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"Blauäugig und naiv" oder "clever verhandelt": Dresden mietet die Cityherberge

In der ehemaligen Cityherberge am Großen Garten sollen Geflüchtete unterkommen und Rathausmitarbeiter arbeiten. Was der Dresdner Rat beschlossen hat.

Von Dirk Hein
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Die ehemalige "Cityherberge" an der Lingnerallee wird unter anderem zur Asylunterkunft.
Die ehemalige "Cityherberge" an der Lingnerallee wird unter anderem zur Asylunterkunft. © Christian Juppe

Dresden. Dresden wird den Komplex der ehemaligen Cityherberge an der Lingnerallee für zehn Jahre anmieten. Die Stadt zahlt, auf die gesamte Zeit gerechnet, gut 42,5 Millionen Euro an Miete. In dem Objekt mit 32.370 Quadratmetern Fläche werden bis zu 280 Geflüchtete untergebracht. Dresden will zudem aus dem World Trade Center (WTC) ausziehen, in dem bisher der Bereich Stadtentwicklung, Bau und Verkehr untergebracht ist. Stattdessen soll der Gebäudekomplex an der Lingnerallee genutzt werden. Dem Beschluss ging eine kontroverse Debatte voraus.

Was spricht gegen die Cityherberge?

Bis zum Schluss hat das WTC darum gekämpft, auch weiterhin große Büroflächen an die Stadt vermieten zu können. WTC-Geschäftsführer Jürgen Rees schrieb mehrfach an die Räte, um für seinen Standort zu werben. Die Aussage: Sein Gebäude ist in einem besseren Zustand, die Kosten insgesamt wären nicht höher als an der Lingnerallee. Das WTC wurde 1996 eingeweiht, die Lingnerallee ist ein DDR-Bau. Rees verwies darauf, dass es dort keine Dämmung gebe, die Nebenkosten entsprechend hoch sein werden und der Bau eigentlich zum Abriss vorgesehen war. "Hier wird ein Mercedes mit einem Trabi verglichen."

Kurz vor der Abstimmung im Rat hat sich dann auch der Gesamtpersonalrat der Rathaus-Mitarbeiter gegen einen Umzug in die Lingnerallee ausgesprochen. Immer wieder habe es dort Beschwerden "über unerträgliche Raumtemperaturen in den Sommermonaten, zugige Fenster in der kalten Jahreszeit und starke Lärmbelästigungen durch die Skateranlage" gegeben.

Stadtrat Torsten Nitzsche (Freie Wähler/Freie Bürger) war, wie seine Fraktion, ebenfalls gegen die Anmietung. "Das Gebäude hätte bereits 2009 abgerissen werden sollen, dort wurde keinerlei Werterhalt durchgeführt. Was die Stadt vorhat, ist blauäugig und naiv."

Warum fand die Anmietung eine Mehrheit?

Aus Sicht der Stadt ist die Cityherberge deutlich näher am Rathaus als das WTC. Das spart Wege, Geld und Zeit. Die Gebäude bieten zudem mehr Raum. Unter dem Strich kostet die Stadt die Cityherberge nach dieser Rechnung knapp 51 Millionen Euro in zehn Jahren und das WTC gut 55,7 Millionen Euro. Zudem können Geflüchtete im Zentrum in bereits seit Jahren als Unterkunft genutzten Räumen gut untergebracht werden. Die Stadt braucht momentan ohnehin dringend die kompletten 280 Plätze.

Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) sprach einen weiteren Punkt an: "Dresden will klimaneutral werden. Wie wollen wir das schaffen, wenn wir jedes Gebäude schleifen, das älter als 50 Jahre ist." Auch Tilo Wirtz (Linke) meinte: "Nutzung und Erhalt der Gebäude sind kein Hexenwerk, sondern die wirtschaftlich beste Lösung."

Aus Sicht von FDP-Rat Christoph Blödner hat "die Stadt gut verhandelt, das WTC hat sich verzockt, ein Kompliment ans Rathaus". Am Ende stand eine große Mehrheit für die Mietpläne der Stadt. Das Objekt soll nun kurzfristig genutzt werden.