Naht mit dem Röntgengerät geprüft, vermerkt der Prüfer mit i.O., dass alles in Ordnung ist. Und so geht es derzeit Stück für Stück voran.

Die Zitterpartie: Heizcontainer versorgt zeitweise Pieschen

Eine besondere Herausforderung konnte vor wenigen Tagen abgeschlossen werden. Bisher verläuft die Fernwärmeleitung durch die Carolabrücke und dann weiter entlang des Königsufers bis zum Arzneimittelwerk. 

Doch für die gesamte Versorgung von Pieschen würde sie künftig nicht ausreichen. Dafür wurde der Fernwärmetunnel gebaut. 

Hier führen die Fernwärmeanschlüsse neben dem Neustädter Elberadweg hinab zum Tunnel.
Hier führen die Fernwärmeanschlüsse neben dem Neustädter Elberadweg hinab zum Tunnel. © Marion Doering

Jetzt muss der neue Anschluss auf der Neustädter Seite hergestellt werden, erläutert Döhnert. Also wurde die bisherige Leitung Richtung Pieschen ab 4. Oktober gekappt. Hinterm Sachsenbad war dafür ein Heizcontainer mit einer stattlichen Leistung von 5,5 Megawatt aufgestellt worden. 

„In so einer Dimension hatten wir das noch nie gemacht“, sagt der Netzingenieur. Über diese provisorische Heizzentrale wurde Pieschen versorgt. Das sei das erste Mal gewesen, dass ein ganzes Stadtgebiet von einem Heizcontainer aus mit Fernwärme versorgt wurde. 

„Für mich war das eine Zitterpartie. Ich konnte nachts kaum schlafen“, sagt Döhnert. Doch die Monteure haben schnell gearbeitet. „Es hat super geklappt. Nach zwei Wochen war der Neustädter Dükeranschluss fertig.“

Neu eingebaut ist dieser Absperrschieber. Damit können bei nötigen Reparaturen die Anschlüsse abgesperrt werden.
Neu eingebaut ist dieser Absperrschieber. Damit können bei nötigen Reparaturen die Anschlüsse abgesperrt werden. © Marion Doering

Das wichtigste Bauwerk ist ein sogenannter Absperrschieber, der die Leitung in drei Richtungen absperren kann - zur Carolabrücke, zum neuen Tunnel und nach Pieschen. Nötig ist das, wenn Reparaturarbeiten erforderlich sind. 

In dem Fall muss das heiße Wasser aus der jeweiligen Leitung auf 35 Grad abgekühlt in den Abwasserkanal geleitet werden. „Wir gehen davon aus, dass der Absperrschieber nur im absoluten Notfall erforderlich ist“, erklärt der Ingenieur. „Wir bauen die Anlagen mit höchsten Sicherheitsstandards.“ Denn für eine Reparatur ist „ein gigantischer Aufwand“ nötig.

Der Plan: Ab Dezember kommt Fernwärme durch Tunnel

Am 11. Dezember soll die Fernwärmeleitung durch den Tunnel nach Pieschen in Betrieb genommen werden. Dann werden die Anlagen im Tunnel noch komplettiert, erklärt Döhnert. 

Als Beispiele führt er die Lüftungs- und Steuerungstechnik an. Geplant ist, die letzten Arbeiten Ende Februar kommenden Jahres abzuschließen.

Noch fehlen die Fernwärmeleitungen am Neustädter Ende des Tunnels. Bis Dezember sollen sie auch dort liegen. Dann strömt durch sie Fernwärme vom Heizkraftwerk Nossener Brücke nach Pieschen.
Noch fehlen die Fernwärmeleitungen am Neustädter Ende des Tunnels. Bis Dezember sollen sie auch dort liegen. Dann strömt durch sie Fernwärme vom Heizkraftwerk Nossener Brücke nach Pieschen. © Marion Doering

Dresdens Fernwärmenetz

Sechs Kraftwerke erzeugen Fernwärme für das Dresdner Netz. Das größte davon steht an der Nossener Brücke.

604 Kilometer lang ist Dresdens Fernwärmenetz. Es erstreckt sich fast übers gesamte Stadtgebiet. 

2019 kamen 14 Kilometer neue Fernwärmetrasse hinzu. Dieses Jahr sind weitere 18 Kilometer geplant.

Rund 120.000 Wohnungen und 5.700 Geschäftsgebäude versorgt die Drewag in Dresden mit Fernwärme.

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