Für zwei Millionen Euro: Dresden baut sich ein Mini-Rathaus

Dresden. Auf 520 Quadratmetern Fläche an der Kreuzstraße, dort wo vor Jahren noch ein Küchenstudio war, testet Dresden ab Anfang August in einem speziell geplanten "Arbeitslabor", wie eine moderne Verwaltung zukünftig arbeiten soll. Extra dafür wurde ein Mini-Rathaus nachgebaut mit eigenem Empfang, mit Toiletten, Teeküche und Platz für 27 Mitarbeiter. Was das dem Bürger bringt.
Mehr Mitarbeiter als Plätze
Ein Arbeitsplatz im Rathaus gilt zwar weiterhin als krisensicher, tatsächlich attraktiv sind die verstaubten Aktenberge aber für immer weniger Berufsanfänger und Quereinsteiger. Das Rathaus hat Mühe, offene Stellen zu besetzen.
Um gegenzusteuern, sollen spätestens im neuen Verwaltungszentrum am Ferdinandplatz komplett neue und moderne Arbeitswelten entstehen. Der eigene Arbeitsplatz ist dann Vergangenheit. Alles Persönliche kommt in eine Kiste, der eigene Sitzplatz kann jeden Tag wechseln - abhängig davon, ob kreativ und in Gruppen oder konzentriert an einer Akte gearbeitet wird. Für 1.300 Mitarbeiter wird es nur noch 1.000 Plätze geben. Das spart Kosten - im Idealfall schon beim Bauen oder Mieten, auf jeden Fall bei den Kosten für Strom und Heizung.
Der Weg dahin ist lang. Zum einen müssen Ängste von Mitarbeitern abgebaut werden, zum anderen fehlen schlicht Erfahrungen. Seit Jahren will die Stadt daher ein "Arbeitslabor" - einen Testort für die Arbeitsbedingungen der Zukunft - einrichten. Durch den Auszug eines Küchenstudios aus dem Rathaus-Erdgeschoss an der Kreuzstraße wurden die passenden Räume gefunden. Sei etwa einem halben Jahr wird unter Hochdruck umgebaut.
Die ehemaligen Verkaufsräume wurden komplett entkernt und barrierefrei umgebaut. 27 Arbeitsplätze mit je zwei Monitoren und höhenverstellbaren Schreibtischen wurden eingerichtet. In den offen gestalteten Räumen wurde die Akustik so optimiert, dass möglichst wenig Schall übertragen wird.
Mooswand statt Büropalmen
Wer dennoch ungestört arbeiten muss, kann zukünftig in schallisolierte Kabinen gehen, auch ein isolierter Beratungsraum wurde eingerichtet. Relativ klassisch gestaltete Arbeitsplätze wechseln sich ab mit Rückzugbereichen für Gespräche. In einem Raum lassen sich Holzbretter und Kisten beliebig verschieben. Sitzgruppen können so entstehen, ebenso kleine Bänke oder Stehpulte.
Fest installierte Computer und Telefone fehlen völlig. Wer hier zukünftig arbeitet, telefoniert per Headset und arbeitet mit eigenem Laptop, eigener Maus und Tastatur. Grünpflanzen werden an vorgegebenen Orten aufgestellt, klassische "Büropalmen" von Mitarbeitern wird es nicht mehr geben. Dafür sorgt eine Mooswand für Ausgleich. Im Erzgebirge gefällte Birken sind neuer zentraler Blickpunkt. Schlüssel gibt es keine mehr, der Mitarbeiterausweis öffnet und schließt Türen.
Wenn im Rathaus der Zukunft ab Anfang August gearbeitet wird, kann ein komplettes Rathaus abgebildet werden. Am Empfang im Erdgeschoss können Gäste ankommen. Toiletten sind behindertengerecht, alles ist barrierefrei. Sprudelwasser kommt aus der Leitung. Gearbeitet wird möglichst komplett digital. Weil das noch nicht in allen Verwaltungsbereichen möglich ist, wurde auch ein kleineres Aktenlager eingerichtet.
So lang ist die Warteliste
Für das Rathaus der Zukunft besteht eine Warteliste. Einzelne Ämter und Bereiche mussten sich bewerben und ziehen ab August jeweils für etwa einen Monat ein. Das erste Jahr ist bereits fast gebucht. Den Auftakt macht der fürs Rathaus-Personal zuständige Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD). Ebenfalls einziehen werden Mitarbeiter aus dem Amt für Wirtschaftsförderung.
Die aktuelle Kostenprognose für das neue Arbeitslabor liegt bei 2,1 Millionen Euro. Eine Befristung für das Projekt gibt es nicht, stattdessen sollen laufend neue Mitarbeiter einziehen und eigene Erfahrungen machen.
