Toiletten-Abriss in Dresden: Wohin in der Not?

Dresden. Wer dringend mal "muss", der merkt es: Jederzeit zugängliche öffentliche Toiletten sind im Dresdner Zentrum Mangelware. Stadtweit schafft es die Landeshauptstadt gerade einmal auf insgesamt 95 öffentliche Toiletten. Weil alte Verträge greifen, fallen Ende des Jahres sehr wahrscheinlich 18 der meist als Litfaßsäule getarnten WCs weg. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
- Warum verschwinden die Toiletten?
- Was wird aktuell über die Toiletten diskutiert?
- Bleiben Wartehäuschen und Toiletten doch?
Warum verschwinden die Toiletten aus Dresden?
Im April 2021 hat der Stadtrat den Abriss von bis zu 800 DVB-Unterständen beschlossen. Hintergrund waren die auslaufenden Werbeverträge der Stadt für die Außenwerbeflächen zum Beispiel an den Wartehäuschen. Ein Versuch von Linken und SPD im Stadtrat, die alten Unterstellmöglichkeiten zu erhalten und so mittelfristig Geld zu sparen und die Umwelt zu schonen, scheiterte.
Im gleichen Atemzug verschwinden auch reichlich öffentliche Toiletten aus dem Stadtbild. Insgesamt 18 Standorte sind betroffen, ein Großteil davon befindet sich im Dresdner Zentrum. So wird die Toilette am Pirnaischen Platz zur Ringstraße hin wegfallen. Sie soll auch nicht ersetzt werden, da es gegenüber am Mobilitätspunkt ebenfalls ein WC gibt.
An all diesen Punkten müssen die vorhandenen öffentlichen Toiletten sehr wahrscheinlich abgerissen werden. Diese eigentlich unsinnige Bedingung ergibt sich aus den ursprünglich 1992 geschlossenen Verträgen.
Das Rathaus will an einigen Standorten neu bauen. Laut ersten Analysen sind von den 18 wegfallenden Toiletten mindestens zwölf Stille Örtchen notwendig. Deren Neubau soll ausgeschrieben werden. Diese Standorte müssen aber weiter baurechtlich und städtebaulich geprüft werden.
Was wird aktuell über die Toiletten diskutiert?
CDU-Stadtrat Mario Schmidt ist das zu wenig und zu unkonkret. "Das Netz aus öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Toiletten hat in Dresden große Lücken. Wenn zum Jahresende mit dem Auslaufen der Stadtwerbeverträge weitere 18 Standorte wegfallen, ist zusätzlicher akuter Handlungsbedarf gegeben." Niemand könne wollen, dass dringende menschliche Bedürfnisse in Park- und Grünanlagen erledigt werden.
Die CDU will deshalb per Stadtratsbeschluss ein Toilettenkonzept für Dresden auf den Weg bringen. Stimmt der Rat zu, muss Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) im Spätsommer eine Bedarfsanalyse für öffentliche und öffentlich zugängliche Stille Örtchen vorlegen. Bis Ende des Jahres soll dann daraus ein Konzept entstehen, wo Toilettenstandorte erhalten bleiben müssen und wo neue entstehen können.
Dieses Toilettenkonzept soll ähnlich dem bereits vorhandenem "Bankkonzept" dann die beschlossene Grundlage für das weitere Handeln im Rathaus bilden. Das Bankkonzept der Stadt hat umfangreich für jeden Standort in der Innenstadt analysiert, welche Bank nach welchem Design-Konzept aufgestellt werden soll. Das Rathaus hat dafür sogar die Hilfe externe Experten angefordert.
Unterstützung für den CDU-Plan kommt von den Grünen. Stadtrat Torsten Schulze: "Der Antrag geht in die richtige Richtung, er greift eine alte Initiative gegen Wildpinkler von mir auf. Dresden hat aktuell einfach noch immer zu wenige öffentliche Toiletten."
Aus Sicht von Schulze soll jedoch nicht zwingend der Neubau von öffentlichen Toiletten im Mittelpunkt stehen. Der Statdrat wünscht sich zum Beispiel eine Ausweitung der "Netten Toiletten" von der Neustadt auf die Altstadt. In 26 Gaststätten, Bars und Spätshops kann nach diesem Prinzip das Klo kostenfrei genutzt werden, ohne das zum Beispiel ein Getränk konsumiert werden muss.
Bleiben Wartehäuschen und Toiletten doch?
Laut dem Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung ist das Vergabeverfahren für die neuen Außenwerberechte noch nicht abgeschlossen."Es haben sich mehrere Bieter am Vergabeverfahren beteiligt und Angebote eingereicht." Aufgrund der Änderung von gesetzlichen Bestimmungen war eine gemeinsame Ausschreibung der Werberechte und öffentlichen Toiletten nicht mehr zulässig. Die Ausschreibung der öffentlichen Toiletten erfolgt demnächst. Die konkreten Standorte würden noch geprüft.
Zumindest bei den Wartehäuschen ist offen, ob tatsächlich alle Unterstellmöglichkeiten abgerissen werden. Stadtrat Schulze: "Nicht jedes Wartehäuschen braucht zwingend Photovoltaik auf dem Dach, vor allem nicht, wenn es fast nur im Schatten steht." Bisher waren die Integration von Photovoltaik und das geplante Gründach einer der Gründe, die für neue Wartehäuschen sprachen. Die aktuellen Häuschen waren dafür nicht ausgelegt.
Die Stadt jedenfalls bereitet weiter den Abriss vor. "Sowohl der Abbau- als auch die Neuerrichtung der Wartehäuschen beginnen zum 1. Januar 2023. Die Verwaltung wird zusammen mit den Dresdner Verkehrsbetrieben einen geregelten Austausch der Wartehäuschen organisieren."
Die 18 vom Abriss betroffenen Toiletten scheinen hingegen alle entfernt zu werden. Wann und wie viele neu gebaut werden, ist offen. Für alle, die dringend mal müssen, ein herber Rückschlag.