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Warum wechseln Sie von der CDU zur AfD, Frau Walter?

Als erste Dresdner Stadträtin überhaupt ist Daniela Walter von der CDU zur AfD gewechselt. Warum, wie der Stadtrat reagiert und unter welchen Bedingungen sich Walter ganz aus der Politik zurückziehen würde.

Von Dirk Hein
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Stadträtin Daniela Walter ist aus der CDU ausgetreten und in die AfD eingetreten.
Stadträtin Daniela Walter ist aus der CDU ausgetreten und in die AfD eingetreten. © Christian Juppe

Dresden. Stadträtin Daniela Walter ist aus der CDU ausgetreten, hat im gleichen Atemzug die CDU-Fraktion im Dresdner Stadtrat verlassen und ist in die AfD-Fraktion eingetreten. Dort wurde sie bereits am Donnerstagnachmittag einstimmig aufgenommen. Ein Parteieintritt folgt. Am Freitag hat sich Daniela Walter nun ausführlich zu ihren Beweggründen und dazu geäußert, wie es für sie im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Untreue weitergehen würde.

Das sind die Hauptgründe für den Wechsel

"Das wird ein herausfordernder Wechsel", sagt Daniela Walter. Eine Zukunft in der CDU habe sie für sich dennoch nicht gesehen. Walter kritisiert, dass sich "beginnend mit den Neuwahlen 2019 Kreisverband und Fraktion dramatisch verändert haben", sagt sie. Der "Kampf um die Macht" hätte die CDU in immer schwierigere Bündnisse mit Linken, SPD und Grünen getrieben. Dies würde "in großem Widerspruch" zu den Erwartungen ihrer Wähler stehen. Und: "Ich bin entsetzt über die anhaltenden Forderungen aus der CDU nach schweren Waffenlieferungen für die Ukraine."

Die nächsten Monate innerhalb der AfD bezeichnet sie "als eine Probezeit. Ich bin zum Beispiel keine Impfgegnerin". Aber auch ein juristisches Verfahren, das ihre politische Laufbahn weiter beeinflussen könnte, steht noch im Raum.

Deshalb wurde Daniela Walter wegen Untreue verurteilt

Im Sommer 2020 wurden bis dahin interne Ermittlungen gegen Daniela Walter öffentlich. Die Ortsvorsteherin von Schönfeld-Weißig soll Gelder veruntreut haben. Der konkrete Vorwurf: Sie habe Jubilaren Geburtstagsgeld, Geschenke und Blumen vorenthalten. Die Polizei ermittelte, die Staatsanwaltschaft erhob Anklage und Walter, die sämtliche Vorwürfe bis heute vehement bestreitet, verlor ihr Amt als Ortsvorsteherin.

Im Dezember 2021 wurde Walter am Amtsgericht wegen Untreue in 17 Fällen zu 13.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Ein Großteil der insgesamt 55 Anklagepunkte war zuvor jedoch eingestellt worden. Die Taten hatten sich nicht nachweisen lassen - entweder, weil die Jubilare inzwischen verstorben waren, weil sie aus gesundheitlichen Gründen nicht als Zeugen vernommen werden konnten oder weil sie das abgelehnt hatten. Einen Termin für das Berufungsverfahren am Landgericht gibt es noch nicht.

So reagiert ihre neue Partei auf das Strafverfahren

Walters neuer Anwalt Joachim Keiler ist zugleich AfD-Landtagsabgeordneter und stellvertretender Landesvorsitzender seiner Partei. Laut Keiler ist der Ausgang des Berufungsverfahrens "völlig offen". Sein Aktenstudium habe "gegebenenfalls einen gewissen Schlendrian nicht nur bei Frau Walter" ergeben. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gelte sie ohnehin als unschuldig. Juristisch sei ein möglicher Schaden auch nicht den Senioren, sondern der Stadtkasse entstanden.

Unter diesen Umständen ist Schluss

Aktuell will sich Walter nicht dazu äußern, ob sie auch zur nächsten Kommunalwahl für die AfD antreten wird. Ihre neue Fraktion hingegen würde dies gern sehen. Beide rechnen mit einem Freispruch oder einem deutlich milderen Urteil in zweiter Instanz. Sollte in der Berufungsverhandlung Urteil und Strafmaß hingegen bestätigt werden, will Walter eine klare Entscheidung treffen: "In diesem Fall ziehe ich mich aus der Politik zurück, dann ist für mich Schluss."

Das kritisieren CDU, SPD und Grüne an Walter

"Aus unserer Sicht konterkariert Frau Walter mit dem Übertritt zur AfD den Wählerwillen, sich für eine gute demokratische Stadtpolitik einzusetzen", sagt CDU-Kreischef Markus Reichel. Und: "Indem sie ihre neue politische Heimat in der AfD sucht und offenbar auch geboten bekommt, ist klar erkennbar, dass uns nichts mehr verbindet."

Fraktionschef Peter Krüger: "Wir standen immer vor Frau Walter, auch nach dem erstinstanzlichem Urteil. Wir sind kollegial und menschlich von ihr enttäuscht."

Auch die Grünen kritisieren den Wechsel scharf. Fraktionschefin Christiane Filius-Jehne: "Die AfD bleibt weiterhin nicht salonfähig." Die CDU sei eine wichtige konservative Kraft im demokratischen Spektrum. Das aus ihr heraus jetzt so ein Wechsel zur AfD erfolgt ist, spiegele die spezielle Situation in Sachsen wider, sei aber dennoch "eine neue Qualität".

SPD-Fraktionschefin Dana Frohwieser sagt: "Bei allem Ärger, den ein Mensch in seinem Umfeld empfinden kann: Es gibt für mich keinerlei Verständnis dafür, sich einer Menschen und unsere Demokratie so verachtenden Partei wie der AfD anzuschließen. Das ist ein massiver Schaden für die Dresdner Stadtpolitik."

Diese Auswirkungen hat der Wechsel bereits jetzt

Die Dissidenten im Dresdner Stadtrat sehen durch die zunehmende Schwäche der CDU den Poker um die Bürgermeisterposten neu eröffnet: Binnen weniger Monate ist die CDU von 14 Stadträten auf nun 11 Räte geschrumpft. Michael Schmelich: "Mit welchem Recht beansprucht die CDU jetzt eigentlich noch zwei Bürgermeisterposten? Ich bin für eine Neuausschreibung der Positionen." Mindestens zwei parteilose Experten sollten dann in die engere Auswahl kommen.

Unterstützung kommt von den Freien Wählern. Jens Genschmar: "Eigentlich hat gar keine Fraktion das Anrecht, Bürgermeister zu bestimmen. Doch wenn man dies annimmt, dann fällt es immer schwerer, zwei Posten für die CDU zu rechtfertigen."